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Ausnahmezustand in Paderborn: Sprengstoffalarm in der Studentenbude

Birger Berbüsse

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Die Pappelnallee im Paderborner Ortsteil Sande. Hier stellte der Student Sprengstoff in seiner Kellerwohnung her. - © Birger Berbüsse
Die Pappelnallee im Paderborner Ortsteil Sande. Hier stellte der Student Sprengstoff in seiner Kellerwohnung her. (© Birger Berbüsse)

Paderborn. Die Pappelnallee im Paderborner Ortsteil Sande ist eine beschauliche Sackgasse ganz in der Nähe des Boker Kanals. Doch am Montagabend wurde diese Idylle erschüttert: Die Straße wurde weiträumig gesperrt, Häuser evakuiert, ein Großaufgebot von Polizei, Feuerwehr und Ärzten war vor Ort. Dann zerriss ein ohrenbetäubender Knall die Stille. Experten des Landeskriminalamtes hatten hochexplosive Chemikalien gesprengt, die sie in der Kellerwohnung eines 20-jährigen Studenten entdeckt hatten.

Gegen ihn und einen 17-jährigen Mittäter wird wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz ermittelt. Der Student der Paderborner Universität konnte bis zum Abend allerdings noch nicht ausfindig gemacht werden.

Gegen die beiden jungen Männer lief bereits seit längerem ein weiteres Ermittlungsverfahren, zu dessen Hintergründen die Polizei bislang noch schweigt. In diesem Zusammenhang durchsuchte die Polizei am Montagnachmittag die Wohnung des 20-Jährigen im Keller eines Hauses in der Pappelnallee. Dabei fanden die Beamten mehrere Kilogramm beziehungsweise Liter unterschiedlicher Chemikalien und daraus selbst hergestellter Sprengstoffe.

Die hinzugezogenen Experten des Landeskriminalamts NRW aus Düsseldorf stellten fest, dass der Student aus diesen Chemikalien einen hochexplosiven Sprengstoff hergestellt hatte.

Eine kleine Menge nicht transportfähigen Materials sprengten sie aus Sicherheitsgründen am Rande des Gartens direkt am Lauf des Boker Kanals. Während der Sprengung wurden vier Wohnhäuser evakuiert und der Bereich weiträumig abgesperrt sowie vorsichtshalber Feuerwehr und Rettungskräfte angefordert. Der restliche Sprengstoff wurde in einen nahegelegenen Steinbruch gebracht und in zwei Sprengungen vernichtet.

Das LKA hat Proben der Substanzen genommen, die derzeit analysiert werden. Bislang ist noch unklar, woher der Verdächtige die Chemikalien hatte und um welche Substanzen es sich genau handelte. Der Uni Paderborn jedenfalls, an der der 20-Jährige seit dem diesjährigen Sommersemester studiert, sei kein Verlust von Chemikalien bekannt, teilte die Pressestelle auf Anfrage dieser Zeitung mit. Durch eine ganze Reihe von organisatorischen Maßnahmen sei sichergestellt, dass keine Substanzen entwendet werden können.

An der Universität ist der gesuchte Chemiestudent seit dem Sommersemester 2018 eingeschrieben. In dieser Zeit sei er nicht auffällig gewesen. Auch seiner Vermieterin, die namentlich nicht genannt werden möchte, ist der gebürtige Wittener „harmlos" vorgekommen. Im April habe er die 60 Quadratmeter große Wohnung im Keller ihres Hauses bezogen. Die Miete sei stets pünktlich bezahlt worden – „von seinen Eltern". Er sei offenbar das erste Mal von zu Hause weg gewesen. Überhaupt habe er einen eher „unreifen" Eindruck auf sie gemacht: „Ein junger Mensch, der noch viel lernen und Verantwortung übernehmen muss."

Er sei häufig in seiner aus zwei Zimmern, Küche und einem Bad bestehenden Wohnung gewesen, dann hätte sein schwarzer Golf an der Straße gestanden. „Er hat auch eine sehr nette Freundin, die häufig da war." Die vergangenen zwei Nächte sei der Student aber nicht da gewesen. Als sie mit den Polizisten die Wohnung betreten habe, hätten sich dort etliche Glas- und Plastikbehälter mit Flüssigkeiten, ein Sack Salpeter und ein Motorblock befunden. Außerdem eine Kettensäge – „sein Hobby war Holz", habe er gesagt.

Der Wittener ist der Polizei bereits wegen eines ähnlichen Delikts aus dem Jahr 2016 bekannt. Hinweise auf geplante Straftaten oder ein politisches Motiv gebe es nicht. Gestern durchsuchte die Polizei im Raum Büren die Wohnung eines 17-Jährigen Bekannten. Hierbei wurden pyrotechnische Gegenstände gefunden.

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