
Delbrück. In einem Musterprozess vor dem Verwaltungsgericht Minden soll geklärt werden, ob die weit verbreitete Haltung von Kälbern auf sogenannten Spaltenböden mit dem Tierschutz vereinbar ist oder nicht. Das Verfahren hat grundsätzliche Bedeutung für die Tiermast. Deshalb wird sein Ausgang von Landwirten und Verbänden mit großer Spannung erwartet.
Der Prozess kommt durch eine Initiative des Kreises Paderborn zustande. Dessen Veterinäramt hat einem Landwirt aus Delbrück, der als Lohnmäster für einen niederländischen Konzern in seinen Ställen etwa 600 Kälber hält, per Ordnungsverfügung untersagt, seine Tiere weiterhin auf sogenannten Bongossi-Spaltenböden zu halten.
"Wir sind dem Tierschutz verpflichtet", begründet der Paderborner Kreisveterinär Ralf Lang. Diese Art der intensiven Kälbermast verstoße gegen EU-Bestimmungen sowie gegen Vorschriften der Nutztierhaltungsverordnung. Danach müsse der Boden "rutschfest und trittsicher" sein und den kleinen Kälbern zudem eine "bequeme" Liegefläche zur Verfügung gestellt werden.

Das Tropenholz Bongossi, das wegen seiner Härte und Widerstandsfähigkeit derzeit noch in ganz Europa in neun von zehn Mastställen als Unterlage verwendet wird, habe aber zur Folge, dass die Tiere auf ihren Fäkalien ständig ausgleiten und auf ihre Knie stürzen. "In diesen Ställen können die Kälber weder vernünftig liegen noch gehen oder stehen", sagt Lang. Kälbermast sei in dieser Form deshalb "nicht annähernd artgerecht".
Der betroffene Landwirt wehrt sich gegen die Ordnungsverfügung. Er klagt vor dem Verwaltungsgericht. Sein Anwalt, Heinrich Loriz aus Paderborn, ist der Ansicht, dass nicht gegen Vorschriften verstoßen wurde und man gegen den Bauern kein Verbot verhängen durfte, ohne Alternativen vorzuschlagen.
Spaltböden aus Hartholz üblich
"Im Augenblick geht in der Kälbermast an den Bongossi-Spaltenböden noch kein Weg vorbei", sagt Bernhard Schlindwein, Referent des Westfälisch-lippischen Landwirtschaftsverbandes. Richard Bröker, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Kälbermäster, sieht es ähnlich. Spaltenböden aus Hartholz seien derzeit in der Kälbermast "üblich". Auch die Ställe in Delbrück seien früher behördlich genehmigt worden, deshalb dürften sie nun nicht plötzlich verboten werden.Seiner Ansicht nach würde das für betroffene Landwirte wirtschaftlich unzumutbare Belastungen bringen. Bröker plädiert dafür, nur neue Ställe mit perforierten Gummimatten oder Kunststoff auszustatten. Grundsätzliche Kritik übt Stefanie Elsner vom Verein "Menschen für Tierrechte". Bei der Kälberaufzucht "passieren die schlimmsten Auswüchse in der Intensivtierhaltung", sagt sie. Kurz nach der Geburt würden die Tiere den Mutterkühen entrissen, um sie unter völlig unnatürlichen Bedingungen zu mästen. Elsner begrüßt daher die Initiative des Kreises Paderborn.