Frankfurt. Die Rolle als Hauptverdienerin in der Familie schlägt vielen Frauen aufs Gemüt. Mit ihrem Leben sind sie weniger zufrieden, wenn sie mehr verdienen als ihr Partner. Eine Auswertung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zeigt: Frauen in einer Partnerschaft bewerten ihr Leben am besten, wenn sie weniger verdienen als der Mann oder ungefähr gleich viel. Verdienen die Frauen deutlich mehr, bewerten sie ihr Leben messbar schlechter – und zwar noch ein bisschen schlechter als die Frauen, die überhaupt kein eigenes Einkommen haben. Im Durchschnitt verdienen Frauen ein Fünftel weniger als Männer (Stand 2018). In NRW war der Lohnunterschied zuletzt geringer. Auf einer Skala von 0 bis 10 bewerten Zuverdienerinnen ihr Leben mit 7,7 Punkten. Hauptverdienerinnen dagegen bewerten ihre Zufriedenheit durchschnittlich nur mit 7,4 Punkten. Der Unterschied macht ungefähr so viel aus wie der Unterschied in der Lebenszufriedenheit zwischen Deutschland und Polen. „Anscheinend gibt es große Bevölkerungsgruppen, in denen Frauen mit dem Familienleben unzufriedener werden, wenn sie mehr verdienen – anders als die Männer", sagt David Richter, Psychologe am DIW, der Zeitung. „Ich vermute, dass es Unterschiede zwischen verschiedenen Milieus gibt." Auch Männer als Zweitverdiener unzufrieden Die Zahlen stammen aus dem sozio-ökonomischen Panel, Deutschlands größter Umfrage zu den Lebensbedingungen im Land. Jährlich werden dafür rund 30.000 Menschen nach allen möglichen Aspekten ihres Lebens befragt. Dabei stellt sich heraus: Hauptverdienerinnen sind zwar mit ihrer Arbeit und mit ihrem persönlichen Einkommen durchaus zufrieden. Im Familienleben nehmen sie aber Abstriche in Kauf, die offenbar auf ihre Zufriedenheit mit dem ganzen Leben durchschlagen. Die Unzufriedenheit geht über die Frauen selbst hinaus, berichtet das Blatt: Wenn sie die Hauptverdiener in der Familie sind, bewerten ihre Partner ihr Leben noch schlechter. Sie ärgern sich nicht so sehr über das Familienleben, dafür bewerten sie ihre Arbeit und ihr Einkommen als schlechter. Frauen müssen mehr Anforderungen gerecht werden Ein möglicher Grund für die Unzufriedenheit der Frauen: Selbst wenn sie mehr verdienen als der Mann, übernehmen sie oft den größeren Teil von Hausarbeit, Kinderbetreuung und Pflege der Angehörigen, wie die Berliner Soziologin Mona Motakef gegenüber der Zeitung betont. Die Psychologin Martina Lackner sagte dem Bericht zufolge, es gehe auch darum, was die Frauen als Kinder vorgelebt bekommen hätten und was ihre Freundinnen täten. Viele Frauen müssten sich demzufolge gegen ihre Herkunftsfamilie stellen, gegen ihre Freunde und mit Schuldgefühlen gegenüber den Kindern zurechtkommen. "Die Durchschnittsfrau ist nicht in dem Verständnis aufgewachsen, Karriere machen zu dürfen."