Holocaust-Gedenken: NRW möchte Standort für deutsches Yad-Vashem-Zentrum werden

Bielefeld. Mitten in eine Zeit des wachsenden Antisemitismus in Deutschland hinein, will Nordrhein-Westfalen ein Zeichen setzen. Das hat Landtagspräsident André Kuper aus Rietberg angekündigt. Das Land wird sich um die deutsche Zweigstelle der zentralen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel bewerben.

Die geplante Yad-Vashem-Bildungseinrichtung in Deutschland wäre die erste außerhalb von Israel. Sie ist als sogenanntes Education Center (Bildungszentrum) geplant. Die Entscheidung soll zwischen möglichen Standorten in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Sachsen fallen. Der Plan des Landes stand auch im Hintergrund einer fünftägigen Reise nach Israel, die Kuper zuletzt angeführt hatte. An der Reise hatte auch die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Adelheid Ruck-Schröder, teilgenommen.

&bdquo;Ein wichtiger Aspekt meines Besuches mit der Delegation war, Gespräche in Yad Vashem zu führen und deutlich zu machen, dass das Projekt eines Educationc-Centers in NRW in gesellschaftlicher Breite mitgetragen wird“, sagt Kuper. In den nächsten Tagen würden die Ausschreibungskriterien von Yad Vashem veröffentlicht und im Dezember werde es Besuche der drei Bundesländer geben. &bdquo;Ich glaube, dass wir mit Blick auf unsere beispiellose jüdische Geschichte, auf unsere geografische Lage im Herzen Europas, auf unsere sehr dichte Bildungs- und Forschungslandschaft, auf das breite Netzwerk der Gedenkstätten in NRW ein idealer Standort für ein Bildungszentrum von Yad Vashem wären.“

Kuper besucht Ort des Hamas-Massakers Die Reise nach Israel und in Palästinensergebiet hat den Landtagspräsident allerdings auch in anderer Hinsicht sehr bewegt. &bdquo;Ich bin mit sehr vielen persönlichen Eindrücken zurückgekommen“, sagt er. Wenn man in Deutschland über Israel oder die Palästinenser spreche, sei das häufig sehr pauschal und aus der gesicherten Distanz. &bdquo;Aber wenn Sie in das Land fahren und die einzelnen persönlichen Schicksale erzählt bekommen, dann wiegt das schwer. Ich wache seit der Reise oft nachts auf und die Eindrücke der Reise kommen mir in Erinnerung.“

Die Delegation besuchte palästinensische Gebiete nahe Ramallah. &bdquo;Da haben uns die Menschen erzählt, dass sie Woche für Woche durch israelische Siedler Leid erfahren, dass sie ihre Olivenernte nicht einholen können. Wir haben im Umfeld der Kirche Spuren von Feuer gesehen, das gelegt wurde.“ Das Leid und die Übergriffe hätten seit dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 zugenommen. &bdquo;Die Palästinenser dort fühlen sich alleingelassen und hilflos.“

Am nächsten Tag machte die NRW-Reisegruppe in direkter Nähe des Gaza-Streifens auf dem Gelände Station, auf dem am 7. Oktober 2023 das Nova Musikfestival stattfand. Jenem Ort, wo die Hamas-Terroristen mehr als 300 junge Festivalteilnehmer ermordet haben. Dort erinnern einzelne Schilder an die Ermordeten, teilweise werden dort die letzten Minuten im Leben der Opfer geschildert. &bdquo;Es wird einem schnell klar, dass sie alle keine Chance hatten“, sagt Kuper: &bdquo;Manche von ihnen haben noch Eltern oder Freunde angerufen, die dann die letzten Minuten der Opfer am Telefon miterleben mussten. Wenn Sie das auf den Schildern lesen, versagt Ihnen alles.“

Kuper: Antisemitismus in Deutschland entgegentreten Auch in Sderot, einer Stadt nahe der Grenze zum Gazastreifen, die etwa so groß ist wie Kupers Heimatstadt Rietberg, sprach er mit Israelis. Dort kamen am 7. Oktober erst die Hamas-Kämpfer über die Grenze, später aber auch Palästinenser, &bdquo;die zuvor Tag für Tag in Sderot gearbeitet haben. Und die haben dann mit dafür gesorgt, dass Menschen, mit denen sie zuvor arbeiten, ihr Leben lassen mussten“. Da werde einem bewusst, welcher Hass als Reaktion auf den Terror der Hamas dort entstanden sei. &bdquo;Einige Menschen sagen, dass sie nicht wollen, dass jemals wieder Palästinenser über die Grenze kommen. Wie soll da Versöhnung oder nachhaltiger Frieden eine Chance haben?“

Umso wichtiger sei es, dem Antisemitismus in Deutschland entschieden entgegenzutreten. Unter anderem in der Form des Holocaust-Bildungszentrums. In NRW kommen nach Kupers Worten für ein solches Institut mehrere Standorte infrage. Eine der Möglichkeiten sei Essen, wo in der Zeche Zollverein über das NRW-Wissenschaftsministerium ein KI-basiertes Zeitzeugen-Projekt mit Hologrammen auf den Weg gebracht werde.

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