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Streit um Kälbermast vor dem Verwaltungsgericht

Kreis Paderborn sieht den Tierschutz verletzt

VON HUBERTUS GÄRTNER

Spaltenböden aus Holz oder Beton sind in der Tiermast weit verbreitet. Die Fäkalien fallen nach unten durch. - © FOTO: DPA
Spaltenböden aus Holz oder Beton sind in der Tiermast weit verbreitet. Die Fäkalien fallen nach unten durch. (© FOTO: DPA)

Minden. Der Kreis Paderborn wird ein bundesweit beachtetes Pilotverfahren um besseren Tierschutz in der Kälbermast vermutlich verlieren. Das Mindener Verwaltungsgericht ließ gestern nach drei Stunden mündlicher Verhandlung durchblicken, dass es der Argumentation des Kreises nicht folgen und der Klage eines Landwirts aus Delbrück stattgeben wird. Ein Urteil soll in zwei Wochen ergeben.

Wie berichtet, hatte die Veterinärbehörde des Kreises Paderborn einem Kälbermäster aus Delbrück per Ordnungsverfügung untersagt, seine etwa 600 Tiere weiterhin auf Bongossi-Spaltenböden zu halten. Dagegen klagt der betroffene Landwirt. Das Tropenholz Bongossi findet wegen seiner Härte und Widerstandsfähigkeit in der Kälbermast noch sehr häufig als Unterlage Verwendung.

Der Kreis Paderborn ist der Ansicht, dass diese Haltung nicht mit einschlägigen Tierschutz-Vorschriften auf EU- und auf Bundesebene in Einklang zu bringen ist. Danach müsse der Boden "rutschfest und trittsicher" sein und den Mastkälbern, die ihr kurzes Leben nur im Stall verbringen, eine "bequeme Liegefläche" zur Verfügung gestellt werden. Auf den Bongossi-Spaltenböden würden die Tiere häufig ausrutschen, sie könnten sich dort nicht natürlich bewegen. "Um irgendwo Halt zu finden, stehen sie mit ihren Zehen ständig in den Spalten", sagte der Paderborner Kreisoberveterinär Ralf Lang vor Gericht. Diese Ställe seien mit dem Tierschutz deshalb nicht vereinbar.

Zustand in den Ställen "nicht rechtswidrig"

Heinrich Loriz, Rechtsvertreter des Klägers, hielt die Darstellung des Kreises für übertrieben. "Mein Mandant macht lediglich das, was in der Kälbermast überall passiert", sagte Loriz. Auch Richter Winfried Kaiser sah sich am Ende der Verhandlung in seiner Auffassung bestätigt, dass der Zustand in den Ställen des Delbrücker Züchters "nicht rechtswidrig" sei. Zum einen, so der Richter, habe der Gesetzgeber in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Spaltenböden grundsätzlich erlaubt. Nach § 3 dieser Verordnung müssten Haltungseinrichtungen für Nutztiere Verletzungen oder Gefährdungen nur so sicher ausschließen, "wie es nach dem Stand der Technik möglich ist."

An diesem Punkt kam der Sachverständige Professor Martin Ziron ins Spiel. Er erläuterte seine Studie, bei der vier verschiedene Böden in der Kälbermast in Bezug auf Verhalten der Tiere untersucht wurden. Laut Ziron entsprechen auch Bongossi-Böden heute dem Stand der Technik. In puncto Rutschgefahr seien zwar Unterlagen aus Gummi besser, doch wiesen diese andere Nachteile auf. In seiner Studie habe sich auf auch dem Bongossi-Holz kein Kalb schwer verletzt, sagte Ziron.

Richter Kaiser betonte, dass er in diesem Prozess nicht die Zulässigkeit der der Massentierhaltung zu entscheiden habe. "Wir können die Tiere nicht befragen", sagte er. Annette Mühlenhoff, Juristin beim Kreis Paderborn, bezweifelte indes die Ergebnisse des Gutachtens. Es gebe bessere Alternativen in der Kälbermast, sagte sie. Im Falle einer erstinstanzlichen Niederlage werde der Kreis wohl in die Berufung gehen und die Sache vor dem Oberlandesgericht Hamm ausfechten.

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