Bielefelder „Tüte“: Diese Ideen haben andere Großstädte für ihre Drogen-Hotspots

Bielefeld. Seit etwa 2004 konzentriert sich die Bielefelder Alkohol- und Drogenszene an dem Stadtbahneingang zwischen Hauptbahnhof und Stadthalle, der sogenannten &bdquo;Tüte“. Stadt und Polizei versuchen seit jeher, die Probleme mit einer Mischung aus Repression und Hilfsangeboten in den Griff zu bekommen. Doch weder die Beschallung mit klassischer Musik, noch ein vorübergehendes Alkoholverbot, noch soziale Angebote haben die Situation spürbar entschärft.

Mit dem Problem ist Bielefeld nicht allein. Vergleichbaren Großstädten geht es ähnlich. Meistens handelt es sich um Drogen-Hotspots in der Nähe zu den Hauptbahnhöfen. Einige Städte haben aber Lösungen gefunden, die zumindest zu Teilerfolgen geführt haben.

Der Raschplatz in Hannover Die Drogenszene in Hannover hat zuletzt bundesweit für Aufsehen gesorgt. Wie der NDR berichtet, habe sich die Zahl der Drogentoten dort innerhalb eines Jahres verfünffacht. 23 Menschen seien demnach 2023 in der niedersächsischen Landeshauptstadt gestorben. Eine große Rolle für die Drogenszene spielt der Raschplatz direkt hinter dem Bahnhof.

Dem wollte die Stadt Hannover mit einer Maßnahme begegnen, die sie selbst als &bdquo;Öffnung des Raschplatzes für alle Bürger“ bezeichnet. 2023 gab es das erste &bdquo;Raschplatz Open Air“ mit einem Fußball- und Multicourt (vielfach einsetzbare Sportfläche), Sportkursen und einem Beachbereich mit Liegestühlen auf dem Areal. &bdquo; Beachfeeling in der Elendszone“, titelte die Tageszeitung Taz 2023 bei der Premiere. 2024 gibt es das Angebot vom 20. Juli bis 20. September erneut.

Natürlich ist das Drogenklientel durch die &bdquo;Eventisierung des Platzes“ nicht einfach verschwunden. &bdquo;Eine solche Öffnung führt auch zu Reaktionen der bisherigen Nutzer, die sich neben dem zugewiesenen Ort auch selbstständig Treffpunkte suchen, die ebenfalls nicht immer konfliktfrei sind“, teilt die Stadt Hannover auf Anfrage mit. Der Prozess werde engmaschig begleitet durch Sozialarbeit, städtischen Ordnungsdienst, Polizei und Abfallentsorger.

Grundsätzlich sei seit Beginn des Raschplatz-Events die &bdquo;aufsuchende Arbeit“ ausgebaut worden. Sowohl beim Drogenkonsumraum, als auch bei der Stadt seien jeweils drei befristete Vollzeitstellen geschaffen worden. &bdquo;Schon vor dem Event wurde deutlich, dass nicht alle Suchtkranken den Weg zu einer Hilfseinrichtung suchen.“

Der Bremer Platz in Münster

Das Areal im Osten des Münsteraner Hauptbahnhofes hat seit Jahren den Ruf eines Drogen-Hotspots. Kenner sehen die Drogenszene in Münster als klein aber heftig an. Um dem zu begegnen, hatte die Stadt den Entschluss gefasst, den Bremer Platz grundlegend umzugestalten. Am 2. Juli 2024 war nach zweieinhalb Jahren Umbauzeit feierliche Eröffnung.

Der Bremer Platz ist nun in drei Teile geteilt: eine Bewegungs- und Aufenthaltsfläche, die auch für Veranstaltungen genutzt werden kann, einen Bereich mit Wasserspielen und Sitzgelegenheit sowie den Bereich für die Drogenszene.

Der sogenannte &bdquo;Szenebereich“ ist mit Sonnensegeln als Wetterschutz und Stahl-Lamellen als Sichtschutz ausgestattet. Die Lamellen sollen eine räumliche Trennung ermöglichen und zugleich soziale Kontrolle bieten. Zudem wurden zwei Hock-WCs installiert, die auch von Frauen genutzt werden können.

