Münster. Über kein anderes Tier wird so emotional diskutiert wie über den Wolf. Die Rückkehr des in Deutschland seit 200 Jahren ausgestorbenen Raubtieres feiern Naturschützer als Erfolgsgeschichte, während Landwirte und Jagdrechtsinhaber Konflikte zwischen Wölfen, Weidetieren und Menschen befürchten.
Deshalb fordern die Verbände in Westfalen-Lippe eine offene Debatte über verantwortliche Wege in der Bestandsregulierung von Wölfen durch die Jagd. Grundlage ist das Gutachten des Biologen Hans-Dieter Pfannenstiel, der weder juristische noch wildbiologische oder populationsdynamische Gründe dafür sieht, weswegen der Wolf nicht auch in Deutschland planmäßig bejagt werden kann.
Im Auftrag des westfälisch-lippischen Landwirtschaftsverbands (WLV) und des Verbands der Jagdgenossenschaften und Eigenjagden in Westfalen-Lippe (VJE) hat Pfannenstiel das Gutachten zum Umgang mit dem Wolf in Deutschland in Münster vorgestellt. Der Biologe geht davon aus, dass sich die bestehenden Konflikte mit dem Wolf in absehbarer Zeit verschärfen und möglicherweise unbeherrschbar werden.
Bleiben Annäherungen des Wolfes an den Menschen dauerhaft ohne Konsequenzen für die betreffenden Wölfe, sei mit An- und Übergriffen zu rechnen, erklärt der 73-jährige Jäger, der bis 2008 als Professor für Zoologie an der Freien Universität Berlin tätig war. Deshalb empfiehlt Pfannenstiel eine angemessene Regulierung des Wolfsbestandes durch die Jagd nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten, da der Wolf in Mitteleuropa nicht gefährdet ist. Die bisherigen Wolfsmanagementpläne einzelner Bundesländer seien nicht ausreichend, weil sie bisher kaum das Management von Wolfspopulationen berücksichtigten.
Auch der WLV kritisiert die Pläne. "Es muss deutlich mehr passieren als nur eine 'Willkommenskultur' für den Wolf auszurufen, wie es die ehemalige NRW-Landesregierung getan hat", fordert WLV-Präsident Johannes Röring. "Welche gravierenden Folgen das Vordringen von Wölfen für die offene Weidehaltung haben, wissen unsere Kollegen in Ostdeutschland und Niedersachsen, wo der Wolf Schafe und Rinder reißt." Alle bisherigen Schutzmaßnahmen und Entschädigungsregeln seien höchst unbefriedigend.
Bislang ist der Wolf in NRW ein seltener Gast. In diesem Jahr gab es laut Landesumweltamt bislang lediglich sieben Nachweise. Hinweise darauf, dass die Tiere sesshaft geworden sind, gebe es nicht. Gutachter Pfannenstiel geht jedoch davon aus, dass der Wolf wieder sesshaft wird. "Deshalb müssen wir uns frühzeitig auf die Situation einstellen", fordert Röring. "Es geht nicht darum, den Rückkehrer Wolf zu verbannen. Wir wollen vielmehr einen verantwortlichen Umgang im künftigen Zusammenleben", ergänzt VJE-Vorsitzender Clemens Freiherr von Oer.
Der NRW-Jägerpräsident Ralph Müller-Schallenberg begrüßt zwar den Anstoß der Debatte über den Wolf in NRW, lehnt jedoch die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht ab. "Probleme mit Wölfen sind ordnungsrechtliche Probleme, die auch ordnungsrechtlich behandelt werden müssen." Auch Naturschützer lehnen die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht ab.
"Der Wolf ist streng geschützt. In Deutschland kann es für ihn derzeit keine Abschussquote geben", sagt der NABU-Landesvorsitzende Josef Tumbrinck. Mit Blick auf die Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere sieht der NABU in Abschüssen keine Lösung. "Bei Übergriffen kommt es häufig zu Fehlern beim Schutz der Herden. Es wäre falsch, Nutztierhaltern vorzugaukeln, mit dem Abschuss eines Wolfes sei ihnen geholfen." Stattdessen sei es wichtig, die Tierhalter zu unterstützen und diese Maßnahmen ausreichend zu finanzieren. Hier seien sowohl Bundes- als auch Landesministerien gefordert.
Auf Anfrage verweist das NRW-Umweltministerium lediglich auf den Koalitionsvertrag der Landesregierung, in dem festgelegt wurde, dass die Strategie zum Umgang mit dem Wolf genau geprüft und weitere Maßnahmen zum Schutz von Menschen und Nutztieren erarbeitet werden. "Das neue Gutachten sowie die Erfahrungen anderer Bundesländer werden wir auswerten, bevor weitere Entscheidungen getroffen werden", heißt es.
20. Februar: Wolfssichtung in Bad Oeynhausen.
21. Februar: Wolfssichtung in Lemgo.
23. Februar: DNA-Nachweis eines Wolfes an einem gerissenen Stück Damwild auf dem Truppenübungsplatz Senne. Der männliche Jungwolf stammt aus einem Rudel bei Cuxhaven in Niedersachsen.
25. Februar: Wolfssichtung bei Brilon im Hochsauerlandkreis.
3. April: Verkehrsunfall mit einem Wolf in Petershagen. Der Wolf stammt aus einem Rudel bei dem Truppenübungsplatz Altengrabow in Sachsen-Anhalt.
19. Mai: Wolfssichtung in Gummersbach-Apfelbaum im Oberbergischen Kreis.
24. Mai: Wolfssichtung in Bad Berleburg im Kreis Siegen-Wittgenstein.