Mann bricht im Kreis Gütersloh plötzlich zusammen – Passant rettet ihm das Leben

Schloß Holte-Stukenbrock. Ein Mann bricht zusammen und schwebt in Lebensgefahr. Ein Passant, der den hilflosen Senior bemerkt, handelt sofort. Der Puls ist kaum noch spürbar. Als die Atmung des Seniors aussetzt, reanimiert der Passant den Mann und holt ihn zurück ins Leben.

Als Held fühlt sich der Passant trotzdem nicht. &bdquo;Ich habe eigentlich nur das gemacht, was jeder in so einer Situation machen sollte“, sagt er im Gespräch mit der &bdquo;NW“. Arzt Bernd Strickmann bekräftigt, wie wichtig schnelles Handeln ist und will potenziellen Helfern die Angst nehmen: &bdquo;Man kann nichts falsch machen.“

&bdquo;Habe das Zeitgefühl verloren“, sagt er über die Reanimation Der Lebensretter unterhält sich zwischen Parkplatz und Tankstelle Schniedermann noch mit einem Freund, als beide plötzlich ein lautes Klatschen hören. &bdquo;Ich habe gleich vermutet, dass ein Körper auf den Boden gefallen ist“, sagt der Retter. Er schaut sich um und sieht einen Kopf und einen Arm neben einem geparkten Auto liegen. Seinen Freund weist er an, sofort den Notruf 112 zu verständigen. Er selbst läuft zu dem Mann und trifft auf einen regungslosen Körper.

Er spricht den Senior an und rüttelt ihn. Keine Reaktion. Weil auch die Atmung ausgesetzt hat, zögert er nicht und beginnt mit der Herzdruckmassage im Wechsel mit Mund-zu-Mund-Beatmung. Vielleicht zwei Minuten lang, schätzt der Retter. &bdquo;Ich habe in dem Moment das Zeitgefühl verloren“, sagt er. Bis der Senior sich regt, würgt, erbricht – und endlich atmet.

Der Retter bleibt bei ihm, bringt ihn in die stabile Seitenlage und hält seinen Kopf. Dann treffen zwei weitere Helfer ein und unterstützen ihn. Sie sind über die Mobile-Retter-App des Kreises Gütersloh alarmiert worden. Kurz darauf ist der Rettungswagen da. Die Profis übernehmen.

Bereits nach drei Minuten sterben die ersten Hirnzellen ab Der Puls des Seniors liegt bei nur 30 Schlägen, die Notfallsanitäter verabreichen ein herzschlagbeschleunigendes Medikament und fahren den Patienten in eine Bielefelder Klinik. Sein Zustand ist derzeit stabil. Die Ärzte nennen der Tochter eine Herz-Rhythmus-Störung als Ursache für den Zusammenbruch.

Bernd Strickmann ist Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Kreis Gütersloh und dankbar für jeden Ersthelfer. Denn die Zeit spielt eine entscheidende Rolle. Es gilt, gerade die ersten Minuten zu überbrücken, bis weitere Hilfe eintrifft. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand wird das Gehirn nicht mehr mit Sauerstoff versorgt.

Nach ungefähr drei Minuten sterben die ersten Hirnzellen ab. Je länger dieser Zustand anhält, desto schwerwiegender sind die Folgeschäden. In 81 Prozent der Fälle schaffen es die Rettungskräfte im Kreis Gütersloh innerhalb von acht Minuten zum Einsatzort. Ein Wert, der für einen Flächenkreis sehr gut ist, findet Strickmann.

Rhythmus von bekanntem Song kann als Orientierung dienen Fast täglich muss ein Mensch im Kreis Gütersloh wiederbelebt werden. Nur 40 Prozent der Patienten schafft es ins Krankenhaus, aber auch dort sterben viele. &bdquo;Doch von den lebend Entlassenen sind mehr als 80 Prozent in einem guten Zustand und verlassen das Krankenhaus aufrecht. Je öfter und je schneller ein Wiederbelebungsversuch gestartet wird, desto größer wird die Zahl derer, die das Ereignis gut überleben.“

Bernd Strickmann erklärt, dass Beatmen bei Erwachsenen für die Dauer von einigen Minuten nicht notwendig sei (für Kinder gilt das nicht). Viele haben das noch anders vor Jahren in ihrem Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein gelernt. Dennoch: Das im Körper zirkulierende Blut beinhaltet ausreichend Sauerstoff. Wenn das Herz es aber nicht mehr selbst ins Gehirn pumpen kann, wird eine Herzdruckmassage notwendig.

Und da muss nicht mehr zentimetergenau gemessen werden, wo das Herz liegen könnte. &bdquo;Einfach die Handflächen mittig zwischen den Brustwarzen ansetzen und kräftig so tief wie möglich drücken“, empfiehlt Strickmann. Bestenfalls zweimal pro Sekunde. Als Hilfestellung kann der Rhythmus des Songs &bdquo;Stayin’ alive“ der Bee Gees dienen.

&bdquo;Alles ist besser, als nichts zu tun“, sagt der Fachmann Der Arzt weiß, dass Menschen mitunter Angst davor haben, als Ersthelfer etwas falsch zu machen und dem Bedürftigen womöglich Schaden zuzufügen. &bdquo;Alles ist besser, als nichts zu tun“, sagt Strickmann. Auch wenn es bei der Herzdruckmassage mal knackt. &bdquo;Ein Rippenbruch heilt, ein Hirnschaden nicht.“

Er findet, dass typische Erste-Hilfe-Kurse inhaltlich überfrachtet sind. Es werden viele verschiedene Notfälle angesprochen, dabei könnte man sich auf die Szenarien fokussieren, bei denen es wirklich um Leben und Tod gehe. Die beschriebene Herzdruckmassage ohne Beatmung ist ebenfalls ein Schritt in die Vereinfachung.

Und es gibt weitere Möglichkeiten, Ersthelfer zu unterstützen. Schließlich werden mehr als die Hälfte der Reanimationen vor Eintreffen des Rettungsdienstes begonnen. In anderen Ländern ist die Quote höher, auch weil Erste Hilfe präsenter im Schulunterricht und in der gesamten Gesellschaft ist. Bernd Strickmann verweist auf die Telefon-Reanimation. Dabei werden Ersthelfer nach der Wahl der 112 am Telefon angeleitet, was zu tun ist.

Beherztes Eingreifen hat mutmaßlich ein Leben gerettet Ein anderer Mechanismus ist das Mobile-Retter-System, das im Kreis Gütersloh erfunden wurde und mittlerweile bundesweit Nachahmung findet. Der Gedanke: Menschen, die medizinisch geschult sind, können sich eine App aufs Handy laden und werden gleichzeitig mit dem Notruf alarmiert, sofern sie in der Nähe des Geschehens sind.

Auf diese Weise wurden auch die beiden Helfer benachrichtigt, die dem Ersthelfer im Schloß Holte zur Seite standen. Etwa 900 mobile Retter sind im Kreis Gütersloh registriert. Leider wird bundesweit nicht dieselbe App verwendet – das verhindert Synergien.

Auch eine Auffrischung der Ersten Hilfe hält Bernd Strickmann für angebracht. Der Lebensretter in Schloß Holte hatte seine zuletzt vor Jahrzehnten. Trotzdem hat sein beherztes Eingreifen wohl ein Leben gerettet.

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