Bückeburg. Zum Auftakt des Missbrauchsprozesses gegen einen früheren Erzieher des Jugendhofes „Hirschkuppe" in Rinteln hat der Angeklagte die Vorwürfe bestritten. Vor dem Bückeburger Landgericht sagte der 46-Jährige aus Lippe unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Verteidiger Ralf Jordan hatte gegenüber dieser Zeitung angekündigt: „Mein Mandant wird erklären, dass diese Vorwürfe nicht stimmen." Staatsanwalt Nils-Holger Dreißig wirft dem Angeklagten vor, zwischen 1999 und 2009 Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht zu haben. In der Anklageschrift werden 15 Fälle beschrieben. Meistens geht es dabei um Oralverkehr. Die vier mutmaßlichen Opfer, allesamt Jungen, waren zwischen 12 und 14 Jahre alt. Anfangs hatte es darüber hinaus weitere Vorwürfe gegeben, die jedoch bereits verjährt sind. Dreißig geht davon aus, dass die Jungen die Übergriffe erduldet haben, „um das Näheverhältnis nicht zu gefährden". Passiert sein sollen die Taten im Jugendhof, im Auto des Erziehers sowie in Zelten oder Ferienwohnungen auf Jugendfreizeiten. Viel hängt davon ab, ob die Belastungszeugen aus Sicht der Richter glaubwürdig sind. Einer von ihnen hat schriftlich erklärt, dass er nach 13 Jahren nicht mehr bereit sei auszusagen. Die Anzeige ziehe er zurück. Richter Norbert Kütemeyer, Vorsitzender der 1. Großen Jugendkammer, las am ersten Verhandlungstag aus dem Schreiben vor. Später sah es so aus, als wolle der Zeuge doch zum Prozess kommen. „Wir haben es mit ausgesprochen schwierigen Belastungszeugen zu tun, die nicht auf der Sonnenseite aufgewachsen sind, sondern im Schatten", erklärte Verteidiger Ralf Jordan. Im Prozess wird mit harten Bandagen gekämpft. Jordan und Heidi Saarmann, Anwältin der Nebenklage, sind am ersten Sitzungstag mehrfach aneinandergeraten. Saarmanns Mandant, ein gebürtiger Bielefelder (30), hatte den Angeklagten 2012 angezeigt. Dieser soll den damals zwölf Jahre alten Jungen im Auto oral befriedigt haben. Für den Erzieher geht es um viel. Im Fall eines Schuldspruchs droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe, möglicherweise mit anschließender Sicherungsverwahrung. Wenn die Belastungszeugen aussagen, wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Weil es um seine Intimsphäre geht, hat dieses Recht auch der Angeklagte. Deshalb stimmte die Jugendkammer dem Antrag der Verteidigung zu. Laut Verteidiger Jordan sei der Angeklagte seit Bekanntwerden der Vorwürfe schweren psychischen Belastungen ausgesetzt gewesen, die zu stationären Behandlungen geführt hätten. Vor dem Prozess soll es Drohungen gegen den 46-Jährigen gegeben haben.