Kritik an „Malle am Markt“ um Gina-Lisa Lohfink und Micaela Schäfer in Minden

Minden. Sie hängen überall verteilt in der Innenstadt und legen den Fokus vor allem auf die tiefen Dekolletés zweier Frauen. Die Werbeplakate zeigen Gina-Lisa Lohfink und Micaela Schäfer. Beide sind bekannt aus unterschiedlichen Reality- und Trash-TV-Formaten und zeigen sich häufig freizügig. In Minden treten sie am Freitag, 20. Juni, bei der Veranstaltung &bdquo;Malle am Markt“ auf. D

as Mallorca-Festival wird von verschiedenen Gastronomen am Markt zusammen mit der Minden Marketing GmbH organisiert. Doch schon im Vorfeld des &bdquo;Ballermann-Events“ gibt es reichlich Kritik von unterschiedlichen Seiten - auch im Rathaus ist die bereits angekommen.

Was wird kritisiert? Sabine Meier-Zingler ist eine von denjenigen, die sich in der vergangenen Woche empört an die Verwaltung und konkret die Gleichstellungsbeauftragte gewandt hat. Die Mindenerin empfindet das Werbeplakat als sexistisch, diskriminierend, frauenfeindlich und nicht zeitgemäß. Sie habe lange in Berlin gelebt und ist der Meinung, dass selbst dort kein Bezirk eine solche Plakatierung genehmigt hätte. &bdquo;Es geht nur darum, Brüste zu präsentieren, damit kann eine offizielle Seite nicht werben“, meint Meier-Zingler. Sie stört vor allem, dass die Minden Marketing (MMG) an der Aktion beteiligt ist.

Die MMG, bei der die Stadt Minden Mehrheitsgesellschafterin ist, bewirbt die Veranstaltung auch in den sozialen Medien. Kein anderes Event hat in der Vergangenheit für mehr Kommentare gesorgt. Inzwischen haben auf der Facebook-Seite mehr als 100 Nutzer ihre Meinung abgegeben. Die meisten sind eher kritisch eingestellt. &bdquo;Ich frag mich, was Minden sich dabei gedacht hat“, schreibt Nicole Knöß. Ein weiterer User, Christoph Henneböele, meint: &bdquo;Pornofestival scheint der passendere Name ... Mit Ballermannfeeling hat das bei den Acts jedenfalls wenig zu tun.“ Er spielt darauf an, dass Lohfink und Schäfer bereits Gesichter der Erotik-Messe Venus waren. Nacktmode ll Schäfer verdient ihr Geld neben DJane-Auftritten über Erotik-Bezahlplattformen.

Auch die feministische Gruppe &bdquo;Die Flint*e“ äußert sich zu dem Malle-Festival: &bdquo;Dass der männliche Sänger bekleidet ist und die Frauen nur in Unterwäsche dargestellt werden, ist insbesondere fragwürdig.“ Dass es sich eigentlich um eine Musikveranstaltung handele , sei durch das Plakat kaum zu erkennen.

Generell sieht die Gruppe das Event kritisch. &bdquo;Veranstaltungen, bei denen viel Alkohol getrunken wird, eine enthemmte Stimmung herrscht und dazu Lieder mit sexistischen Textstellen gesungen werden, stellen immer ein Sicherheitsrisiko für Frauen dar“, heißt es. Das lasse sich an der steigenden Zahl an Sexualstraftaten am &bdquo;Ballermann“ oder auf dem Oktoberfest erkennen. Lohfink veröffentlichte 2017 gemeinsam mit Sänger Lorenz Büffel das Lied &bdquo;Gina Lisa“, das hauptsächlich aus folgender Textzeile besteht: &bdquo;Komm und spiel’ mit deinen Glocken, Gina-Lisa, oh, Gina-Lisa“.

