Auswanderer aus Rietberg findet berufliches und privates Glück in den USA

Rietberg. Es herrscht komplette Stille in der Turnhalle der Richard-von-Weizsäcker-Gesamtschule in Rietberg, kurz bevor Nick Schneiders zu sprechen beginnt. &bdquo;So ruhig sind die Kinder im Unterricht sonst nie“, flüstert Sportlehrer Daniel Martin. Heute steht allerdings ein Unterrichtsbesuch für die Siebtklässler des Sport-Wahlpflichtkurses auf dem Plan. Sie alle haben sich für zusätzlichen Sportunterricht an der Gesamtschule entschieden und erleben eine besondere Doppelstunde.

Zu Gast ist der 41-jährige Nick Schneiders. Er war bis 1999 selbst auf der Schule, damals war es noch die Realschule Rietberg. Mittlerweile ist er nicht mehr im Kreis Gütersloh heimisch, sondern in South Carolina in den USA. Der ehemalige Basketballprofi erzählt den Schülerinnen und Schülern von seiner Zeit als Profisportler und von seiner Auswanderer-Geschichte. Bevor er mit den Siebtklässlern im zweiten Teil der Stunde Basketball spielt, nutzen sie fleißig die Chance, Fragen zu stellen.

&bdquo;Wie groß bist du?“ (2,21 Meter), &bdquo;welche Schuhgröße hast du?“ (Schuhgröße 52) und &bdquo;welches Auto fährst du?“ (das erste Auto sei trotz seiner Größe der Smart der Eltern gewesen, heute fahre er einen Ford Expedition, weil &bdquo;es das größte Auto ist, welches ich finden konnte“) sind einige der Fragen, die die Kids brennend interessieren. Und vor allem die Größe sticht beim ehemaligen Basketballprofi einfach sofort ins Auge.

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Auswanderer weiß Heimat im Kreis Gütersloh zu schätzen &bdquo;Mit 14 Jahren war ich schon 2,16 Meter groß“, erzählt Schneiders. Aufgefallen ist er aufgrund seiner Größe also schon immer. Der Umgang damit gefällt ihm in den USA besser als in Deutschland. &bdquo;In Deutschland haben mich die Leute oft angestarrt und hinter meinem Rücken getuschelt“, sagt der 41-Jährige. In seiner neuen Heimat sei das anders. &bdquo;Die Leute kommen auf mich zu und mit mir ins Gespräch, sind offener. Das gefällt mir.“

Trotzdem weiß der Wahl-Amerikaner Deutschland und vor allem seine Heimat Rietberg zu schätzen. &bdquo;Einmal die Woche telefoniere ich mit meinen Eltern und alle zwei bis drei Monate mit meinem besten Freund Markus. Die leben alle noch in der Gegend und erzählen mir, was hier so los ist“, sagt Schneiders. Alle zwei Jahre versucht er, mit seiner Frau Angela und seinen Töchtern Mila (11) und Lilly (7) zu Besuch nach Deutschland zu kommen. Sie alle freuen sich besonders aufs Essen.

In nächster Zeit stehen im Kreis Gütersloh Bratwurst, Schnitzel oder Gyros auf der Speisekarte der Familie. &bdquo;Meine Kinder freuen sich besonders auf die Backwaren. Brot und Brötchen sind nirgendwo so gut wie in Deutschland“, sagt Nick Schneiders. Seine Frau hat noch ein weiteres Highlight im Blick: &bdquo;Wir lieben Döner, den bekommen wir in South Carolina nicht“, sagt die 37-jährige Amerikanerin.

