Joachim Schultz-Tornau – der Liberale in der Arminia-Kneipe

Bielefeld/Berlin. Auf Tuchfühlung mit der Heimat geht er einmal pro Woche – in der Kneipe. Einen Fernseher hat Joachim Schultz-Tornau nicht, deshalb verfolgt der 81-Jährige die Spiele seines Lieblingsvereins Arminia Bielefeld bei &bdquo;Tante Käthe“ – der Fußballkneipe im Berliner Mauerpark. Die überträgt alle Spiele der Arminia und ist Treffpunkt der Bielefeld-Fans in Berlin. Schultz-Tornau ist mittendrin. So wie früher in der Politik.

13 Jahre lang führte Schultz-Tornau die Ratsfraktion der FDP in Bielefeld, er war vier Jahre Rechtsdezernent der Stadt Lage/Lippe und 15 Jahre Landtagsabgeordneter seiner Partei in Düsseldorf. Von 1994 bis 1996 führte er sogar den größten Landesverband der FDP - ein Ereignis, das er nicht vergessen wird.

Schultz-Tornau verdrängte im Dezember völlig überraschend den damaligen Landeschef Jürgen Möllemann aus dem Amt. &bdquo;Ich war großer Außenseiter“, erinnert sich Schultz-Tornau im Gespräch mit dieser Redaktion. Am Morgen der Wahl sei er mit Kopfschmerzen an die frische Luft gegangen - und habe zufällig ein Gespräch der Chauffeure der zwei Gegenkandidaten mitbekommen. &bdquo;Die unterhielten sich über uns und sagten: ’Der Schultz-Tornau hat überhaupt keine Chance.’“ Es sollte anders kommen.

Als Christian Lindner für ihn noch Wahlplakate klebte 2005 zog Schultz-Tornau nach Berlin, trat dort wenig später der FDP bei - in der er sich aber nur noch in geringem Maße engagierte. Bekannt ist der heute 81-Jährige aber nach wie vor. Parteichef Christian Lindner hielt zu seinem runden Geburtstag im vergangenen Jahr die Laudatio. &bdquo;Die war sehr schön; unser Verhältnis ist herzlich, ich bin aber keiner seiner Berater“, sagt Schultz-Tornau. Tatsächlich klebte Lindner 1995 sogar Wahlplakate für Schultz-Tornau, wie er in der Laudatio berichtete.

In den Fingern jucke es ihm beim Blick auf die aktuelle Politik im Land aber immer mal wieder, räumt Schultz-Tornau ein. &bdquo;Entspannt lässt mich das nicht zurück“, sagt er mit Blick auf die Performance der Ampel und die steigenden Zustimmungswerte radikaler Parteien. &bdquo;Ich gucke alle zwei Tage auf die Umfragen - und habe da im Moment keine Freude dran.“ Seiner FDP und der Ampel wünscht er, dass sie die Koalition &bdquo;mit Anstand“ bis zum Schluss durchhalten wird.

Schultz-Tornau hat noch einige Verbindungen nach Bielefeld Seine alte Heimat Bielefeld besucht &bdquo;Schuto“ mindestens zweimal pro Jahr. Dann nimmt er am Neujahrsempfang der deutsch-japanischen Gesellschaft Bielefeld teil, für die er sich seit vielen Jahren engagiert. Zu sehen ist der FDP-Mann zudem bei der jährlichen Rektoratsfeier der Uni Bielefeld. Auch der Bielefelder Schützengesellschaft und den Jungen Symphonikern OWL gehört er weiterhin an.

Im Gespräch wirkt Schultz-Tornau zugewandt und zufrieden. &bdquo;Ich habe viele Gründe, um dankbar zu sein.“ Das betreffe zum Beispiel seine Stimme. &bdquo;Die ist zum Glück immer noch so, dass ich regelmäßig singen kann.“ Das gemeinsame Musizieren mit jungen Leuten im Chor der deutsch-japanischen Gesellschaft Berlin mache ihm viel Spaß. In der Hauptstadt besucht Schultz-Tornau fast jeden Sonntag den Dom; kürzlich hat er dort das Evangelium gelesen. &bdquo;Regelmäßig betätige ich mich auch als Helfer beim Abendmahl.“ Langeweile? Sowas kenne er nicht.

Dafür sorgt letztlich auch der Fußball. Er habe überlegt, ob er zum Saisonauftakt nach Cottbus fahren sollte, um seine Arminia anzufeuern, erzählt Schultz-Tornau. Da er kürzlich &bdquo;ein neues Knie“ bekommen hat (&bdquo;das hat gut geklappt“), entschied sich Schuto dann aber doch für seine Stammkneipe – und verfolgte das Spiel inmitten der Berliner Arminia-Fans. Die hatten ihm zum 80. sogar ein DSC-Trikot mit den Unterschriften aller Spieler geschenkt. Auch wenn von denen inzwischen fast keiner mehr dabei sei, so hebt Schultz-Tornau das Trikot mit Stolz an einem Ehrenplatz auf. Die Verbindung nach OWL ist ihm also auch nach vielen Jahren des Abschieds schnell anzumerken – manchmal schon auf den ersten Blick.

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