Baustellen und marode Infrastruktur: Pendler stehen in NRW länger im Stau

Bielefeld/Berlin. Baustellen, marode Infrastruktur und verstopfte Straßen stellen die Nerven von Autofahrern in Deutschland immer stärker auf die Probe. Ein durchschnittlicher Pendler stand im vergangenen Jahr 43 Stunden im Stau - drei Stunden mehr als noch im Vorjahr, wie aus einer Auswertung des Verkehrsdaten-Dienstleisters Inrix hervorgeht, der weltweit 945 Städte untersucht hat.

Deutschlandweit steht mit Düsseldorf erstmals eine NRW-Stadt an Platz eins. 60 Stunden stand dort der durchschnittliche Pendler 2024 im Stau. Dahinter folgen Berlin, Stuttgart (beide 58 Stunden), Köln (56) und München (55). In all diesen Städten nahm der Zeitverlust im vergangenen Jahr zu.

Auch in Ostwestfalen-Lippe läuft es für die Pendler schlecht. Spitzenreiter der Region ist Porta Westfalica, wo der durchschnittliche Pendler 32 Stunden im Stau verlor. Auch Bielefeld (27 Stunden), Paderborn und Herford (21 Stunden) wurden ausgewertet. Immerhin: Für Paderborner Pendler sank die Zeit, die im Stau verloren wurde, im Vergleich zu 2023 um neun Prozent.

Zahlreiche Baustellen sind Stau-Treiber Woran liegt es, dass Pendler in Deutschland durchschnittlich fast zwei Tage im Jahr im Stau stehen? Mit Blick auf das kräftige Plus in Düsseldorf schreiben die Autoren der Studie, dass dies unter anderem &bdquo;auf zahlreiche Baustellen auf stark befahrenen Autobahnabschnitten rund um Düsseldorf, wie der A46 und der A59“ zurückzuführen sei.

Deutschlandweit sind die Ursachen vielfältiger, wie Stauexperte Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen sagt. Aber auch er nennt die vielen Baustellen – sowohl auf Autobahnen als auch in den Innenstädten – als einen der Hauptgründe.

An sich habe Deutschland eine sehr gute Infrastruktur – wenn sie denn benutzbar wäre, sagt Schreckenberg der Deutschen Presse-Agentur. Aber: &bdquo;Wir haben nichts dafür getan, sie zu erhalten. Und das fällt uns jetzt auf die Füße.“ Hinzu komme, dass viele Angestellte nach der Coronapandemie wieder ins Büro kommen müssten. &bdquo;Die Homeoffice-Zeit ist in vielen Branchen vorbei“, sagt Schreckenberg.

Öffentliche Verkehrsmittel selten eine Alternative Der öffentliche Personennahverkehr sei für viele aufgrund seiner Unzuverlässigkeit keine Alternative, sagt Schreckenberg. Auf dieses Risiko wollten viele sich nicht einlassen und nähmen lieber die mehr oder weniger kalkulierbare Zeit im Stau in Kauf.

Eine Sprecherin des ADAC bringt es auf Anfrage auf die einfache Formel: &bdquo;Letztendlich sind zu viele Fahrzeuge gleichzeitig unterwegs.“ Die Zunahme der Stauzeit sei unter anderem auf eine höhere Verkehrsleistung insbesondere im Individualverkehr sowie auf zahlreiche Baustellen zurückzuführen.

Die gefahrenen Autokilometer in Deutschland steigen laut Bundesumweltamt nach den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 wieder an und befand sich 2022 schon fast wieder auf dem Niveau der Jahre vor der Pandemie. Und auch die Zahl der angemeldeten Autos ist 2023 auf ein Allzeithoch gestiegen.

FDP fordert &bdquo;pragmatische Lösungen“ Erste politische Reaktionen kommen von der FDP. &bdquo;Die Stauzahlen für 2024 sind ein Armutszeugnis für die Verkehrspolitik in Nordrhein-Westfalen“, sagt Christof Rasche, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion in NRW. &bdquo;Pendlerinnen und Pendler verlieren hier wertvolle Lebenszeit, weil die schwarz-grüne Landesregierung mit Verkehrsminister Oliver Krischer lieber ideologische Kreuzzüge gegen das Auto führt, statt sich um pragmatische Lösungen zu kümmern.“

Tatsächlich investierte das Land NRW im Jahr 2024 220 Millionen Euro in die Sanierung von Landesstraßen – so viel wie in keinem Jahr zuvor.

Zwischen November 2023 und Oktober 2024 wurden als Teil der &bdquo;Sanierungsoffensive NRW“ 246 Kilometer Bundes- und Landesstraßen in Nordrhein-Westfalen saniert, weitere 110 Kilometer befanden sich zum Stichtag 30. September 2024 in der Realisierung.

Wie kann es besser werden? &bdquo;Die Ergebnisse für 2024 verdeutlichen, dass das Verkehrswachstum weltweit ungebremst ist, während die Infrastruktur vieler Städte an ihre Grenzen stößt“, sagte Bob Pishue von Inrix. Langfristig werde es entscheidend sein, &bdquo;den Verkehr effizient zu lenken und innovative Mobilitätsstrategien voranzutreiben“.

Die Infrastruktur werde noch auf Jahre hinweg ein Problemfall sein, sagt Stauexperte Schreckenberg. Er plädiert zumindest für eine bessere Abstimmung und Organisation von Baustellen, etwa zwischen Kommunen, der Autobahn GmbH und der Bahn.

Auch die ADAC-Sprecherin wirbt für &bdquo;ein gut abgestimmtes Baustellenmanagement“. Zudem müsse Infrastruktur frühzeitig instandgesetzt werden, um Ad-hoc-Maßnahmen und Sperrungen zu vermeiden. Auch könne eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene helfen – allerdings ist auch das Schienennetz in Deutschland veraltet und marode.

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