Experte warnt: Lage in Syrien könnte für neue Terrorgefahr in NRW sorgen

Bielefeld. Der renommierte Terrorismus-Experte Peter Neumann warnt vor möglichen Folgen für die Sicherheitslage nach dem Sturz des syrischen Diktators Bashar al-Assad. Die Entwicklungen in Syrien könnten in einigen Monaten Auswirkungen auf die Terrorgefahr haben, sagt Neumann im Gespräch mit dieser Redaktion. Demnach könne die Terrororganisation &bdquo;Islamischer Staat“ wieder erstarken.

Neumann sieht nach dem Fall des Assad-Regimes durch die islamistische Haiat Tahrir al-Scham (HTS) zwei konkrete Gefahren. &bdquo;Vor allem im Westen Syriens sind bei den Befreiungen der Gefängnisse auch viele Dschihadisten freigekommen, die sich nun wieder bestehenden Strukturen anschließen oder solche aufbauen könnten.“

Im Osten des Landes, den kurdischen Autonomiegebieten, sieht der Autor (&bdquo;Die Rückkehr des Terrors. Wie uns der Dschihadismus herausfordert“) eine weitere Gefahr. &bdquo;In den Gebieten befinden sich Gefangenenlager, die von kurdischen Kämpfern bewacht werden und in denen Hunderte ehemalige IS-Anhänger inhaftiert sind.“ Weil aktuell der Konflikt zwischen der Türkei und den Kurden eskaliert, könnten die kurdischen Wachkräfte der Gefangenenlager an die Front verlagert werden. &bdquo;Es ist auch hier denkbar, dass die inhaftieren IS-Anhänger beispielsweise freikommen und dabei helfen, die Strukturen der Terrororganisation wieder aufzubauen“, sagt Neumann.

IS könnte eigene Anschläge planen Gewinne der IS wieder an Einfluss, könne sich auch die Handlungsfähigkeit der Terroristen deutlich ändern. &bdquo;Der IS wäre dann nicht mehr darauf angewiesen, Personen durch Internet-Propaganda zu erreichen, radikalisieren und zu Anschlägen zu ermutigen, sondern könnte selbst Anschläge planen und durchführen lassen“, warnt Neumann. Dieses Szenario könnte sich frühestens in mehreren Monaten ergeben. &bdquo;Das ist aber auch abhängig davon, wie sich die Lage in Syrien entwickelt.“

Aktuell bewertet der Experte die Sicherheitslage ohnehin als sehr angespannt. &bdquo;Fast wöchentlich melden die deutschen Sicherheitsbehörden die Festnahme von mutmaßlichen IS-Anhängern mit Anschlagszielen“, sagt er.

So gab es beispielsweise am vergangenen Wochenende in Hessen und Baden-Württemberg drei Festnahmen: Zwei Brüder (15 und 20), die mit dem IS sympathisieren sollen, sollen einen Anschlag geplant haben. Dazu sollen sie bereits ein Sturmgewehr samt Munition besorgt haben, das bei einem 22-Jährigen gefunden wurde.

Terrorgefahr in NRW &bdquo;abstrakt hoch“ Die Sicherheitsbehörden in NRW beschreiben die Terrorgefahr seit längerer Zeit als &bdquo;abstrakt hoch“. Heißt: Konkrete Kenntnisse zu Anschlägen liegen nicht vor, es könnte aber immer zu Anschlägen kommen. Zudem zählten die Behörden vor wenigen Monaten mehr als 180 islamistische Gefährder in NRW – ihnen trauen die Behörden sogar einen Anschlag zu. &bdquo;Der IS ruft seit vielen Jahren dazu auf, Anschläge im Westen zu begehen. In der Folge des 7. Oktobers 2023 propagierten die Terroristen zum Beispiel, Christen und Juden überall zu bekämpfen“, warnt Peter Neumann.

Und auch in NRW hat der Fall Assads bereits Auswirkungen. Laut Verfassungsschutz gelte der Diktator in der Salafisten-Szene &bdquo;seit Jahren als Feindbild“. &bdquo;Sein Sturz wird innerhalb der Szene ausschließlich positiv aufgenommen“, berichtet eine Sprecherin des Nachrichtendiensts.

Zudem werde in der Szene nun auch die &bdquo;Befreiung Palästinas“ als nächstes Ziel propagiert. Ebenso gibt es verschiedene Gruppen, die nun Forderungen nach einem Kalifat äußern. &bdquo;In der dschihadistischen Szene sind die Anhänger nach dem Sieg der islamistischen HTS nahezu elektrisiert“, fügt Neumann hinzu.

Wie die rechtsextreme Szene reagiert Auch in der rechtsextremen Szene in NRW wird der Fall des Assad-Regimes aufgegriffen. Der Verfassungsschutz beobachtet dabei zwei Narrative: &bdquo;Zum einen wird antisemitisch Israel dämonisiert und für den Sturz verantwortlich gemacht. Zum anderen wird fremdenfeindlich agitiert und die sofortige Ausweisung von syrischen Flüchtlingen gefordert.“

Laut NRW-Sicherheitsbehörden sei zudem bereits ein gesteigertes Demonstrationsaufkommen aufgrund der Angriffe auf kurdische Gebiete zu beobachten. Diese Kampfhandlungen und Angriffe auf kurdische Gebiete könnten PKK-Anhänger und -Sympathisanten in NRW weiter emotionalisieren – und zu einem weiter steigenden Demonstrationsaufkommen führen.

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