Viermal wiederbelebt: Junge Frau aus Verl erleidet plötzlichen Herzstillstand

Schloß Holte-Stukenbrock/Verl. Jill Friedrichs ist eine lebensfrohe junge Frau. Vor einem halben Jahr hat sie ihr Studium aufgenommen, gerade ist sie mit ihrem Freund in eine gemeinsame Wohnung in Kaunitz gezogen. Wer die 22-Jährige aus Schloß Holte-Stukenbrock im Kreis Gütersloh erlebt, würde kaum vermuten kommen, dass das Leben der jungen Frau mehrfach am seidenen Faden gehangen hat.

Was am 27. Oktober 2023 geschehen ist, erinnert zunächst an die emotionalen Bilder des dänischen Fußball-Nationalspielers Christian Eriksen. Während des Europameisterschaftsspiels gegen Finnland im Juni 2021 brach der damals 29-Jährige plötzlich auf dem Rasen zusammen, erlitt einen plötzlichen Herztod. Durch Herzdruckmassage und den Einsatz eines Defibrillators konnte er wiederbelebt werden.

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Und doch ist die Situation mit der von Jill Friedrichs, deren Herz ebenfalls plötzlich stehen blieb, nur in Teilen vergleichbar, denn anders als beim Fußballstar konnten bei der Schloß Holterin die Gründe bis jetzt nicht ermittelt werden. Genau das macht den Fall so einzigartig.

22-Jährige kippt nach dem Abendessen plötzlich um Am Tag des Unglücks hatte sich Jill Friedrichs mit ihrem Freund Frederick Schröter in der Nähe des Pollhansplatzes zum Abendessen verabredet. Dass es Käsewürstchen mit Rotkohl gab, daran kann sie sich noch erinnern und dass währenddessen das Fernsehprogramm lief. &bdquo;Nach dem Essen haben wir auf dem Sofa gesessen und weitergeschaut.“

Plötzlich sei seine Freundin umgekippt, erzählt Frederick Schröter vom Moment, den er zunächst nicht ernst nahm. &bdquo;Ich habe gedacht, sie macht Spaß, dass plötzlich das Herz stehen bleibt, davon geht man ja nicht aus.“

Als er merkte, dass Jill Friedrichs auf seine Ansprache nicht reagierte, sie keine Reaktionen zeigte, wurde er aktiv. Mund-zu-Mund-Beatmung, Herzmassage. Das habe er zwar im Erste-Hilfe-Kurs gelernt, &bdquo;es real anzuwenden, ist aber eine ganz andere Situation“, sagt der 26-Jährige.

Parallel rief er Jills Mutter Anne und den Krankenwagen. &bdquo;Sie haben mich immer wieder gefragt, ob sie atmet“, erinnert er sich an die Ausnahmesituation. Gleichzeitig mit dem Notarzt waren mobile Retter aus Sende vor Ort.

Junge Frau wird 25 Minuten lang reanimiert 25 Minuten lang wurde Jill Friedrichs reanimiert. Dreimal wurde geschockt, erst beim vierten Mal hieß es: &bdquo;Wir haben sie zurück.“ Neben Anne Friedrichs, die selbst mobile Retterin beim Kreis Gütersloh ist, hatten sich andere Verwandte auf den Weg gemacht und mussten erleben, dass Jill Friedrichs vor der Haustür noch einmal reanimiert werden musste und zwei weitere Male im Krankenhaus.

Anne Friedrichs wich ihrer Tochter, die zunächst in ein künstliches Koma versetzt wurde, zwei Wochen lang Tag und Nacht auf der kardiologischen Intensivstation nicht von der Seite. Ihre Schwester Vivien war dabei, als sie erstmals wieder wach wurde. &bdquo;Niemand wusste, wie lange das Gehirn ohne Sauerstoff gewesen ist“, schildert Anne Friedrichs.

Deshalb sei der Körper ihrer Tochter auf 35 Grad heruntergekühlt worden. Eine Lungenentzündung folgte, die Dialyse wegen einer Blutvergiftung, eine Rippenfellentzündung und schließlich auch noch eine Corona-Infektion.

Zwei Jahre lang muss sie eine &bdquo;Life-Vest“ tragen Im April 2020 war Jill Friedrichs schon einmal ohnmächtig geworden, hatte starke Herz-Rhythmus-Störungen. Auch damals konnte in der Klinik kein Grund ausgemacht werden. &bdquo;Jedes Detail ihres Körpers ist gesund“, bestätigt Anne Friedrichs. Auch für eine Herzmuskelentzündung gebe es keinen Beleg.

Die damals 17-Jährige wurde mit einer Art Defibrillator entlassen. Zwei Jahre lang musste sie eine &bdquo;Life-Vest“, eine Weste mit Dioden, die den Herzschlag messen, tragen. &bdquo;Das war ganz schlimm“, erinnert sich die ansonsten positiv gestimmte junge Frau. &bdquo;Bei jedem Sprint hat es gepiept.“

Ein Jahr lang setzte sie mit der Schule aus. Dank der Medikamentengabe seien die Rhythmusstörungen besser geworden. Auch ist ihr ein Defibrillator eingesetzt worden, der sie künftig schützen soll.

Sorge, dass auch Schwester betroffen ist Jill Friedrichs, die es ihrem Freund, den mobilen Rettern und dem Notarztteam zu verdanken hat, dass sie weiterleben darf, hat sich zurückgekämpft. Heute sagt sie: &bdquo;Meinem Herzen geht es gut.“

Und doch schwingt auch bei ihrer Familie immer die Sorge mit, dass womöglich auch die Schwester als Blutsverwandte betroffen sein könnte. Umso wichtiger sei eine genetische Untersuchung, sagt Anne Friedrichs. Nach wie vor ist die Hoffnung groß, dass eine Ursache ermittelt werden kann.

Mobile Retter sind schnell vor Ort Das System der &bdquo;Mobilen Retter“ ist in Gütersloh entwickelt worden. &bdquo;Im Jahr 2013 war der Kreis Gütersloh der erste Rettungsdienstbereich, in dem es eingeführt worden ist“, berichtet der Ärzliche Leiter Bernd Strickmann. Eingesetzt werden insbesondere Personen mit medizinischer Ausbildung oder Einsatzerfahrung, wie etwa Polizisten oder Aktive der Freiwilligen Feuerwehr. Aktuell gibt es im Kreis Gütersloh rund 900 Mobile Retter. Alarmiert werden immer zwei Personen, und zwar jene, die den Einsatzort am schnellsten erreichen können. Die Mobilen Retter werden immer dann aktiviert, wenn es sich um eine bewusstlose Person mit dem Verdacht auf Herzkreislaufstillstand handelt, nicht aber bei ansprechbaren Patienten, die einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben. Wird die 112 gewählt und ein Herzkreislaufstillstand vermutet, werden die Mobilen Retter automatisch informiert. Nur bei einem Prozent der Notfälle handelt es sich um einen Herzkreislaufstillstand.

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