Gefängnisprojekt mit Herz: Häftlinge der JVA Herford geben Hühnern ein neues Zuhause

Herford. Fröhliches Gegacker erfüllt den Innenhof der Justizvollzugsanstalt Herford. &bdquo;Mucki", so nennen alle den Hahn, hat seine Hennen um sich geschart. Alle nehmen ein Bad in der Mittagssonne, breiten ihre Gefieder aus und genießen den Tag. Doch die Szenerie hat an diesem speziellen Ort natürlich einen ernsten Hintergrund.

Die Hühner, die es seit rund 15 Jahren hinter den Gefängnismauern gibt, werden von Insassen betreut. &bdquo;Das ist eine arbeitstherapeutische Maßnahme", erläutert der zuständige Betriebsleiter Thomas Brandt im Gespräch mit der Neuen Westfälischen.

Die Betreuung der sechs Hennen und des Hahns übernehmen vor allem sehr junge JVA-Insassen im Alter von etwa 14 und 15 Jahren, die Probleme mit der sozialen Kompatibilität haben. Sie sind nicht selten psychisch auffällig, wie Brandt erläutert. &bdquo;Die Jungs haben wenig Anerkennung." Ihre Aufmerksamkeitsspanne sei zudem recht kurz. &bdquo;Oft sind sie nach zehn Minuten ausgepowert." Viele hätten schon einmal auf der Straße gelebt und hätten kein Zeitgefühl.

Lernen durch den Umgang mit Tieren Durch die Betreuung der Hühner lernen die jungen Häftlinge, Verantwortung zu übernehmen. &bdquo;Das sind ganz liebe Tiere", sagt Patrick, einer der Insassen, die sich entschieden haben, in diesem Projekt mitzuarbeiten. An der Arbeit schätzt er besonders, &bdquo;dass man den Umgang mit Tieren lernen kann."

Erst seit einer Woche ist der junge Mann in das Projekt integriert. Doch man merkt schon, dass ihm die Arbeit Freude macht und er recht schnell gelernt hat, wie man sich den Hühnern nähern muss: mit möglichst großer Ruhe, wie Brandt erläutert.

Langsam streckt Patrick einem der Hühner seine Hand mit einem Brotkrümel entgegen. Das Seidenhuhn lässt sich nicht lange bitten und pickt den leckeren Krumen vorsichtig aus seiner Hand. &bdquo;Es finden sich immer welche, die das machen wollen", berichtet Brandt. Die Jungs lernten in der Regel schnell, welches die beste Art ist, sich den Hühnern zu nähern. Sei man dabei zu hektisch, liefen sie zur Seite weg.

Kurioses aus dem JVA-Innenhof Heute ist auch der Umgang mit dem Hahn leichter geworden, berichtet Brandt. Der Kammträger aus der Sorte der Seidenhühner ist bedeutend ruhiger als sein Vorgänger, ein schwedischer Blumenhahn. Dieser wurde wegen seines großen Temperamentes denn auch &bdquo;Torpedo" getauft. Doch &bdquo;Mucki" ist &bdquo;einfach nur lieb", wie der Betriebsleiter betont.

In einem kleinen Beet, gleich neben dem Eingang zum überdachten Teil der ATM 1, haben die Hühner ein Nest gebaut, in dem sie ein paar braune Eier abgelegt haben. Beim Blick hinein gibt es eine Überraschung: Auch ein grünes Ei hat sich dort eingefunden. Wie das kommt? Brandt klärt auf: Hier haben Enten ebenfalls ein Ei &bdquo;hinzugeschmuggelt". Diese finden sich des Öfteren im JVA-Innenhof ein, auf dem Luftwege natürlich. Nun werden die Eier abwechselnd von Hühnern und Enten ausgebrütet.

Jüngst gab es durch den Entenbesuch auch viel Aufregung in der JVA. Denn diese brüteten ihren Nachwuchs in einem Gelege aus, das das Entenpaar auf einem Flachdach gebaut hatte, in dem Garagen untergebracht sind. Brandt musste den piepsenden, hilflosen Nachwuchs erst mal aus seiner misslichen Lage befreien und per Leiter auf den Erdboden zurückholen.

Regeln und Routine im Umgang mit den Tieren Für den Umgang der JVA mit den Hühnern gilt eine eiserne Regel. &bdquo;Die Tiere müssen alles freiwillig machen", sagt Brandt. Gelegentlich lässt sich eines der Hühner auch mal von einem Gefangenen auf den Arm nehmen. Sind die Tiere aufgeregt, machen sie allerdings auch schon mal Krach und können vor allem schnell ausweichen. Die Futtertränke und das Futtersilo im überdachten Gehege sorgen dafür, &bdquo;dass sie auch mal übers Wochenende alleine bleiben können", wie Brandt berichtet, der seit gut fünf Jahren in der Arbeitstherapie arbeitet und seit mehr als 25 Jahren in der JVA Herford ist, zuvor in der Gärtnerei.

Anfangs, berichtet der Betriebsleiter, sei es einigen der Häftlinge etwas peinlich gewesen, sich auf die Arbeit mit den Hühnern einzulassen. Doch dann habe es immer mehr Nachfragen gegeben und &bdquo;das Thema wurde interessant". Die Hühner &bdquo;brauchen keine Angst zu haben, dass sie in den Suppentopf kommen", wie es Brandt formuliert. Sie können ihr Hühnerleben, das bis zu acht Jahre dauern kann, komplett in der JVA verbringen.

Auch eine Katze und ein Therapiehund leben in der JVA, wie Nicole Sonnenbaum, Pressesprecherin der JVA Herford, berichtet. Aktuell seien von den 353 Plätzen in dem Jugendgefängnis 223 Plätze belegt. Derweil beweisen die Hühner, dass sie in dem großen Innenhof der JVA viel Auslauf haben, der auch reichlich genutzt wird. Das Sonnenbad geht weiter, während sich hinter den Mauern der Haftanstalt die Insassen auf die Mittagspause einstellen.

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