Mutiger Gütersloher spricht öffentlich über schlimmen Schicksalsschlag in seiner Familie

Herr Tönsfeuerborn, bei dem Nachnamen können Sie ihre Verbindung in den Kreis Gütersloh nicht wirklich leugnen, oder?

Lars Tönsfeuerborn: (lacht) Das stimmt. Ich selbst bin zwar in Warendorf geboren, habe aber später lange im Kreis Gütersloh gelebt. Erst in Rheda-Wiedenbrück und dann in Gütersloh direkt in der Fußgängerzone an der Berliner Straße. Fast meine gesamte Familie wohnt auch immer noch im Kreisgebiet. Meine Onkel, meine Tanten und meine Oma.

Sie selbst hat es mittlerweile nach Düsseldorf gezogen. Sind Sie wegen Ihrer Verwandtschaft trotzdem noch oft im Kreis Gütersloh?

Zwischendurch auf jeden Fall. Auch meine beste Freundin wohnt noch dort und ich versuche schon, alle regelmäßig zu besuchen.

Was machen Sie immer als Erstes, wenn Sie zurück in der Heimat sind?

Ich gehe immer zum Friedhof in Rheda-Wiedenbrück und besuche das Grab meiner Mutter, die dort beerdigt wurde. Das ist mein typisches Ritual. Und danach geht es natürlich zu meiner Oma.

Ihre Mutter hat sich vor 22 Jahren das Leben genommen*. Sie sprechen mittlerweile sehr offen über ihren Suizid und das Thema Depressionen. Warum haben Sie sich dafür entschieden, diesen Schicksalsschlag öffentlich zu machen?

Das Thema seelische Gesundheit ist in den vergangenen Jahren zwar sichtbarer geworden, aber noch lange nicht so sichtbar, wie es sein sollte. Wir müssen dahin kommen, dass seelische Erkrankungen so gesehen werden wie jegliche Erkältungen oder wie ein Armbruch.

Ich hatte selbst mit 22 Jahren Depressionen und habe meine Mutter daran verloren, als ich 12 Jahre alt war. Und es gibt in meinem Umkreis bis heute andere Personen, die darunter leiden. Ich möchte meine Reichweite sinnvoll nutzen. Deshalb arbeite ich zum Beispiel auch mit der Deutschen Depressionshilfe und Valeara (Anm. d. Red.: Zentren für seelische Gesundheit) zusammen. Die Krankheit muss endlich entstigmatisiert werden.

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Indem Sie so ehrlich über Ihre Erfahrungen sprechen, machen Sie sich zeitgleich aber auch angreifbar und verletzlich.

Ich habe bislang wenig schlechte Erfahrungen gemacht. Im Gegenteil. Ich erfahre sehr viel Dankbarkeit. Ich bin aber auch ganz ehrlich, negative Reaktionen wären mir egal. Wenn man sich für den Weg in die Öffentlichkeit entscheidet und auch bereit ist, solche Themen anzugehen, dann muss einem bewusst sein, worauf man sich einlässt.

Früher habe ich zum Beispiel noch stärker den Queer-Aktivismus betrieben und wesentlich mehr Anfeindungen erlebt als jetzt bei dem Thema Depressionen. Aber ich gehe diesen Kampf gerne ein.

Welchen Weg haben Sie für sich gefunden, um ihre eigene mentale Gesundheit zu bewahren?

Ich habe mir ein Netz gebaut, das mich schützt. Zum einen sind da meine Freunde, die einfach erkennen, wenn es mir nicht so gut geht und mich darauf hinweisen. Zum anderen habe ich meine Therapeutin, die ich jederzeit kontaktieren kann. Und ich habe gelernt, auch mal Nein zu sagen und mich selbst zu reflektieren. Das hilft.

