Ex-Student aus Paderborn kämpft in der Ukraine: „Vergiss das Wort Frieden“

Paderborn/Köln. Als ich ihn anrufe, packt Manu gerade seine Sachen zusammen, einen Tag später wird er zurück an die ukrainische Front fahren. Seit mehr als 30 Monaten verteidigt der frühere Paderborner dort inzwischen sein Heimatland. Am Montag vor drei Jahren ging alles los – mit dem Überfall Russlands. Wird dieser Kampf für Manu bald endlich enden, indem sich ein Frieden abzeichnen sollte – ausgerechnet durch US-Präsident Trump?

Unser letztes Gespräch liegt ein paar Monate zurück. Lange Zeit – so schien es – herrschte in der Ukraine ein Stellungskrieg, ohne große Geländegewinne, aber mit riesigen Verlusten auf beiden Seiten. Jetzt, wo Donald Trump zurück ins Weiße Haus gekehrt ist, scheinen sich die Entwicklungen in den Augen der Beobachter zu überschlagen. Doch Manu (Name geändert) als direkt Beteiligter sieht das anders.

&bdquo;Trump hat keine einzige Vorstellung davon, wie der Krieg enden könnte“, sagt Manu mit ruhiger Stimme. &bdquo;Es wäre ein großer Fehler, zu denken, dieser Mensch würde es schaffen, etwas Gutes zu tun.“ Trump hat wiederholt angekündigt, den Krieg in der Ukraine schnell beenden zu wollen, was zunächst mal nach einer guten Nachricht klingt. Warum sollte man ihn daran hindern wollen? Doch inzwischen bahnen sich düstere Vorahnungen an: Wird es zu Verhandlungen ohne die EU kommen? Über den Kopf der Ukraine hinweg? Diktatfrieden?

Ex-Paderborner bildet Soldaten am Maschinengewehr aus Wenn ich Manu diese Fragen stelle, dann weiß ich, wen ich an der anderen Leitung habe. Einen Menschen, der sich seit fast drei Jahren direkt im Krieg befindet, der regelmäßig zwischen seinem Wohnort Köln und der ukrainischen Front pendelt. Der dort junge Soldaten am Maschinengewehr ausbildet und Kameraden sterben sieht – und der zurück in Köln irgendwie versucht, mit seiner Lebensgefährtin &bdquo;Alltag“ in Deutschland zu haben.

Auch wenn ich Manu während unserer gemeinsamen Zeit an der Universität Paderborn als einen sehr differenziert denkenden und eher schüchternen Menschen kennengelernt habe, so weiß ich, dass er in dieser Situation maximal befangen ist, wenn es um die Frage geht, ob und wie der Krieg enden kann.

Und dennoch ist es immer besser, mit den Menschen zu sprechen als über sie. &bdquo;Vergiss das Wort Frieden“, sagt Manu höflich. &bdquo;Es geht uns um Freiheit.“ Frieden gäbe es offiziell auch in Nordkorea. &bdquo;Aber frei sind die Menschen dort nicht. Und so wollen wir in der Ukraine nicht leben.“ Die Vorstellung, künftig &bdquo;friedlich“ neben einem hoch bewaffneten und säbelrasselnden Russland zu leben, welches einem souveränen Staat ohne Konsequenzen beträchtliche Gebiete abnehmen durfte, welches Zehntausende ukrainische Soldaten und Zivilisten getötet hat, hält Manu für unerträglich.

Manu sagt: &bdquo;Wir kämpfen für unser Land und Leben“ &bdquo;Jetzt mal ehrlich: Das kann doch niemals funktionieren“, sagt Manu entschieden. &bdquo;Wir kämpfen, damit genau das nicht passieren wird. Wir kämpfen nicht irgendwo für irgendwas. Sondern für unser Land und Leben. Und wenn wir verlieren oder aufgeben, werden die Russen uns töten.“ Deshalb sei der Mut der ukrainischen Soldaten noch immer &bdquo;hoch“.

Dass nun ausgerechnet der einstige &bdquo;Weltpolizist“ USA auf Tuchfühlung mit Kriegsverbrecher Putin gehe, bezeichnet Manu als &bdquo;unfassbar“ traurig. &bdquo;Ich hätte mir nie vorstellen können, dass so etwas passieren würde.“ Trump werde zur &bdquo;Marionette Putins“, glaubt Manu. Auch wenn der 37-Jährige inzwischen grenzenloses Leid sowie viele verwundete und tote russische Soldaten gesehen hat, so glaubt er keine Sekunde daran, dass Putin diesen Zustand stoppen – und stattdessen Frieden wolle.

&bdquo;Verhandlungen sind ein großes Spiel für ihn. Er braucht die doch gar nicht; auf dem Schlachtfeld kommt er Schritt für Schritt voran. Er müsste einfach nur weitermachen.“ Von Russland eroberte Gebiete wie der Donbass und die Krim seien vollständig zerstört. &bdquo;Das sind Ruinen. Was will Putin damit?“ Bei einem Diktatfrieden ohne Einbindung der Ukraine seien &bdquo;drei Jahre Kampf umsonst gewesen“, glaubt Manu.

Und wie steht es um Präsident Selenskyj? &bdquo;Die Kameraden aus unserem Bataillon, mit denen ich spreche, respektieren und akzeptieren ihn voll und ganz als unseren Präsidenten und Oberbefehlshaber“, betont Manu.

Einen Tag nach unserem Gespräch wird sich der frühere Paderborner wieder in sein Auto setzen, um sich der ukrainisch-russischen Front zu nähern. Dann, so sagt er, habe er wieder weniger Zeit, um nachzudenken, denn dann sei er wieder mitten im Krieg. Auf die abschließende Frage, welche Auswirkungen eine Reduktion oder gar ein Stopp amerikanischer Waffenlieferungen haben dürfte, antwortet Manu auf seine direkte Art und Weise: &bdquo;Je weniger Waffen wir haben, desto mehr unserer Leute werden sterben. Die Verluste gehen dann direkt hoch. Das ist einfache Mathematik.“ Deshalb setze man jetzt voll und ganz auf Europa. &bdquo;Europa und die Ukraine sind jetzt allein, die USA sind raus. Ich hoffe, dass Euch jetzt endlich die Augen geöffnet werden.“

Ex-Student aus Paderborn kämpft in der Ukraine: „Vergiss das Wort Frieden“

Trump will Selenskyj treffen - Deal mit Rohstoffen im Blick

Trump kritisiert Bidens Ukraine-Kurs und bleibt selbst vage

Feilschen um Verhandlungen im Ukraine-Krieg

Mann aus Schloß Holte-Stukenbrock kündigt Job und hilft jetzt im gefährlichen Kriegsgebiet

Trotz Kälte: Schwere Kämpfe im Osten der Ukraine

Selenskyj spekuliert über Wege zum Frieden

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus