Schaden von 300.000 Euro: Gütersloher (72) fällt auf hinterhältigen Kryptobetrug herein

Gütersloh. &bdquo;Mit ist es ganz wichtig, andere potenzielle Opfer zu warnen“, sagt Franz Kah (Name von der Redaktion geändert). Der 72-jährige Gütersloher, Unternehmensberater im Ruhestand, hat mit vermeintlichen Investitionen in Kryptowährungen gut 300.000 Euro verloren, weil er der Expertise eines betrügerischen Börsen-Gurus glaubte. Anfang März hat Kah Anzeige erstattet - mit Hilfe eines auf Cyberrecht spezialisierten Anwalts aus München.

Franz Kah, der sich als Berater und EDV-Organisator nicht so schnell ein X für ein U vormachen ließ, erzählt, wie er in die Betrugsfalle tappte: &bdquo;Im Juli vergangenen Jahres habe ich auf Facebook eine Werbung von einem Frank Schneider gesehen. Er sollte angeblich ein Börsenguru sein, der plante, eine Börsen-Akademie in Berlin zu gründen und im Vorfeld sein Wissen um Börse, Kurse und Krypto weiterzugeben.“

Kah bewarb sich um einen Platz in dessen Whatsapp-Gruppe, er bekam einen Einladungslink zugesandt und eine nette Assistentin – &bdquo;Cornelia Müller“ – verschaffte ihm Zugang. Bis März 2025 existierte diese Whatsapp-Gruppe mit 64 Mitgliedern - darunter jetzt auch viele Geschädigte.

Betrüger schickt dem Gütersloh mehrmals am Tag Anlagetipps Frank Schneider schickte Anlagetipps - morgens, mittags und abends. &bdquo;Jeden Abend gab es eine lange Zusammenfassung“, erzählt Franz Kah. Die Anlagetipps von August bis November 2024 hätten Hand und Fuß gehabt, einige ging der Gütersloher mit, machte Gewinne von fünf bis zehn Prozent in 30 Tagen. &bdquo;Der Handel geschah auf den jeweiligen Börsen der Teilnehmer“, so der Gütersloher.

Vom Verkauf seines Hauses hatte er ein wenig Geld auf der hohen Kante, wollte sich damit an der Börse noch ein kleines Polster erarbeiten. &bdquo;Das war für unseren Lebensabend geplant, für Reisen“, sagt er mit Blick auf seine Ehefrau. Dann kam die US-Wahl und die damit verbundene Unsicherheit an den Börsen. In der Whatsapp-Gruppe wurde vermehrt über Krypto-Investment gesprochen.

&bdquo;Ende November kam eine Börse mit Namen TWAAO ins Spiel - aufgrund der Empfehlung von Frank Schneider. Im Internet hatte ich dieses Krypto-Börse gesucht und auch positive Nachrichten, unter anderem von ,Börse Frankfurt’ gefunden“, erzählt Franz Kah, der immer versucht hatte, sich mit Informationen abzusichern.

Gütersloher investiert in Kryptowährungen Er begann, kleine Beträge zu investieren und sich Gewinne auch immer mal wieder in sein Krypto-Wallet auszahlen zu lassen. Inzwischen warnt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) vor der TWAAO - n ach ihren Erkenntnissen erbringt die angeblich in Frankfurt ansässige TWAAO ohne die erforderliche Erlaubnis Finanz- und Wertpapierdienstleistungen sowie Kryptowerte-Dienstleistungen in Deutschland. &bdquo;Auch die angebliche US-Zulassung war falsch“, hat der Gütersloher recherchiert. Und viele weitere positive Referenzen auch.

Doch das alles wusste Franz Kah Ende 2024 noch nicht. Er kaufte Coins wie Bitcoin oder Solana &bdquo;mit Hebelwirkung“, spekulierte also auf steigende oder fallende Kurse innerhalb der nächsten 30 Minuten, Gewinne flossen auf sein Konto bei der TWAAO. &bdquo;Ab Anfang Januar kam dann der erste ICO eines neuen Coins bei TWAAO“, erzählt er - und klingt wie ein Experte im Handel mit Kryptowährungen. Das Kürzel ICO steht für Initial Coin Offering - das Ganze ist vergleichbar mit der Erstausgabe einer Aktie.

&bdquo;Erinnern Sie sich nur damals an die Erstausgabe der Telekom-Aktie.“ Kah investierte, fünf Prozent seiner Zeichnung wurden ihm zugeteilt - 2.000 Coins. Inzwischen war er zum VIP-Kunden aufgestiegen, TWAAO teilte ihm mit, dass er einen Kredit von einer Million USDT - eine den US-Dollar nachbildende Kryptowährung - kostenfrei zur Verfügung gestellt bekäme. &bdquo;Den habe ich aber nicht genutzt“, so der Gütersloher.

Tippfehler wird Gütersloher zum Verhängnis Ende Januar gab es dann wieder das Angebot eines neues Coins. Kah vertippte sich und orderte statt 2.000 Exemplaren 20.000 - und musste doch Teile des Kredits in Anspruch nehmen. &bdquo;Es gab eine Zuteilung von 22.000 Coins und ich musste 220.000 des benutzten Kredits zurückzahlen. Diese Vermögen hatte ich nicht mehr zur Verfügung. Ich selbst habe 135.000 USDT eingezahlt – der Rest in Höhe von 95.000 USDT wurde mir von &bdquo;Frank Schneider“ geliehen – er zahlte selbst diese 95.000 USDT direkt auf meinen Account bei TWAAO ein“ , erzählt er.

Durch den Börsengang des Coins sei sein Vermögen bei TWAAO auf über eine Million Dollar - &bdquo;auf dem Papier!“ angewachsen - er habe dann eine Auszahlung von 200.000 Dollar beantragt - dies sei ihm jedoch mit wechselnden Begründungen verweigert worden. Gleichzeitig forderte Frank Schneider sein Geld zurück - die Whatsapps gingen hin und her.

Am 17. Februar 2025 - so die Nachricht im Whatsapp-Chat - sollten die 200.000 USDT endlich ausgezahlt werden. &bdquo;Am Sonntag, 16. Februar, gab es eine wichtige Mitteilung in der Börse, die wiederum die Auszahlungsankündigung wieder einkassierte. Jetzt verlangte die Börse von mir eine Einzahlung von fünf Prozent meines Vermögens aus fadenscheinigen Gründen“, erzählt der Rentner. &bdquo;Ich dachte, mir zieht es den Boden unter den Füßen weg“, erinnert sich seine Frau. Inzwischen schwante dem Ehepaar, dass da irgendetwas nicht in Ordnung sein konnte.

Gütersloher ist nun Teil einer neuen Whatsapp-Gruppe Kah weigerte sich, weiteres Geld zu zahlen. &bdquo;Auf der Web-Seite der Börse TWAAO waren meine Daten plötzlich nicht mehr zu sehen, mein Account wurde gelöscht“, erinnert er sich. Auch aus der Whatsapp-Gruppe wurde er entfernt. Franz Kah erstattete Anzeige und zahlte noch weitere 5.000 Euro an einen IT-Forensiker, der die kompletten Geldflüsse und dazugehörigen Konten dokumentierte. &bdquo;Die Informationen habe ich alle der Polizei übergeben“, so Kah.

Dort ist man im Bilde - Kah ist nicht der Erste. &bdquo; Aus dem Jahr 2025 liegen der hiesigen Dienststelle aktuell cirka 100 Strafanzeigen vor. Dabei handelt es sich um Geschädigte aus dem Bereich OWL, da die Straftaten der geschilderten Vorgehensweise im Kriminalkommissariat KK 23 (zuständig für Wirtschaftskriminalität) des Polizeipräsidiums Bielefeld zentral bearbeitet werden“, teilt die Polizeipressestelle in Bielefeld mit. Es sei aber davon auszugehen, dass einzelne Verfahren auch in den Kreispolizeibehörden bearbeitet werden. &bdquo;Die genutzten Plattformen und Kontaktwege sind unterschiedlich“, heißt es bei der Polizei.

Inzwischen hat Kah eine neue Whatsapp-Gruppe - mit Opfern des Kryptobetrugs wie er. Alle lassen sich anwaltlich beraten, entweder wie er in München von Marc Maisch oder bei Martin Wehrmann in Hannover. Letzterer informiert sogar auf seiner Homepage über das Thema: &bdquo; TWAAO zeigt alle Merkmale einer betrügerischen Plattform, die Anleger mit hohen Renditen ködert, sie dann jedoch mit immer neuen Forderungen von einer Auszahlung abhält. Der Einstieg erfolgt oft über WhatsApp-Gruppen, in denen angebliche Experten wie &bdquo;Prof. Frank Schneider“ oder &bdquo;Prof. König“ das Vertrauen der Teilnehmer gewinnen. Anfangs sind die Beträge klein, und durch vermeintlich erfolgreiche Trades werden erste Gewinne vorgegaukelt, um die Illusion einer seriösen Plattform aufrechtzuerhalten.“

Auch die Verbraucherzentrale Güterslog warnt vor Kryptobetrug Wehrmann, bei dem sich nach eigenen Angaben auch schon mehr als 100 abgezockte Anlegerinnen und Anleger gemeldet haben, führt weiter aus: &bdquo; Spätestens beim Wechsel zu ICOs oder größeren Investitionen beginnt das eigentliche Betrugssystem: Hohe Renditen werden auf dem Konto angezeigt, doch sobald eine Auszahlung beantragt wird, folgen neue Hürden.

Mal ist es eine &bdquo;Verifikationsgebühr“, mal ein &bdquo;Creditscore-Ausgleich“ oder eine Zahlung für den &bdquo;VIP-Status“, um eine angebliche Warteliste bei TWAAO zu umgehen. Diese Forderungen erscheinen willkürlich, haben aber alle dasselbe Ziel – den Anleger zu weiteren Einzahlungen zu bewegen, ohne dass er je sein Geld zurückbekommt.“

Auch bei der Verbraucherzentrale in Gütersloh kennt man ähnliche Fälle. &bdquo;Bei uns melden sich leider immer wieder Verbraucher, die auf digitale Betrugsmaschen hereingefallen sind und zum Teil fünfstellige Beträge verloren haben. Dabei geht es teilweise auch um Kryptowährungen, insbesondere um Bitcoin“, sagt der Geschäftsstellenleiter Julian Lambracht. Generell würden sich Kryptowährungen aufgrund der hohen Kursschwankungen nicht für eine strategische Geldanlage eignen. &bdquo;Investieren Sie nur das Geld, dessen Verlust Sie verkraften können“, rät er.

Gütersloher muss sich möglicherweise einen Job suchen Beim Thema Kryptowährungen sollte man sich zudem über die technischen Voraussetzungen und deren Risiken im Klaren sein und ferner berücksichtigen, dass nicht alle Anbieter seriös seien und auf Trading- und Handelsplattformen leider auch Betrüger unterwegs sein könnten. &bdquo;Auch prominente Werbeträger bieten keine Gewähr für Seriosität und erst recht nicht für die Eignung eines Finanzproduktes“, gibt er zu bedenken. Es könne durchaus sein, dass deren Name ohne deren Wissen benutzt werde.

Das kann Kah bestätigen - immer wieder stößt er bei Facebook auf Anzeigen, die Finanzexpertise anbieten. &bdquo;Die machen genauso weiter“, sagt er kopfschüttelnd - nur nennen sie sich dann beispielsweise &bdquo;Schubert Finanzakademie“. Ein wenig Hoffnung hat er noch, dass die Verbrecher, die sich hinter &bdquo;Frank Schneider“ verbergen, identifiziert werden können und er wenigstens einen Teil seiner Altersvorsorge zurückbekommt. Und wenn nicht? &bdquo;Ich werde mir jetzt wohl wieder einen Job suchen müssen“, sagt der 72-Jährige.

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