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700.000 PCB-haltige Eier vernichtet

Verbraucherschutzministerium sieht "Ungereimtheiten" in Vertriebswegen des Stemweder Betriebs

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Auf dem teilweise nach EU-Biorichtlinien betriebenen Hof in Stemwede sind seit Ostern keine Hühner mehr zu sehen. - © FOTO: LARKIN
Auf dem teilweise nach EU-Biorichtlinien betriebenen Hof in Stemwede sind seit Ostern keine Hühner mehr zu sehen. (© FOTO: LARKIN)
700.000 PCB-haltige 

Eier vernichtet - © STEMWEDE
700.000 PCB-haltige Eier vernichtet (© STEMWEDE)

Stemwede/Bielefeld. Mehr Fragen als Antworten – so stellt sich derzeit die Situation im Fall der mit dioxinähnlichem PCB belasteten Eier eines Biobetriebs in Stemwede aus Sicht der Behörden derzeit dar. Unterdessen wurden nach Informationen dieser Zeitung rund 700.000 offenbar belastete Bioeier in einer Tierkörperbeseitigungsanlage vernichtet.

Nachdem Proben vom verwendeten Futtermittel keinen Aufschluss darüber brachten, warum Eier eines Biobetriebs in Stemwede mit dioxinähnlichem PCB belastet waren, setzt das Verbraucherschutzministerium NRW seine Untersuchungen des Falles fort. Das Kreisveterinäramt Minden-Lübbecke hatte, wie berichtet, die Sperrung des konventionell produzierenden Teil des Betriebs wieder aufgehoben. In dem Teil waren keine verunreinigten Eier gefunden worden.

Dafür hat das Verbraucherministerium nun seine Anstrengungen zur Aufklärung des Falles noch einmal intensiviert, wie ein Sprecher der Ministeriums sagte. "Es sind Boden- und Wasserproben genommen worden", hieß es. Ergebnisse sollen Ende dieser oder Anfang nächster Woche vorliegen. Das sogenannte Tränkwasser kann laut Ministerium nach neuesten Laborergebnissen als Quelle ausgeschlossen werden. Diese Woche sollen noch einmal Betriebsprüfer auf den Hof in Stemwede gehen, denn: "Es gibt da Ungereimtheiten bei den Vertriebswegen."

Bioeier aus Stemwede in Berlin und Hessen

Aufgrund des bekannt gemachten Stempelaufdrucks auf den vermutlich verunreinigten Eiern hätten Verbraucher Produkte des Stemweder Betriebes in ihren Kühlschränken gefunden, wo sie nach Auskunft des Betriebs selbst eigentlich nicht sein dürften, wie es aus dem Ministerium hieß. So seien zum Beispiel Bioeier aus dem Stemweder Betrieb in Berlin oder Hessen aufgetaucht. "Es gibt Widersprüche, die aufgeklärt werden müssen. Da sind wir dran", so der Ministeriumssprecher. Jetzt werde unter anderem untersucht, welche Zwischenhändler die Eier aus Stemwede eventuell weitervermarktet haben könnten.

Der Kreis Minden-Lübbecke bestätigte dieser Zeitung auf Anfrage, dass der betroffene Betrieb rund 700.000 Eier vernichten müsse. Dies ist nach Informationen aus Kreisen der Tierkörperbeseitigungsbranche bereits geschehen. Nach den Recherchen dieser Zeitung wurde die Vernichtung der Eier in dem Fachbetrieb Rendac Icker GmbH mit Sitz in Belm (Niedersachsen) vorgenommen. Dort war zunächst niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

Joyce Moewius, Sprecherin des Bio-Dachverbands Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), forderte, dass der Vorgang in dem Stemweder Betrieb "auf jeden Fall schnell aufgeklärt werden muss". Die Kommunikation sei hier "auf keinen Fall optimal" gelaufen. Dies sei im Fall des ebenfalls betroffenen Duisburger Biobetriebs ganz anders gewesen. "Vertrauen spielt eine große Rolle", so Moewius. Es müsse grundsätzlich geklärt werden, ob Freilandhaltung der Tiere und PCB-Eintrag in einem ursächlichen Zusammenhang gestanden hätten.

Nadine Glaesener betreibt seit 15 Jahren die Gärtnerei Duftgarten in Hüllhorst – ein unter dem Bioland-Siegel zertifizierter Anbaubetrieb. In ihrem Hofladen verkauft sie vorwiegend Frisch- und Feingemüse. "Unsere Eier stammen von einem überschaubaren Bio-Betrieb in Rahden und waren schon Vormittags ausverkauft", sagt Glaesener. Die vergleichsweise laxen EU-Biorichtlinien, nach denen der Hof in Stemwede betrieben wird, beschreibt sie als "kleinsten gemeinsamen Nenner." Glaesener ist skeptisch: "Steckt in diesem Fall ehrliches Gedankengut dahinter, oder will man nur auf der Bio-Welle mitschwimmen?" Eine durchaus berechtigte Frage.

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