Angst in Bus und Bahn: Junge Frauen fühlen sich im NRW-Nahverkehr besonders unsicher

Essen/Bielefeld. Wie sicher fühlen Sie sich in Bussen und Bahnen? Darum geht es in der Studie &bdquo;Subjektive Sicherheit im Personennahverkehr in NRW“, für die 2024 im Auftrag des Verkehrsverbundes Rhein Ruhr (VRR) mehr als 5.000 Menschen in ganz Nordrhein-Westfalen online bzw. telefonisch befragt wurden – laut dem VRR-Kompetenzcenter Sicherheit NRW die erste große Untersuchung zu diesem Thema in Deutschland seit mehr als zehn Jahren.

Um es vorwegzunehmen: Die Unsicherheit ist besonders groß bei jungen Frauen sowie denjenigen, die den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) kaum aus eigener Erfahrung kennen. Zudem fühlen sich die Befragten aus dem Gebiet des Nahverkehrs Westfalen-Lippe (NWL) sicherer als diejenigen aus anderen Nahverkehrsregionen in NRW.

&bdquo;Ich fühle mich immer sicher“, sagen neun Prozent aller Studienteilnehmer. 39 Prozent fühlen sich fast immer sicher und 40 Prozent meistens. Dagegen fühlen sich zehn Prozent meistens und zwei Prozent fast immer unsicher. Die Unsicherheit überwiegt also bei zwölf Prozent der Befragten. In der NWL-Region – Bielefeld, Münster, Paderborn, Siegen, Unna – liegt dieser Wert mit neun Prozent unter dem Durchschnitt.

20 Prozent der jungen Frauen fühlen sich unsicher Insgesamt am stärksten verbreitet ist die Unsicherheit bei körperlich eingeschränkten Menschen (17 Prozent), bei Frauen zwischen 18 und 24 Jahren (20 Prozent) und bei Personen, die um öffentliche Verkehrsmittel einen großen Bogen machen (37 Prozent). Allerdings spielen bei letzterer Gruppe schlechte Verbindungen, zu lange Fahrtzeiten und zu hohe Fahrpreise eine deutlich größere Rolle dafür, dass sie den ÖPNV selten oder gar nicht nutzen. Fehlende Sicherheit wird von 14 Prozent als Grund angegeben – bei den Befragten aus dem NWL-Gebiet sind dies nur elf Prozent.

Die Sicherheit in Bussen wird höher eingeschätzt als in Straßenbahnen, S-Bahnen und Regionalbahnen. Die Unsicherheit ist an Haltestellen größer als in Fahrzeugen. Besonders groß ist sie zudem bei der Nutzung von Bussen und Bahnen am Wochenende, in der Nacht, in einer unbekannten Gegend sowie ohne Begleitung.

Jede zweite Frau gibt an, dass sie schon mal Belästigung im ÖPNV erlebt hat, jede Vierte sagt dies über sexuelle Belästigung und jede Fünfte über Vandalismus. Männer fühlen sich in allen Altersgruppen sicherer, allerdings berichten sie häufiger als Frauen von Aggression und Gewalt in Bussen und Bahnen.

Manche verzichten ganz auf eine geplante Fahrt Wer sich oft oder gelegentlich unsicher in Bussen und Bahnen fühlt, reagiert unterschiedlich: 30 Prozent geben an, deswegen manchmal andere Verkehrsmittel zu nutzen – vor allem Pkw, Taxi oder Fahrrad – jeder Fünfte ist schon mal auf eine andere als die übliche Bus- oder Bahn-Linie ausgewichen, 14 Prozent haben mitunter ganz auf eine geplante Fahrt verzichtet.

Was wirkt sich negativ auf die Sicherheit aus? Dabei werden vor allem aggressive und pöbelnde Personen genannt, gefolgt von betrunkenen und unter Drogen stehenden Fahrgästen, Unpünktlichkeit sowie fehlendes Sicherheitspersonal, unzureichende Sauberkeit und fehlende Beleuchtung an Haltestellen. Gefordert werden – in dieser Reihenfolge – mehr Investitionen in Sicherheitspersonal, Überwachungskameras, Kontrolleure, Notrufsäulen und Beleuchtung.

Vom Zugbegleiter zum Sicherheitspersonal Die Autoren der vom Berliner Institut Delphie Research durchgeführten Studie empfehlen mehr Nahbarkeit des Sicherheitspersonals durch Schulungen und klar erkennbare – aber nicht abschreckende – Kleidung sowie Doppelstreifen durch Sicherheits- und Servicepersonal, das auch Auskünfte geben kann. Dabei nehmen sie kritische Einwände zum Verhalten des Sicherheitspersonals von mehreren Experten auf, die die Ergebnisse der Studie bewerten. So stellt Lothar Ebbers, Sprecher des Fahrgastverbandes proBahn, fest: &bdquo;Die Verlagerung vom klassischen Zugbegleiter hin zu Sicherheitspersonal. Das ist auch nicht das, was jedem Fahrgast so richtig gefällt.“

Kameras, Notrufsäulen und Notruf-Melde-Apps sollten deutlich sichtbarer und durch Hinweisschilder bekannter gemacht werden, fehlende Kameras haben insbesondere an Bushaltestellen großen Einfluss auf das Unsicherheitsgefühl. Gute Ausleuchtung und angenehmes, nicht zu grelles Licht wie auch saubere Haltestellen können das Sicherheitsgefühl erhöhen.

Matthias Hack, Sprecher des Nahverkehrsverbundes Paderborn/Höxter, teilt dazu mit: &bdquo;Nach unserer Einschätzung haben wir in den Regionalbussen im Hochstift kein allgemeines Sicherheitsproblem. Vor diesem Hintergrund werden wir die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten, ohne aktuell bereits umfangreiche Maßnahmen durchzuführen.“

Bessere Videoüberwachung und geschulte Sicherheitskräfte Der Verkehrsverbund Ostwestfalen-Lippe hat als eine Maßnahme kürzlich eine Sicherheitsführung in Bielefeld angeboten. Dabei haben ÖPNV-Experten und Polizeivertreter Tipps für den Umgang mit Konflikten und Gefahrensituationen in Bussen und Bahnen sowie Informationen zu Technik, Notrufen und Ansprechpartnern gegeben.

Der aktuelle Jahresbericht des Kompetenzcenters Sicherheit NRW betont zwei Maßnahmen. Mittlerweile sind 100 Bahnhöfe in NRW mit modernen Kamerasystemen ausgestattet. Derzeit wird der Einsatz intelligenter Videotechnik zur frühzeitigen Erkennung von Vandalismus, Diebstahl und Gewalt und einer schnelleren Reaktion darauf geprüft. Außerdem läuft seit 2025 ein Pilotprojekt zur Qualifizierung von Sicherheitskräften im ÖPNV, um die Kommunikation mit den Fahrgästen zu verbessern.

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