Paderborn. "Ich bin Ingrid Liebs, meine Tochter Frauke ist im Alter von 21 Jahren getötet worden und ich möchte wissen, wer sie getötet hat und warum." Mit diesen Worten beginnt Ingrid Liebs ihren letzten Versuch, den Mord an ihrer Tochter doch noch aufzuklären. Mit einer bewegenden Dokumentation über den Tod von Frauke Liebs, die vor 15 Jahren in Paderborn verschwand, versucht eine verzweifelte Familie die Öffentlichkeit an den Mordfall zu erinnern und an Täter, Mitwisser und Zeugen zu appellieren, sich mit Hinweisen auf den Täter zu melden und so endlich Klarheit zu schaffen: Was geschah 2006 mit Frauke Liebs?
Am 20. Juni 2006, einem Sommerabend während der Fußball-Weltmeisterschaft, verschwindet Frauke Liebs in Paderborn. Zuvor trifft sich die 21-Jährige mit einer Freundin in einem Irish Pub, um eines der Fußballspiele zu verfolgen. Nach der Partie macht sie sich auf den Weg nach Hause, kommt dort jedoch nie an. In der Woche nach ihrem Verschwinden meldet sich die Krankenpflegeschülerin mehrfach bei ihrem Mitbewohner. In Anrufen und Nachrichten kündigt sie an, bald nach Hause zu kommen, doch Familie und Freunde warten vergeblich. Nach einer Woche bleiben die Lebenszeichen aus.

Ungewissheit quält Familie und Freunde
Drei Monate später wird das, was Familie und Freunde schon lange befürchten, traurige Gewissheit: Frauke Liebs ist tot. Ein Jäger entdeckt in einem Wald in Lichtenau, etwa 20 Kilometer von Paderborn entfernt, Leichenteile eines Menschen. Viel ist nicht zu erkennen, doch was die Polizei vermutet, wird später durch einen Abgleich der DNA bestätigt: Frauke Liebs ist Opfer eines Verbrechens geworden. Doch auch 15 Jahre später ist der Fall ungeklärt.
Die Ungewissheit über die letzten Stunden, Tage und Wochen im Leben von Frauke Liebs quält ihre Familie und Freunde seit dem Verschwinden. In der Dokumentation geben Mutter Ingrid Liebs, Schwester Karen Liebs und Freund Christos Karaoulis intime Einblicke in ihre Gefühle und Gedanken, um dem Täter, aber auch möglichen Zeugen und Mitwissern deutlich zu machen, wie wichtig es ihnen ist, dass sie endlich erfahren wie und warum Frauke Liebs sterben musste.

Zwei Freunde von Frauke treten erstmals vor die Kamera
Tiefe Einblicke gewähren auch zwei Freunde von Frauke Liebs, die sich bislang nicht öffentlich zu dem Fall geäußert haben. Mitschülerin Isabella, die Frauke als Letzte lebend sieht, erzählt mit tränenerstickter Stimme von dem Abend des Verschwindens, als sie zusammen ein Spiel der Fußball-WM in einem Pub schauen und sich währenddessen mit ihrem gemeinsamen Freund Niels Nachrichten schreiben. Niels wird aufgrund der Nachrichten im Verlauf der Ermittlungen, ebenso wie Fraukes Mitbewohner und Ex-Freund Christos Karaoulis, von der Polizei als Tatverdächtiger gehandelt. Doch die Ermittlungen zeigen, dass beide nichts mit dem Tod ihrer Freundin zu tun haben.
Auch die Arbeit der Polizei wird von Familie Liebs und ihren Freunden, aber auch von Experten beleuchtet. Ingrid Liebs fühlt sich mit den Sorgen um ihre Tochter lange nicht ernst genommen, bemängelt fehlende Unterstützung und berichtet von einem schreienden Polizisten, der sie fragt: "Glauben Sie etwa, dass sich ein Sexualstraftäter ihre Tochter geschnappt hat?"

