Länder kündigen Widerstand an: Dünnes Eis für Merz und Klingbeil

Düsseldorf/Berlin. Der Druck auf Bundeskanzler Friedrich Merz kommt von allen Seiten: aus den eigenen Reihen, dem Inland, dem Ausland. Und jetzt stehen auch schon erste Bundesländer quer im Stall. Es geht um viel Geld.

Eigentlich ist die Rollenverteilung recht klar. Die Regierungschefs der Länder sind in Deutschland in vielen Fällen von der Bundesregierung abhängig. Die entscheidet über zahlreiche Projekte und darüber, wo Gelder hinfließen. Doch auch die Länder haben eine Handhabe. Im Bundesrat, also der Länderkammer, können sie bestimmte Gesetzesvorhaben und Projekte der Bundesregierung verhindern. Das könnte künftig immer mal wieder der Fall sein. Dafür gibt es nun erste Anzeichen – und das, obwohl die neue Bundesregierung gerade erst richtig startet.

Konkret geht es um die geplante Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie (von 19 auf 7 Prozent) sowie die anvisierte Erhöhung der Pendlerpauschale. Beides haben Union und SPD angekündigt. Doch die Länder fürchten jetzt, dass sie das finanziell arg belasten wird. Der Grund: Die niedrigere Mehrwertsteuer dürfte die Staatskasse in den nächsten vier Jahren schätzungsweise rund 15 Milliarden Euro kosten – und die Pendlerpauschale acht Milliarden Euro.

Bundesprojekte würden die Länder mit Milliarden belasten Das hätte finanzielle Auswirkungen auf die Länder, da diese an den Einnahmen durch die Mehrwertsteuer zur Hälfte beteiligt werden. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, würden von den 23 Milliarden Euro Mehrkosten (Mehrwertsteuer Gastro + Pendlerpauschale) rund 12,5 Milliarden bei den Ländern und Kommunen hängen bleiben. Und Pläne für eine Reform der Einkommenssteuer sowie die Senkung der Körperschaftssteuer würden weitere Einschnitte bedeuten.

Erste Länderminister machen jetzt klar, dass sie diesen Weg nicht mitgehen würden. Den Auftakt bildete kürzlich NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk, als er in einem Interview mit der WAZ daran erinnerte, dass es &bdquo;keinen Automatismus“ dafür gebe, dass auf Bundesebene beschlossene Erhöhungen wie die Pendlerpauschale aus den Länderhaushalten mitbezahlt würden. &bdquo;Wer eine Steuerrechtsänderung anschiebt, ist nun in der Pflicht, für die finanziellen Auswirkungen aufzukommen. Anders ausgedrückt: Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“, sagte Optendrenk.

Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) ergänzte daraufhin gegenüber der SZ, dass das Land Berlin insbesondere solchen Maßnahmen wie &bdquo;die Einnahmen weiter verringern“, nicht ohne Weiteres zustimmen könne. Hamburger Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) bezeichnet die Erhöhung der Pendlerpauschale gegenüber der Zeitung als echten &bdquo;Fehlanreiz“ – und auch die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie hat aus seiner Sicht keine Priorität. Ähnliche Töne kommen aus Baden-Württemberg, Bremen und Schleswig-Holstein.

Länder senden eine Botschaft an Merz und Klingbeil Im Prinzip senden die Länder damit eine Botschaft und pochen auf eine Absprache, die sich im Fachjargon Konnexitätsprinzip nennt. Demnach muss die Ebene, die finanzielle Mehrbelastungen beschließt, für diese auch aufkommen. Das gilt bereits zwischen Land und Kommunen. Künftig soll dieses Verhältnis aber auch zwischen Bund und Ländern gelten, so haben es Union und SPD im Koalitionsvertrag festgehalten. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bezeichnet diesen Schritt als &bdquo;Meilenstein“.

Die ersten Reaktionen aus den Ländern zur Pendlerpauschale und Mehrwertsteuer zeigen jedoch, dass Landespolitiker dem Braten offenkundig nicht so recht trauen. Für Merz und seinen Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) ist das eine klare Warnung. Die Koalition verfügt im Bundestag über eine dünne Mehrheit von 12 Stimmen. Im Bundesrat besteht für die Koalition nun zusätzlich das Risiko, dass sich Länder mit Grünen-Beteiligung wie Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg bei Abstimmungen enthalten oder dagegen stimmen könnten. Deshalb brauchen Merz und Klingbeil auch dort mindestens die Geschlossenheit aus den eigenen Reihen. Und dafür werden sie in den nächsten Jahren eine Menge Geld auf den Tisch legen müssen.

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