<div data-app="dpa-addons" data-embed-type="iframe-dyn" data-format="webgrafik" data-src="https://embed.dpa-addons.com/items/webgrafik/aktuell/2021_12_15/coronaDepression/cont/index.html?pathSrc=aktuell/2021_12_15/coronaDepression/cont&nameCSS=style_1_2.css&versionScript=2.7&customer=redaktionsgemeinschaft-ostwestfaelisch-lippischer-verlage-gmbh-co-kg" data-path="aktuell/2021_12_15/coronaDepression/cont" data-title="Grafik der dpa: Depressionen im Corona-Jahr"> Sie sind heute viel unterwegs, machen Podcasts, nehmen an TV-Shows teil und wagen jetzt sogar den Schritt in die Politik. Wie ist es zu diesem trubeligen Leben gekommen?

Ich habe damals angefangen mit meinem Podcast &bdquo;schwanz und ehrlich“. Das war ein Aufklärungspodcast über schwulen Sex, mit dem wir sehr viel bewegt haben. Wir haben uns beispielsweise mit dem Duden angelegt und eine Änderung zur Beschreibung des Wortes ’schwul’ durchbekommen. Wir haben junge Generationen dazu bewogen, offener mit dem Thema umzugehen. Und während dieser Zeit wurde ich dann angefragt für die erste Staffel des RTL-Dating-Formats ’Prince Charming’.

Sie haben die Show damals gewonnen. Werden Sie noch oft auf das Format angesprochen?

Heutzutage muss ich mich nicht mehr groß mit diesem Format identifizieren. Das war ein netter Anfang, hat meine Karriere gestärkt und viel ins Rollen gebracht. Ich war Teil der Dschungelcamp-Ersatzshow zu Corona-Zeiten und kürzlich ja auch bei dem Joyn-Format &bdquo;Most Wanted“.

Aber Fernsehen ist für mich nicht der Fokus. Ich gucke mir neue Anfragen ganz genau an, ob das überhaupt etwas für mich ist. Ich bin nicht der typische &bdquo;Reality-Star“, weil ich eine Haltung habe und für viele Themen deutlich einstehe. Das ist nicht unbedingt das, was in der Reality-Welt gewollt ist.

Stattdessen geht es jetzt auf die politische Bühne?

Ich war früher schon mal Mitglied bei der SPD und bin jetzt wieder eingetreten. Ich bin gerade nicht glücklich darüber, was auf Bundesebene passiert, und möchte mich mehr engagieren.

Aktuell unterstütze ich den Wahlkampf in NRW, ich beobachte die Partei und lerne, die Strukturen zu verstehen, um meinen Platz zu finden. Die Sozial- und Gesundheitspolitik wäre auf jeden Fall mein Themenschwerpunkt. Ebenso Gleichberechtigung und natürlich Queer-Politik. Ich weiß, dass ich ungemütlich sein kann.

* Sollten Sie sich von besonderen Lebensumständen betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte die Telefonseelsorge. Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie 24 Stunden am Tag Hilfe und Beratung.

Neuer Podcast

Lars Tönsfeuerborn ist in Warendorf geboren und hat viele Jahre in Rheda-Wiedenbrück und Gütersloh gelebt. Sein Vater Klaus Tönsfeuerborn ist ein bekannter Reitsportler. Er war unter anderem der erste Hauptsattelmeister des Nordrhein-Westfälischen Landgestüts. Lars Tönsfeuerborn selbst wurde vor allem durch seinen Podcast &bdquo;schwanz und ehrlich“ bekannt. Der 35-Jährige hat anschließend an zahlreichen TV-Shows teilgenommen und eine seine eigene Firma für Cultural Marketing und Influencer-Management gegründet. Tönsfeuerborn setzt sich mittlerweile besonders für das Thema mentale Gesundheit ein. In dieser Woche ist sein neuer Podcast “Zu viel - der Mental Health Podcast“ erschienen, der Menschen eine Stimme gibt, die unter Depression, Angst oder Burnout leiden.

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