Weihnachtsstück am Bielefelder Theater: Vom Sieg der List über die Macht

Bielefeld. Das jährliche Weihnachtsstück des Bielefelder Stadttheaters mit seinen rund 50 Aufführungen ist stets eine Tour de Force für jeden Mitwirkenden. Wer es schafft, das kritische junge Publikum (und seine erwachsene Begleitung) abzuholen und mitzunehmen auf eine turbulente Reise durch haarsträubende Abenteuer, bei denen Böse zu Gut gewendet wird und &bdquo;ausweglos“ in &bdquo;hoffnungsvoll“, der hat einiges geleistet.

Mit dem &bdquo;satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsch“, dem letzten Werk Michael Endes, hat sich Regisseur Michael Heicks dieses Jahr eine dankbare Vorlage ausgesucht. Sein &bdquo;Wunschpunsch“, runtergekürzt auf eine aufführbare Hälfte des Stoffs, hat viele Ingredienzen: Da geht es um die unerklärliche Boshaftigkeit der Mächtigen, um Klima- und Umweltzerstörung, um den Aufstand der Wehrlosen und den Sieg der List über die Macht.

Das alles in so herzallerliebster, klamaukig-mitreißender und farbenfroh-fantasievoller Verpackung, dass auch den Jüngsten ob des Themas nicht bange werden muss. Allerdings sei erwähnt, dass die ganze Hintergründigkeit der flotten Dialoge so richtig erst bei Kindern im Grundschulalter ankommen dürfte. Die Jüngeren indes leiden beim reinen Betrachten des turbulenten Bühnengeschehens, der fantasievollen Kostüme und liebevollen Bühnendetails (verantwortet von Julia Hattstein) auch keinen Mangel.

Der Gesandte hat wenig Aufbauendes im Gepäck In der kompakten 80-minütigen Aufführungszeit pufft und raucht es, blubbert und tost es nach allen Regeln der Kunst. Immerhin haben wir es mit dem Laboratorium des durch und durch boshaften Professors Beelzebub Irrwitzer zu tun. In der Silvesternacht versucht dieser, mit deutlichen Anleihen aus dem Bewegungsfundus eines Otto Waalkes schwungvoll gespielt von Simon Heinle, zu retten, was noch zu retten ist.

Da er seinem Auftrag aus dem Reich der Finsternis im zurückliegenden Jahr nicht ausreichend nachgekommen sei und auf der Erde viel zu wenig Unheil stiftete, bekommt er am Silvestertag Besuch vom unheimlichen Gesandten Maledictus Made (Brit Dehler). Der hat wenig Aufbauendes im Gepäck: Sollte Irrwitzer bis Mitternacht seinen Verpflichtungen nicht nachkommen – den einen oder anderen Fluss zu vergiften, Tierarten auszurotten, kurzum den Kreaturen anständig zu schaden – droht ihm der Entzug seiner Zauberkraft.

Doch damit nicht genug, mit großem Getöse kündigt sich der Besuch von Irrwitzers ungeliebter Tante an, der Geldhexe Tyrannja Vamperl (Susanne Schieffer gibt sie mit karikaturhafter Opulenz im vergoldeten Outfit und mit klebriger Übergriffigkeit). Wie sich herausstellt, hat sie ein ähnliches Problem. Ausweglos, wäre da nicht das alte Rezept eines Wunschpunsches, der bei Genuss alle positiven Wünsche in das genaue Gegenteil verkehrt. Das maliziöse Duo rauft sich zur eigenen Rettung zusammen – um den Preis der Vernichtung der Welt.

Es schafft den Spagat zwischen Leichtigkeit und Tiefgang Hier kommen die Spione des Rats der Tiere ins Spiel: der vermeintlich blaublütige, etwas vertrottelte und bräsige Kater Maurizio di Mauro (Amy Lombardi) und der deutlich klügere, gerupfte Rabe Jakob Krakel, gespielt von Alexander Stürmer mit Tick und amüsantem norddeutschen Akzent. Die Fressfeinde haben sich in der Not vereint zur Weltenrettung. Ob sies schaffen? Und wie? Spoilern gilt nicht.

Nur dies sei verraten: Nach reichlich Zauber auf der Drehbühne mit den drei klug angelegten Bildern, vielen Effekten und klugen Dialogen, einem hungrigen Hai auf dem Kaminsims, einer abenteuerlichen Begegnung im Glockenturm stiftet das Finale Hoffnung in schwierigen Zeiten – kein schlechter Reinerlös für den zuschauenden Nachwuchs. Die ausnahmslos klamaukig überzeichneten Figuren fesseln die Aufmerksamkeit zuverlässig, besonders die beiden Tiere Rabe und Kater erobern die Herzen im Sturm.

Dazu gibts Musik – Rap-Einlagen etwa, temporeich unter vollem Körpereinsatz vorgetragen von den Figuren. Flotte Texte von Oliver Siegel, etwa über den Wert wahrer Freundschaft, die ganz ohne Hochstapelei auskommt. Insgesamt gelingt dem Theater Bielefeld ein Stück, das den Spagat zwischen Leichtigkeit und Tiefgang gut hinbekommt. Und zugleich Mut macht, es &bdquo;trotzdem“ zu versuchen. Die überaus motivierten, mitreißenden Akteure haben den Premierenjubel mehr als verdient.

Karten unter Tel. (05 21) 555-444. Weitere Infos und Termine auf: www.theater-bielefeld.de.

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