Münster/Herford. Der Mann sammelt Fossilien. Aus Leidenschaft. Seit 25 Jahren. Doch was Maik Sieker aus Herford im Herbst 2014 in einem Steinbruch im Wiehengebirge fand, entpuppte sich als kleine Sensation. Der 43-Jährige entdeckte mehrere Stücke vom Unterkiefer eines 165 Millionen Jahre alten Tieres.
Seinen Fund meldete Sieker dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Zwei Experten forschten daraufhin an der Stelle weiter und gruben den Schädel eines Meereskrokodils aus. Das Tier soll vor 165 Millionen Jahren gelebt haben. Dreieinhalb Jahre nach dem Fund, stellt das LWL-Naturkundemuseum in Münster das Fossil aus.
„Erst habe ich die Stücke für Treibholz gehalten. Als ich mir den Fund dann näher angeschaut habe, stellte ich mir die Frage, wieso das Treibholz Zähne hat", sagt Sieker. Anschließend habe er sofort gewusst, dass es sich um einen bedeutsamen Fund handelt: Als Zahntechnikermeister kenne er sich schließlich mit Gebissen aus. „Ich habe die losen Stücke mitgenommen, die Fundstelle abgedeckt und Kontakt zum LWL aufgenommen", erinnert sich Sieker. „Schon am nächsten Tag fand eine gemeinsame Begehung statt, wenig später dann die Ausgrabung."
Die Fragmente wurden im LWL-Museum zunächst gereinigt, bearbeitet und anschließend – in rund fünfwöchiger Arbeit – zu einem kompletten Schädel zusammengefügt. Dabei stellte sich heraus, dass es sich um ein Meereskrokodil handelt. „Fossilien dieses marinen Raubtieres entdeckte man bislang nur in England, Frankreich und Polen. Der Fund bei Minden stellt den Erstnachweis für Deutschland dar", sagt Achim Schwermann, Wissenschaftler beim LWL.
„Das Besondere an dem Fund ist, dass der Schädel und der Unterkiefer so hervorragend erhalten und bis auf wenige fehlende Zähne komplett sind", führt Schwermann aus. Der Schädel sei damit einer der vollständigsten, der bislang gefunden wurde. Zudem verdeutliche er, dass Westfalen früher einmal Meer gewesen sei und es neben Schwimmsauriern auch Meereskrokodile gegeben habe.
Der 165 Millionen Jahre alte Krokodil-Schädel ist Siekers größte Entdeckung: „Für gewöhnlich finde ich versteinerte Ammoniten. Das sind historische Tintenfische, die gemeinsam mit den Dinosauriern gelebt haben." Dass Sieker an dem Tag im Jahr 2014 einen prähistorischen Meeressäuger ausgegraben hat, kann er immer noch nicht glauben: „Irgendwie hofft jeder Sammler auf das große Los – gerade nach Regenfällen. Dass ich es gezogen habe, ist unglaublich. Ich hätte an dem Tag Lotto spielen sollen." Allerdings sei es bedauerlich, dass die LWL-Wissenschaftler nur den Kopf und nicht den Körper des Tieres gefunden haben: „Der Kopf ist das erste, das sich vom restlichen Teil des Skeletts löst. Wer weiß, wo der Rumpf liegt." Die Entdeckung mache ihn trotzdem sehr stolz und glücklich.
In der Vergangenheit schon häufiger Fossilien entdeckt
Trotz des fehlenden Körpers können die Wissenschaftler sehr präzise Angaben über die Größe des Tieres machen. „Der Schädel gehörte zu einem Tier, das mit 3,6 Metern Körperlänge relativ klein gewesen ist. Es sind auch Tiere bekannt, die etwa fünf Meter lang wurden", sagt Schwermann.
Im Weser- und Wiehengebirge wurden in der Vergangenheit schon häufiger Fossilien entdeckt. So konnten Reste von Dinosauriern, Fischsauriern und Schwimmsauriern ausgegraben werden. Der neue Schädelfund erweitert die Fauna um ein weiteres Meereskrokodil.
Der 70 Zentimeter lange Schädel wird ab 16. Februar in der Sonderschau „Aus dem Dunkel ins Licht" im Naturkundemuseum in Münster zu sehen sein.
Gut erhalten
Der Schädel und der Unterkiefer des Meereskrokodils sind hervorragend erhalten. Bis auf wenige fehlende Zähne ist das Skelett komplett. Im Vergleich zu einem menschlichen Kopf ist der der Echse etwa fünf Mal so groß. Ab Mitte Februar wird der 70 Zentimeter lange Schädel im LWL-Museum in Münster zu sehen sein.