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Giftiges Futter in NRW-Betrieben: Tiere müssen verbrannt werden

Angelina Kuhlmann

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Verseuchtes Futter: Die Hühner in den betroffenen Betrieben müssen geschlachtet werden. - © Andreas Frücht
Verseuchtes Futter: Die Hühner in den betroffenen Betrieben müssen geschlachtet werden. (© Andreas Frücht)

Bielefeld. Es ist ein weiterer Tiefschlag für die Landwirte in NRW: Mittlerweile ist klar, dass 76 Betriebe in der Region das mit PCB (Polychlorierte Biphenyle) belastete Futtermittel geliefert bekommen haben.

Landwirte müssen Tiere "zwangsschlachten"

Nach ersten Ermittlungen stammt das betroffene Futter vom Mindener Hersteller Agravis. Dort soll es in einem Werk zu Lackabsplitterungen gekommen sein, die in das Futter gelangt sind.

Information

Wie viele Hühner sind betroffen?

Zur Anzahl der Hühner in NRW gibt ein Bericht der Landwirtschaftskammer NRW nähere Angaben (2016). Demnach gibt es in NRW 3.805 Betriebe mit Hühnerhaltung. Alle zusammen kommen auf insgesamt 11.779.163 Hühner - darunter knapp 4,5 Millionen Legehennen. Im Durchschnitt entfallen davon 3.069 Hühner pro Halter.

Geht man von den 76 (LANUV) betroffenen Betrieben aus und davon, dass jeder von ihnen ungefähr 3.000 Hühner hält, dann kommt man auf eine Zahl von etwa 230.000 . Fazit: Betroffen sein könnten von einer möglichen PCB-Belastung knapp 2% aller Hühner in NRW.

Tiere, die das verseuchte Futter gefressen haben, müssen jetzt geschlachtet und verbrannt werden. Das betrifft vor allem Hühner. Jedoch wurde auch ein schweinehaltender Betrieb mit dem Futter beliefert.

Kontrolleure waren auf das belastete Mastgeflügel bei einer routinemäßigen Kontrolle aufmerksam geworden und hatten schnell das Futter als Ursache ausfindig gemacht.

Ursache: Beim Futtermittelherstellers soll es zur Verunreinigung des Futters gekommen sein - © picture alliance / dpa
Ursache: Beim Futtermittelherstellers soll es zur Verunreinigung des Futters gekommen sein (© picture alliance / dpa)

"Wenn in Tieren die Werte überschritten sind, dann müssen sie in die Tierverwertung", sagt Wilhelm Deitermann, Pressesprecher des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV).

Wie viele Tiere betroffen sind ist unklar

Wenn zum Beispiel Legehennen das mit PCB belastete Futter fressen, reichert sich der Schadstoff im Fett an und findet sich damit im Fleisch und in den Eiern beim Verbraucher wieder. "Solche Produkte dürfen nicht mehr in Verkehr gebracht werden", erklärt er.

Bis jetzt sei zwar bei den Untersuchungen kein Wert gefunden worden, der schädlich für den Menschen sein könnte, aber man müsse sich an das "Vorsorgeprinzip" halten.

Daran lehnen sich die gesetzlichen Grenzwerte an - und die sind in den meisten Fällen überschritten. Deitermann: "Der Mensch sollte so wenig Schadstoffe wie möglich aufnehmen. Die reichern sich im Körper an".

Deswegen müssen belastete Tiere und deren Eier "entsorgt" werden. Um festzustellen, ob das in einem Betrieb notwendig ist, werden Proben genommen. Heißt: Ein paar Tiere eines Stalls werden probeweise geschlachtet und getestet. Die ermittelten Werte werden summiert. "Das Ergebnis wird auf alle Tiere im Stall umgelegt", sagt Deitermann.

"Betriebe sind die Geschädigten"

Ist der Grenzwert überschritten müssen alle Tiere geschlachtet und im Nachgang in der Tierverwertung verbrannt werden.Wie viele Tiere in NRW von dieser "Zwangsschlachtung" betroffen sind, wisse das Landesamt nicht.

"Die Landwirte sind hier am Ende mal wieder die Geschädigten", erklärt Deitermann. Das LANUV würde zur Zeit die Kette der Ereignisse zurück verfolgen, um festzustellen ob das Futter wirklich ausschließlich von Agravis geliefert wurde und auch dort verseucht wurde.

"Wenn alles daraufhin weist, dass das Futter daher kommt, können Landwirte ihre Schäden bei Agravis geltend machen", sagt er Pressesprecher. Bis zu diesem Ergebnis seien "sehr viele Untersuchungen nötig". Mit einem hohen Zeitaufwand rechnet Deitermann aber nicht.

Herbert Quakernack, Geschäftsführer des Landwirtschaftlichen Bezirksverbands Ostwestfalen-Lippe, ist sich sicher, dass die Landwirte nicht auf dem Schaden sitzen bleiben. "Wir gehen davon aus, dass der Verursacher den Schaden zahlen muss", sagt er.

Gerade bei praktischen Dingen, wie der Entsorgung des Futters, der Bestellung von neuem und der Reinigung der Futterleitungen in den Ställen fielen hohen Kosten an, so der Geschäftsführer.

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