Während des Umbaus waren die Mitglieder des Drogenmilieus auf andere Straßen und Plätze ausgewichen. Das habe sich geändert, als der Umbau fertiggestellt wurde: &bdquo;Die szenezugehörigen Menschen nutzen bisher den ihnen zugesprochenen Aufenthaltsbereich, der Platz wird von der Szene bereits gut angenommen“, heißt es von der Stadt Münster auf Anfrage.

Die anderen Bereiche sollen unter anderem Familien als Aufenthaltsort dienen. Auch dieser Teil werde gut angenommen. Abschließend bewerten will die Stadt Münster den Erfolg der Maßnahme aber noch nicht, da die Neugestaltung erst relativ kurze Zeit abgeschlossen sei. Die beteiligten Stellen würden die &bdquo;Entwicklungen am Platz“ beobachten.

Der Salzmarkt und der Raiffeisenplatz in Osnabrück Ähnlich schwerwiegende Probleme wie Hannover und Münster hat die Stadt Osnabrück nach eigener Darstellung nicht. In kleinerem Ausmaß ist es vor allem die Trinkerszene, die in der Vergangenheit für Konflikte gesorgt hat. Zunächst diente der Salzmarkt als Treffpunkt. &bdquo;Der Ordnungsaußendienst der Stadt Osnabrück hat mit den Menschen vor Ort viel und geduldig gesprochen“, erklärt die Stadt auf Anfrage. Das und ein Alkoholkonsumverbot am Salzmarkt hätten zur Beruhigung geführt.

Ein ähnlicher Treffpunkt bildete sich schließlich am Raiffeisenplatz. &bdquo;Hier treffen sich vornehmlich Menschen, die Alkohol konsumieren. Drogenkonsum spielt eine stark untergeordnete Rolle, sodass man nicht von einem Problem im engeren Sinne sprechen kann“, heißt es aus Osnabrück. Die Neue Osnabrücker Zeitung schrieb 2016 hingegen: &bdquo;Drogen und Alkohol, Pöbeleien, Müll und Exkremente: Anlieger des Raiffeisenplatzes fordern von der Stadt und der Polizei ein konsequenteres Einschreiten gegen die Szene, die sich dort regelmäßig trifft.“

Neben Präsenz des Ordnungsamtes und Gesprächen mit Anwohnern sollte auch ein Umbau zu Entspannung führen. Am Raiffeisenplatz wurden vor sieben bis acht Jahren Unterstände, Bänke und Papierkörbe aufgebaut. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren registriere die Stadt mittlerweile relativ wenig &bdquo;Betrieb“. &bdquo;Auch deshalb sieht die Stadt derzeit keinen Handlungsbedarf im Bereich des Raiffeisenplatzes“, teilt ein Sprecher mit.

Der Lutherplatz in Kassel Sehr viel drastischer klingt die Berichterstattung des Münchener Merkur zur Situation auf dem Lutherplatz in Kassel. &bdquo;,Wir haben kapituliert’: Hessische Stadt kämpft mit Drogenproblem“ titelt das Onlineportal Merkur.de über die Lage in Kassel. Weiter heißt es im Text, der Platz habe sich wegen der Drogen- und Trinkerszene im Laufe der Jahre zu einer No-Go-Area entwickelt.

Die Stadt beschäftigt sich aktuell mit einer &bdquo;Neuausrichtung der Drogenpolitik in Kassel“. Anlass sei die &bdquo;prekäre Situation am und um den Lutherplatz, aber auch die Gesamtsituation der Trinker- und Drogenszene im Stadtgebiet“, teilt ein Sprecher mit.

Die Stadt Kassel befinde sich in &bdquo;zielführenden Gesprächen“ mit der Evangelischen Kirche und unterstütze deren Bemühungen, den Charakter des Platzes zu verändern. Der Platz ist Eigentum der Kirchengemeinde Kassel-Mitte. &bdquo;Durch die ersten, nun kurzfristig zu realisierenden Bausteine, soll der Lutherplatz in seinem Kern nicht nur ein neues Erscheinungsbild erhalten, sondern die Möglichkeit zur Entwicklung von innen heraus geschaffen werden.“

Was das konkret bedeutet? &bdquo;Es wird bauliche Veränderungen geben“, heißt es auf Nachfrage. Der Prozess stehe noch am Anfang und man könne zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Details nennen.

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