Auch vor diesem Hintergrund plädiert Flint*e für ein gut durchdachtes Sicherheitskonzept. &bdquo;Es wäre von Vorteil ein Safe-Space (siehe Oktoberfest) einzurichten und ein Awareness-Team zu beauftragen, das während der Veranstaltung erkenntlich für Sicherheit sorgt und damit ansprechbar ist“, fordern die Feministinnen.

Stadt distanziert sich von Plakaten Auch die Mindener Stadtverwaltung distanziert sich auf Nachfrage von der Werbung. Sie entspreche nicht den Grundsätzen einer diskriminierungssensiblen und geschlechtergerechten Öffentlichkeitsarbeit, wie sie von der Stadt Minden aktiv verfolgt und vertreten werde. &bdquo;Die sexualisierte Darstellung weiblicher Körper trägt zur Reproduktion von Rollenbildern bei, in denen Frauen über ihr äußeres Erscheinungsbild definiert werden“, so Pressesprecherin Katharina Heß.

Die Reaktionen in den sozialen Netzwerken würden zeigen, wie schnell eine bestimmte Bildsprache in einem sexualisierten Kontext interpretiert werde, ungeachtet der ursprünglichen künstlerischen Intention. &bdquo;Diese Kommentare schaden nicht nur dem Ansehen der Veranstaltung selbst, sondern auch dem Ruf der Stadt Minden und ihrer Institutionen.“ Die Werbung stehe nicht im Einklang mit den Werten, die die Stadt Minden in ihrer öffentlichen Kommunikation vertreten wolle. &bdquo;Wir appellieren daher an die Veranstalter und die beteiligten Akteure, künftige Werbemaßnahmen unter Berücksichtigung dieser Aspekte zu gestalten.“

Das sagen die Veranstalter Besonders glücklich mit der ganzen Sache ist auch der Geschäftsführer der Minden Marketing, Jörg-Friedrich Sander, offenbar nicht: &bdquo;Ich kenne die Künstlerinnen nicht, würde sie wahrscheinlich nicht buchen und mir war auch nicht bewusst, dass sie sich freizügig zeigen.“ Sander sagt, er wolle sich nicht aus der Verantwortung stehlen, verweist aber darauf, dass Minden Marketing &bdquo;Malle am Markt“ nicht organisiert hat. &bdquo;Das Event beruht auf einer Initiative der Gastronomen am Markt.“

Er habe das Signal erhalten, dass sich eine solche Veranstaltung wirtschaftlich lohnen würde. &bdquo;Wir stellen das Sicherheitskonzept dafür - den Rest machen die Gastronomen, städtisches Geld fließt nicht in die Veranstaltung.“ Er sei generell froh, dass Gastronomen Impulse setzen und die Veranstaltung organisieren. &bdquo;Malle am Markt“ zählt zu den fünf Events, die unter dem Motto &bdquo;Mittsommer“ am Wochenende vom 20. bis 22. Juni 2025 stattfinden. Ziel sei gewesen, die Bühne neben dem Open-Air-Abend &bdquo;Summer Base“ am Samstag auch am Freitag zu nutzen, meint Sander.

Das bestätigt auch Patrick Zander von der Gastronomie L.A. Basta. Er hat &bdquo;Malle am Markt“ hauptsächlich organisiert und seine Kontakte spielen lassen. Gemeinsam mit Gina-Lisa Lohfink hat er einen Podcast , auch Micaela Schäfer kenne er bereits länger. Konkrete Details zu den Gagen möchte er nicht nennen, sagt aber, dass sie im vierstelligen Bereich liegen. &bdquo;Wir hätten gerne Mickie Krause gebucht, aber 12.000 Euro können wir nicht zahlen.“ Die Gastronomen wollen die Gagen aus den Erlösen der Getränke bezahlen.