Auswanderer wagt mutigen Schritt in die USA Dass sich die beiden kennengelernt haben, lag am mutigen Schritt des Rietbergers. Bis Schneiders 19 war, hatte er das Thema Basketball nicht auf dem Schirm und hat lieber andere Sportarten ausprobiert. Fußball, Baseball und Skateboarden stehen auf dem Programm – mit mäßigem Erfolg, wie er selbst sagt. Bei einem Urlaub in den USA ändert sich das. &bdquo;Ich bin dort wegen meiner Größe regelmäßig angesprochen worden, wo ich denn Basketball spielen würde. Das hat mich ins Grübeln gebracht.“

Zurück in Rietberg fasst er den Entschluss, es mit dem Basketball zu probieren und schließt sich 2004 der DJK Grün-Weiß Rheda an. Schnell wird klar, wie groß sein Talent wirklich ist. Er erhält ein Angebot der Paderborn Baskets, aber auch die Möglichkeit, ans College in South Carolina zu gehen – und entscheidet sich 2005 für den Schritt in die USA. Viel Unterstützung erhält er dabei von seinen Eltern Christiane und Rüdiger, die ihn in all seinen Entscheidungen bestärken.

&bdquo;Ich wusste am Anfang nicht, wie ich mit dem Wetter in South Carolina klarkommen soll, mittlerweile bin ich davon aber großer Fan“, erzählt Schneiders lachend. Er studiert Grafikdesign und trainiert parallel für seinen großen Traum von der Sportkarriere. &bdquo;Mein Tagesablauf an der Uni begann mit Aufstehen um 4 Uhr, ab 5 stand ich zum Basketballtraining in der Halle. Dann ging es zu den Kursen, nach dem Mittagessen zum Krafttraining und danach standen weitere Kurse und die Hausaufgaben auf dem Programm, dann war der Tag vorbei“, sagt Schneiders.

Profisportler findet auch sein privates Glück in den USA Trotz des fordernden Alltags findet er in der Zeit sein privates Glück und lernt Angela kennen. &bdquo;Er saß während eines Kurses an der Uni neben mir und dann hat es gefunkt“, erzählt sie. Nach fünf Jahren am College hat Schneiders Angebote aus Italien, Spanien, Polen und Deutschland. Sein Weg führt ihn zurück in die alte Heimat, 2010 unterschreibt er beim Basketball-Bundesligisten Phantoms Braunschweig (mittlerweile Basketball Löwen Braunschweig). Dort spielt er mit NBA-Star Dennis Schröder zusammen, verpasst 2011 im Finale gegen Bamberg hauchdünn den Triumph im BBL-Pokal.

Seine Silbermedaille gibt er frustriert an Mutter Christiane weiter. &bdquo;Das war die größte Niederlage meiner Karriere“, schildert der 41-Jährige den Kindern ehrlich die schmerzhafte Erinnerung. Trotzdem verbindet er auch ganz besondere Momente mit Braunschweig, denn in der Zeit heiratet er seine Angela. Sportlich zieht es ihn 2013 zu den Eisbären Bremerhaven, in der Stadt kommt seine älteste Tochter Mila zur Welt. 2015 schließt sich der Kreis und Schneiders wechselt doch noch zu den Paderborn Baskets – für eine Saison. Dann verletzt er sich am Knie und beendet seine sportliche Karriere. &bdquo;Ich war froh, dass ich am College nicht nur Basketball gespielt, sondern auch mein Studium abgeschlossen habe“, sagt er.

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Gemeinsam mit Angela entscheidet er sich 2016 für eine Rückkehr in die USA, wo beide mittlerweile für die gleiche IT-Firma arbeiten. In South Carolina ist er heimisch geworden, denkt mittlerweile in englischer Sprache, wie er verrät. Seine Töchter sollen trotzdem zweisprachig aufwachsen, deshalb ist es Schneiders wichtig, regelmäßig auf Deutsch mit ihnen zu sprechen. &bdquo;Ich liebe Deutschland“, sagt auch Angela, die selbst gut Deutsch spricht, im Gespräch strahlend. Alle Familienmitglieder genießen die kommenden Tage in Rietberg, bis es am 7. Januar wieder in die Heimat geht. Denn dann müssen Mila und Lilly wieder in ihrer Schule in South Carolina anwesend sein.

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