Pannen und Fehler während der polizeilichen Ermittlungen
Zudem werfen sie der Polizei Fehler und Pannen während der Ermittlungen vor. So versäumt es die Polizei, alle Informationen über die Ortung der Handydaten zu beantragen. Und bei der Beerdigung von Frauke Liebs, bei der die Polizei den Täter unter den Trauergästen vermutet und deshalb verdeckt die vielen Besucher zur Identifizierung filmen möchte, wird nur einer der zwei Eingänge der Kirche kontrolliert. Die Vorwürfe wiegen schwer, doch die Polizei lehnt nach Angaben der Macher der Dokumentation eine Stellungnahme ab.
Belastend sind für Familie und Freunde von Frauke Liebs auch mögliche Verbindungen zu den Mordfällen im Horrorhaus in Höxter. Dass die Täter Wilfried und Angelika W. neben zwei Frauen auch noch Frauke Liebs gefoltert und getötet haben könnten, macht der Familie Angst. "Wenn das die letzten Gesichter waren, die Frauke gesehen hat, dann will ich das gar nicht wissen", sagt Karen Liebs. Inzwischen steht nach Angaben des Paderborner Staatsanwalts Kai Waschkies fest, dass die beiden Fälle nicht zusammenhängen, doch die Angst davor begleitet Familie Liebs lange.
Erinnerungen an Fraukes letzte Worte und Lebenszeichen
Der Schritt, mit einer Dokumentation in die Öffentlichkeit zu gehen, und so persönliche Einblicke in ihr Leben nach dem Verlust ihrer Tochter, Schwester und Freundin zu geben, fällt allen Beteiligten sichtlich schwer. So erinnert sich Ingrid Liebs an die letzten Worte, die sie von ihrer Tochter hört. An das letzte Lebenszeichen, in dem Frauke drei Mal Mama sagt. An den Anruf eines Polizisten, der ihr mitteilt, dass eine Frauenleiche entdeckt wurde. "Dafür gibt es keine Worte."
Trotzdem taucht Ingrid Liebs mit Familie und Freunden noch einmal tief in die Vergangenheit ab, mit dem Ziel, irgendwann Frieden zu finden. "Das geht nur, wenn der Täter sich stellt", ist Christos Karaoulis überzeugt. "Wir möchten wissen, warum der Täter nur diesen einen Ausweg gesehen hat, Frauke zu töten", sagt Karen Liebs.
Mutter Ingrid Liebs am Fundort ihrer toten Tochter
Zum Ende der Dokumentation kehrt Ingrid Liebs an den Ort zurück, an dem die Leiche ihrer Tochter vor 15 Jahren gefunden wurde. "Es ist kein Ort, an dem ich gerne bin, denn hier muss ich mich nicht nur damit auseinandersetzen, das Frauke tot ist, sondern auch damit, dass der, der dafür verantwortlich ist, hier war." Für Ingrid Liebs ist dieser Wald ein Ort, "an dem für unsere Familie jegliche Hoffnung, Frauke jemals lebend wiederzusehen, für immer erloschen ist".
Trotzdem wagt sie sich zurück, in der Hoffnung, dass die Bilder von diesem Ort bei dem Täter und möglichen Mitwissern und Zeugen etwas auslöst und sie zur Aufklärung beitragen.
Hinweise
Wer Hinweise zum Verschwinden oder zum Tod von Frauke Liebs hat, kann sich bei der Polizei Bielefeld unter Tel. (0521) 5450 oder online bei Ingrid Liebs melden.
Die Dokumentation "Stern Crime: Der letzte Aufruf – Wer hat Frauke Liebs getötet?" ist eine Produktion von Stern Crime, der RTL Gruppe und der Filmproduktionsfirma UFA. Ab dem 8. November ist der Film bei RTL+ zu sehen. Am 24. November folgt die Ausstrahlung um 20.15 Uhr bei Vox. Die Dokumentation ist Teil eines Projektes mit vielen weiteren Inhalten, die in den kommenden Wochen folgen werden.