Die Kritik an der Veranstaltung kann Zander nicht nachvollziehen. Er rechnet mit 1000 bis 2000 Besuchern und möchte eine junge Zielgruppe ansprechen. &bdquo;Für die gibt es ohnehin wenige Angebote in der Stadt. Außerdem haben wir in diesem Jahr weder ein Freischießen noch eine Jazz Summer Night.“ Das Event passt seiner Meinung nach in die Zeit. &bdquo;Gerade waren alle heimischen Fußballvereine am Ballermann und auch das Festival &bdquo;Machma Lauda“ in Hille zieht Tausende Menschen an.“

Micaela Schäfer empfindet er als sehr professionell. &bdquo; Sie macht genau das, wofür sie gebucht wird. Wenn jemand einen Skandal will, liefert sie den.“ In Minden sei der aber nicht geplant . &bdquo;Hier wird sie erst ab 0 Uhr auflegen, da kommt es ohnehin nicht zu Problemen mit dem Kinder- und Jugendschutz“, so Zander. Schäfer hatte sich bei vorherigen Events häufiger ausgezogen. Ein freizügiger Auftritt beim Cottbuser Stadtfest mit Kindern im Publikum kam kürzlich nicht gut an.

Was genau Gina-Lisa Lohfink machen wird und ob ihr &bdquo;Glocken“-Song eine Rolle spielt, sei noch unklar. Neben den beiden Frauen sind die Künstler Dorfkind, Eddi Bock und Mallorca DJ Marci Teil des Programms.

Protagonistinnen äußern sich Und was sagen die beiden selbst zur Kritik? &bdquo; Es sind keinerlei erotische Darbietungen oder Ähnliches abgesprochen, gebucht oder geplant“, heißt es von Micaela Schäfer. Im Vorfeld dieser Veranstaltung sei mit dem Organisator ein Party-Outfit besprochen, welches zum Anlass passe und gleichzeitig dem Anspruch einer Innenstadt-Veranstaltung gerecht werde. Schäfer erklärt, dass sie aufgrund des veröffentlichten Ballermann-Songs &bdquo;Ein Gläschen am Morgen“ mit Schlagerlegende Heino hervorragend zu einer Mallorca-Party passe: &bdquo; Ich freue mich auf ein tolles Event in Minden.“

Das Management von Gina-Lisa Lohfink teilt mit, dass mit dem Organisator im Vorfeld der hohe Anspruch an die Seriosität der Veranstaltung besprochen worden sei. &bdquo;Die Gäste erwarten ein funkelndes Glitzer-Outfit und eine gut gelaunte Gina-Lisa, die als MC und Animateurin auftreten wird.“ Außerdem sei Lohfink bereits mehrmals am Ballermann aufgetreten und habe sieben Lieder veröffentlicht.

Kulturelle Wert der Lieder? Dass es sich textlich um keine Hochkultur handelt, hat auch Theaterintendantin Andrea Krauledat erkannt. Sie hat Textinhalte unter anderem von Gina-Lisa Lohfink und Dorfkind analysiert und nimmt es mit Humor: &bdquo;Da fallen ganz zentrale Schlüsselbegriffe unserer Gegenwart. Nehmen wir nur einmal den Ausdruck ’Holz vor der Hütte’. Der soll natürlich ganz klar daran erinnern, dass wir vorausschauende Energiepolitik betreiben müssten“, so die Intendantin. &bdquo;Und der immer wiederkehrende Begriff &bdquo;Glocke“ - wer denkt da nicht sofort an &bdquo;Das Lied von der Glocke“ von Friedrich Schiller. Da sehe ich doch den kulturellen Auftrag ganz klar erfüllt.“

Abseits der Ironie wirbt sie aber für mehr Toleranz - auch in dieser Sache. &bdquo;Natürlich hat das Event seine Berechtigung und ganz viele freuen sich auf den Abend. Solange es bei diesen Veranstaltungen friedlich und menschlich zugeht“, sagt Krauledat. Man komme zusammen und feiere das Leben. &bdquo;Die Toleranz in unserer Gesellschaft, dass eben unterschiedliche Menschen auch auf unterschiedliche Weise denken, feiern, ihr Leben gestalten – sollte grundsätzlich nicht verloren gehen.“

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