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NRW bündelt Schienennahverkehr – Vorteile für Fahrgäste

Regionalzüge und S-Bahnen sollen künftig in ganz Nordrhein-Westfalen pünktlicher und zuverlässiger fahren. Die dazu geplante Bündelung des bisher auf drei Verbünde aufgeteilten Schienennahverkehrs in einer zentralen Gesellschaft kommt voran. Schon am 1. Januar 2027 soll die neue Organisation Schiene.NRW gegründet werden und ihren Betrieb aufnehmen. Das kündigte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) an.

Schiene.NRW soll in kommunaler Trägerschaft nach dem Willen der Landesregierung das gesamte Angebot mit Regional- und S-Bahnen in NRW steuern und für ein verlässliches und pünktliches Angebot sorgen.

Krischer: Bisherige Struktur ist zu ineffizient

«Das System ist im Moment alles andere als zuverlässig und gut», sagte Krischer. Viele jahrzehntealte Strecken und Knotenpunkte müssten saniert werden. Die Folge seien Baustellen, längere Fahrzeiten und Zugausfälle. Die komplexe und zersplitterte Struktur des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) im bevölkerungsreichsten Bundesland sei den heutigen Anforderungen nicht mehr angemessen und müsse besser und effizienter werden.

Der Schienennahverkehr in NRW soll künftig aus einer Hand geplant und betrieben werden. (Symbolbild) - © Rolf Vennenbernd/dpa
Der Schienennahverkehr in NRW soll künftig aus einer Hand geplant und betrieben werden. (Symbolbild) (© Rolf Vennenbernd/dpa)

«Wir müssen vor allen Dingen in Nordrhein-Westfalen einheitlicher werden», sagte Krischer. Doppel- und Dreifachstrukturen sollten abgebaut werden. Es gebe zu viele Reibungsverluste.

Bisher gibt es in NRW für den Schienennahverkehr mit dem Verkehrsverbund Rhein-?Ruhr (VRR), Nahverkehr Westfalen-?Lippe (NWL) und Go.Rheinland drei Aufgabenträger. Die drei Gesellschaften sollen nun zusammengeführt werden, aber weiterhin in ihren Bereichen den Nahverkehr in den Städten und Gemeinden mit Straßen- und Stadtbahnen sowie Bussen koordinieren.

Neue Gesellschaft soll Fahrgästen Vorteile bieten

Von der neuen Gesellschaft sollen Fahrgäste nach Angaben des Ministeriums in vielen Bereichen profitieren. So hätten Bauträger künftig bei der Abstimmung von Baustellen nur noch einen zentralen Ansprechpartner, wodurch auch die Organisation der Ersatzverkehre erleichtert werde. Eine einheitliche Taktung von Fahrplänen über Verbundgrenzen hinweg soll Wartezeiten reduzieren. Technische, bauliche und digitale Standards sollen vereinheitlicht werden, etwa bei unterschiedlichen Bahnsteighöhen. Bei der Fahrzeugbeschaffung soll die neue Gesellschaft eine bessere Verhandlungsposition bekommen.

Das entsprechende Gesetz zur Reform des Schienennahverkehrs habe die schwarz-grüne Landesregierung nach einer Verbändeanhörung jetzt auf den parlamentarischen Weg gebracht, sagte Krischer. Die Verkehrsverbünde hatten die Zentralisierungspläne teils scharf kritisiert und von einem «Zwangszusammenschluss» gesprochen.

Auf die Kritik habe das Land reagiert, sagte Krischer. So bekämen die Kommunen milliardenschwere Finanzierungsgarantien. Die Mindestpauschale werde von bisher einer Milliarde Euro auf 1,6 Milliarden Euro jährlich erhöht. Die kommunalen Verkehrsbetriebe erhielten ferner mit der Erhöhung der Pauschale für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf 160 Millionen Euro ebenfalls mehr Spielräume.

Keine Strecken sollen stillgelegt werden

Erstmals wird ein gesetzlich festgeschriebenes Grundangebot auf der Schiene garantiert. Das Land sichert 85 Millionen Zugkilometer und damit nach Worten Krischers 70 Prozent der bisher erbrachten Leistungen ab. Auf allen befahrenen Strecken und an allen Bahnhöfen sei damit die Bedienung gesichert.

Außerdem garantiert das Gesetz Krischer zufolge eine faire regionale Balance, so dass nicht etwa der Schienenverkehr in Ballungsräumen ausgebaut werden kann, während ländliche Regionen vernachlässigt würden. Das vorhandene Bahnnetz werde komplett weiter betrieben, versprach der Grünen-Politiker. «Es wird nichts stillgelegt, es wird nichts reduziert.»

Die Landesregierung nahm nach Kritik auch ursprünglich geplante politische Einflussmöglichkeiten auf Schiene.NRW zurück. So sollte der Vorstand von Schiene.NRW zunächst nur im Einvernehmen mit der Landesregierung bestellt werden können. Dies habe sich aber als nicht zielführend erwiesen, sagte der Minister.

Gesellschaft politisch unabhängig vom Land

Kontrolliert werde Schiene.NRW künftig über einen Verwaltungsrat, in den die drei bisherigen Zweckverbände nach Angaben Krischers jeweils acht Mitglieder entsendeten. Alle relevanten Entscheidungen, die Bestellung eines Vorstandes, und die Verabschiedung einer Satzung sei Sache des Verwaltungsrats. Einen Personalabbau durch die Zusammenlegung werde es nicht geben, allerdings könnten veränderte Arbeitsfelder die Folge sein.

Auch die bisherigen drei Standorte von VRR, NWL und Go.Rheinland in Gelsenkirchen, Unna und Köln sollen Krischer zufolge vorerst bleiben. Das sei aber Sache der Kommunen. Auch die Frage, wo künftig der Standort von Schiene.NRW sein solle, werde die Gesellschaft selbst entscheiden.

Dass man am Ende nicht aller Kritik in jedem Einzelpunkt gerecht werden könne, sei klar, sagte Krischer. «Aber ich denke, wir haben hier schon einen Weg gefunden, der relativ breit getragen wird.»

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