Mit Lachgas zugedröhnt: Polizei stoppt Bielefelder (20) - das steckt hinter der Droge

Herford. In Schlangenlinien fuhr er über die B61: Die Herforder Polizei hat jetzt den ersten Autofahrer aus dem Verkehr gezogen, der unter dem Einfluss von Lachgas (N2O) hinterm Steuer seines Wagens gesessen haben soll. Ärzte warnen derweil vor dem Konsum der derzeit angesagten &bdquo;Partydroge“.

Es ist die Nacht auf den 16. März – ein Sonntag, kurz nach 1 Uhr: Andere Verkehrsteilnehmer melden der Polizei einen Mercedes, der angeblich mit auffälliger Fahrweise auf der Bundesstraße in Richtung Bielefeld unterwegs ist. &bdquo;Unter anderem soll der Wagen in Schlangenlinien unterwegs gewesen sein“, sagt Hendrik Drawe, Sprecher der Herforder Kreispolizei.

Eine Streifenwagenbesatzung rückt aus. Kurz hinter der Stadtgrenze zu Bielefeld können die Beamten den Wagen stoppen. Der 20-Jährige auf dem Fahrersitz wird kontrolliert. &bdquo;Zuerst dachten die Kollegen, er hätte Alkohol getrunken. Dazu gab es allerdings keine Hinweise. Allerdings bemerkten sie dann eine Lachgaskartusche im Fußraum. Die Anzeichen verdichteten sich, dass der junge Mann das Gas vor Fahrtantritt konsumiert haben könnte“, so der Behördensprecher.

Fall auch im Nachbarkreis Die Polizisten untersagen dem Bielefelder die Weiterfahrt, beschlagnahmen seinen Führerschein: &bdquo;Da er deutliche Ausfallerscheinungen zeigte.“ Weil sich die Kontrolle schon auf dem Gebiet der Leineweberstadt abspielt, verständigen die Ordnungshüter die dortige Polizei. Auf der Bielefelder Wache wird ihm eine Blutprobe entnommen. Drawe: &bdquo;Der Nachweis des Konsums von Lachgas ist weitaus aufwendiger als bei anderen Rauschmitteln.“

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Ein Ergebnis der Blutprobe liegt daher auch aktuell noch nicht vor. Der 20-Jährige muss sich wegen des &bdquo;Führens eines Fahrzeugs unter Rauschmitteleinfluss“ verantworten. &bdquo;Wir werden verstärkt ein Auge darauf haben, ob sich solche Lachgasvorfälle im Straßenverkehr häufen“, betont der Herforder Beamte.

Tatsächlich haben andere Polizeibehörden ebenfalls Erfahrungen mit von Lachgas berauschten Verkehrsteilnehmern gemacht – etwa im Nachbarkreis Minden-Lübbecke. Dort soll ein 18-Jähriger Mitte Januar dieses Jahres sogar während der Fahrt das N2O aus einem Luftballon eingeatmet haben. Später lieferte er sich eine regelrechte Verfolgungsjagd mit einem Streifenwagen, ging den Beamten dann aber ins Netz.

Video zum Thema: FDP schaltet sich ein Fest steht: Der Besitz und Konsum von Lachgas ist in Deutschland nicht illegal, somit kein Fall für das Betäubungsmittelgesetz. Vor allem viele junge Menschen haben es in den vergangenen Jahren als leicht zugängliches Rauschmittel für sich entdeckt. In Herfords Nachbarstadt Bünde soll es auf einem Friedhof schon regelrechte Lachgas-Partys gegeben haben. Darauf deuteten zumindest zahlreiche hinterlassene Kartuschen und Ballons hin.

Auch in der Hansestadt sind schon an diversen Stellen in der Öffentlichkeit zurückgelassene Zylinder aufgetaucht. Und die dürften wohl unter freiem Himmel nicht für die Zubereitung von Sahne – dafür ist N2O in solchen Behältnissen eigentlich vorgesehen – eingesetzt worden sein. Laut Herfords Stadtsprecher Felix Neef hätten Mitarbeiter des kommunalen Ordnungsdienstes auch schon Kartuschen in der City oder am Güterbahnhof entdeckt.

Die heimische FDP hatte das Lachgas-Thema zuletzt auf die politische Agenda gehoben. So soll sich der Stadtrat am 4. April mit einem möglichen Abgabeverbot in Herford an Minderjährige beschäftigen. Denn die Gas-Zylinder sind nicht nur in Supermärkten erhältlich, sondern auch in vielen Kiosken. Eine bundeseinheitliche Regelung in Sachen Verkauf gibt es zwar nicht, beispielsweise gilt in Hamburg aber seit Jahresbeginn jedoch ein Abgabeverbot an Personen unter 18 Jahren, das auch streng kontrolliert wird.

Mit Gütersloh hat vor Kurzem eine OWL-Stadt ebenfalls eine entsprechende ordnungsbehördliche Verordnung erlassen. &bdquo;Lachgas hat in den vergangenen Jahren eine bedenkliche Popularität erlangt, vor allem unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die unkontrollierte Abgabe an Minderjährige ist nicht nur ein Sicherheitsrisiko, sondern kann auch schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben“, begründet FDP-Politiker Nick Hachmeister den Ratsantrag der Herforder Liberalen.

Das sagt ein Klinikarzt Die negativen Auswirkungen von Lachgas als Rauschmittel hebt auch Marco Kauling, Ärztlicher Leiter der Notaufnahme am Klinikum Herford, hervor. Zwar seien bislang noch keine Kinder und Jugendlichen mit einer Lachgasvergiftung im örtlichen Krankenhaus eingeliefert worden: &bdquo;Dennoch sollte man bei der Angelegenheit präventiv tätig werden. Lachgas ist eine gefährliche Substanz“, so der Mediziner. Vor allem hohe Dosierungen des Gases, das lange Zeit für Narkosezwecke – unter anderem bei Zahnbehandlungen eingesetzt wurde und teils noch wird – könnten gravierende gesundheitliche Folgen nach sich ziehen.

Dem relativ kurzen Rausch könnte bei hohen Konzentrationen Bewusstlosigkeit, dann Atem- oder Kreislaufstillstände folgen. Es bestehe die Gefahr einer Sauerstoffunterversorgung von Körper und Gehirn. &bdquo;Das kann dann auch lebensbedrohlich werden“, so Kauling. Werde N2O dauerhaft konsumiert, komme es mittelfristig zu einem Mangel an Vitamin B12, was zu Blutarmut, neurologischen oder psychischen Störungen führen könne. &bdquo;Man sollte den Verkauf von Lachgas an Privatpersonen daher deutlich limitieren. Das fordern aktuell schon viele Initiativen, beispielsweise auch die Ärztekammer Niedersachsen“, unterstreicht der Herforder Mediziner.

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