Bielefelder Arzt entfacht neuen Streit um Böllerverbot: Das sind die Argumente

Bielefeld. Der Verkauf von Raketen und Böllern ist seit diesem Montag in vollem Gange. Während der Pyro-Handel boomt, spricht sich eine Mehrheit der Deutschen in aktuellen Umfragen für ein Verbot von privaten Silvesterfeuerwerken aus. Zuletzt hatte sich auch Bundesärztepräsident Klaus Reinhardt aus Bielefeld deutlich gegen die Knallerei positioniert. Doch der Bundesverband für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk hält dagegen.

&bdquo;Die Innenminister von Bund und Ländern müssen endlich handeln und die Bevölkerung vor den Gefahren der Knallerei schützen“, sagte Reinhardt. Dabei verwies er auf schwere Verletzungen durch explodierende Feuerwerkskörper, überlastete Notaufnahmen in den Kliniken und hohe Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung.

&bdquo;Die ungeregelte Knallerei führt immer wieder zu schweren Verletzungen auch bei Unbeteiligten; sie ängstigt viele Menschen, ist schlecht für das Klima und verursacht enormen Müll“, fügte er hinzu. &bdquo;Niemand hat etwas gegen organisierte Feuerwerke an zentralen Plätzen; doch die wilde Böllerei muss untersagt werden“, fordert er.

Der Pyro-Handel reagiert auf Verbotsforderungen Der neue Geschäftsführer des Bundesverbands für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk, Christoph Kröpl, kritisierte die Darstellung Reinhardts. &bdquo;Eine Kulturtechnik, die nicht den eigenen ästhetischen Vorstellungen entspricht, soll ausgemerzt werden“, sagte er. Es sei nicht möglich, &bdquo;sich mit einem legalen Silvesterböller eine Hand zu zerstören oder gar Gliedmaße abzutrennen. Diese schweren Unfälle geschehen praktisch ausschließlich durch illegales Feuerwerk.“ Der Zugang zu illegalen Knallkörpern sei so leicht wie nie zuvor. Hier müsse die Politik ansetzen und bestehende Gesetze vollziehen, so Kröpl.

Außerdem bezieht er sich auf eine Studie der Magdeburger Universitätsmedizin. Sie belege, dass die Feuerwerksverbote während der Covid-19-Pandemie keinerlei relevante Entlastung der Notaufnahmen bewirkten. Kröpl: &bdquo;Die Bundesärztekammer sollte den Stand der Wissenschaft zur Kenntnis nehmen: Notaufnahmen sind an Silvester nicht aufgrund von Feuerwerkskörpern voll.“ Vielmehr seien die Notaufnahmen wegen des intensiven Alkoholkonsums überfüllt. &bdquo; Würde es Herrn Reinhardt um die Entlastung seiner Kolleginnen und Kollegen und des Gesundheitssektors gehen, würde er ein Verbot von Alkohol zum Jahreswechsel fordern.“

Viele Organisationen sind gegen das Böllern Doch die Forderung nach einem Böllerverbot kommt nicht nur von den Ärzten. Auch Polizisten, das Deutsche Kinderhilfswerk, Umwelt- und Tierschützer sowie weitere Organisationen fordern ein generelles Anwendungsverbot für Böller und Raketen. Einsatzkräfte befürchten, dass Kollegen im Dienst erneut mit Böllern angegriffen werden könnten. &bdquo;Zunehmend sind Menschen übermütig und verwenden legale Gegenstände wie Böller oder Raketen unsachgemäß“, sagte der GdP-Vorsitzende Jochen Kopelke.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte zudem vor zu wenig Einsatzkräften an Silvester und forderte mehr Böllerverbote und Schutzzonen in Städten. Eine solche Regelung werde dazu führen, dass Silvester sicherer werde und es weniger Angriffe gebe, so Kopelke.

Politik tritt auf der Stelle Die Politik tritt bei dem Thema auf der Stelle. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) sprach sich gegen ein Böllerverbot aus. Man müsse nicht immer alles verbieten, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. &bdquo;Wir haben eine Tradition, so Silvester zu feiern.“ Persönlich sei er aber auch kein Anhänger des Böllerns. Die Innenminister von Bund und Ländern konnten sich zuletzt nicht auf ein Verbot von privatem Feuerwerk einigen.

Dazu sagte die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge: &bdquo;Es ist absolut unverständlich, dass Bundesinnenminister Dobrindt Städte und Gemeinden nicht unterstützt und absichert, dass Menschen in der Silvesternacht ordentlich geschützt werden können.“ Alexander Dobrindt (CSU) müsse die Sprengstoffverordnung ändern, damit der Missbrauch von Feuerwerkskörpern rechtssicher unterbunden werden könne, forderte Dröge. Der Verkauf von gefährlichen Feuerwerkswaffen müsse verhindert werden.

Mehr Silvesterfeuerwerk im Handel Währenddessen freut sich der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) auf klingenden Kassen. Er rechnet gegenüber dem Vorjahr mit 10 bis 15 Prozent mehr Ware im Handel. Allein in OWL werden laut Handelsverband OWL jedes Jahr mehrere Millionen Euro für privates Feuerwerk ausgegeben.

Der Handelsverband erinnert an die Regelungen zum Verkauf. Das sogenannte Silvesterfeuerwerk der Kategorie F2 – Raketen, Böller, Party-Knaller, Schwärmer, Bengal-Artikel und weitere – darf nur an über 18-Jährige verkauft werden. Das Jugendfeuerwerk mit Knallerbsen oder Wunderkerzen wird an Menschen ab 12 Jahren abgegeben.

Der Handelsverband OWL warnt vor dem Kauf bei fliegenden Händlern oder aus dem Internet ohne die Kennzeichnungen BAM, CE und Registriernummer. Außerdem sollten Hersteller-, Produkt und Markenname inklusive Postanschrift und Chargennummern angegeben sein.

Wie der Bundesverband für Pyrotechnik argumentiert auch der Handelsverband OWL, dass mit sachgerechtem Gebrauch von legalen Feuerwerkskörpern &bdquo;die Gefahr von Unfällen aufgrund von Materialfehlern ausgeschlossen“ sei.

- mit Material von dpa -

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