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ARD-Magazin: Schockierende Zustände auf Öko-Höfen

Bio-Haltung schützt nicht immer / OWL nicht betroffen

VON KATY HACKEL

Schockierende Zustände auf Öko-Höfen - © DIE TIERFREUNDE
Schockierende Zustände auf Öko-Höfen (© DIE TIERFREUNDE)

Bielefeld. Dicht an dicht, ohne Federn, der Körper voller Geschwüre – die Bilder aus deutschen Biohöfen, verbreitet vom ARD-Magazin "Fakt", sind schockierend. Waren sich Verbraucher bisher doch sicher, nicht nur sich, sondern auch den Tieren mit dem Kauf von Bio-Eiern, -Milch und -Fleisch etwas Gutes zu tun. Aber Fehlanzeige: Bio ist kaum gesünder für den Menschen, zeigt eine neue Studie – und wohl auch nicht immer besser für das Tier.

In OWL versichern Behörden und Landwirte aber übereinstimmend: Hier sind die Zustände nicht mit denen vergleichbar, die Tierschützer bei zehn Bio-Höfe in Mecklenburg-Vorpommern gefunden haben. "Wir haben Schockierendes gesehen", sagt Tierschützer Jürgen Foß vom Verein "Die Tierfreunde", der die Höfe inspiziert hat. "Die Bio-Tierhaltung unterschied sich kaum von der Massentierhaltung." Die Schweine lebten in kargen Betonbuchten, die nicht eingestreut waren. "Sie standen bis zu den Knien im Dreck."

Aber nicht nur das: "Sie hatten Verletzungen und Geschwüre, in den Ställen lagen tote Tiere." Ähnlich beim Geflügel: "Die Hühner saßen quasi aufeinander, hatten zum Teil kein Gefieder mehr." Und das, obwohl es seit 2009 eine EU-Ökoverordnung gibt. Sie enthält Vorgaben für Anbau und Verarbeitung, regelt die Kennzeichnung von Bioprodukten, die Haltungsbedingungen von Tieren und die Kontrolle der Betriebe.

Jährliche Kontrollen - angekündigt

Ein Mal jährlich werden die Höfe durch staatlich anerkannte Kontrollstellen – angekündigt – kontrolliert. Bei Beanstandungen werden die Betriebe unangekündigt nachkontrolliert, erklärt Friedrich Lettenmeier, Geschäftsführer von Abcert, eine der führenden staatlich anerkannten Kontrollstellen. Je nach Schwere des Verstoßes bekomme der Hof eine schriftliche Änderungsaufforderung, die Aberkennung eines Produktes oder der Zertifizierung.

Trotzdem: Die EU-Verordnung lasse zu großen Interpretationsspielraum, meint Thomas Ingensand, Bioland-Berater in OWL. Bioland ist der führende ökologische Anbauverband Deutschlands – in NRW sind dort etwa 550 Betriebe von 1.500 organisiert. Ingensand ist dennoch sicher: "Solche Zustände gibt es in unserer Region nicht." OWLs Bio-Landwirtschaft halte keine Tiere in der Größenordnung von Mecklenburg-Vorpommern.

"Wir haben größtenteils Einzelstallungen und Gehege mit Ausläufen", bestätigt Ute Rönnebeck, Geschäftsführerin vom Verband Demeter NRW. Die Bewirtschafter der 35 Demeter- und 100 Bioland-Höfe in NRW ständen ständig im Kontakt untereinander und mit den Verbänden, seien hauptsächlich Direktvermarkter und dadurch für Kunden frei zugänglich.

Verstöße in der Region eher selten

Aufgrund des direkten Kundenkontaktes werde jeder ein Mal jährlich zusätzlich durch das Veterinäramt kontrolliert, sagt der Bielefelder Amtstierarzt Hans-Helmut Jostmeyer. Verstöße auf Bio-Höfen seien in der Region eher selten, bestätigt er. Und sie würden in jedem Falle nachkontrolliert oder geahndet.

Betriebe, die bei Verbänden organisiert sind, hätten zudem strengere Richtlinien einzuhalten. Dafür bekämen sie das jeweilige Verbands-Siegel und damit auch die Genehmigung, gemäß dem Motto "Qualität hat ihren Preis", mehr Geld für sein Produkt zu verlangen.

Allerdings stammen die Bilder aus Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls von Betrieben, die in Verbänden organisiert sind. "Wer sicher gehen will, dass es den Tieren gut geht, sollte seinen Fleischkonsum reduzieren", appelliert Foß. Denn Bio boomt. 6,6 Milliarden Euro gaben die Deutschen 2011 für Biolebensmittel aus. Steige die Nachfrage nach Fleisch weiter, wäre wohl auch OWL nicht mehr lange vor der Bio-Massentierhaltung gefeit. Die Nachfrage bestimmt das Angebot.

Information

Bio-Produkte kaum gesünder

Stanford/Berlin (dpa). Eine Studie der Universität Stanford kommt zu dem Ergebnis, dass Bio-Lebensmittel nur wenig gesünder als konventionelle sind. Sie sind nicht nährstoffreicher und bergen kein geringeres Gesundheitsrisiko. Der Vitamingehalt unterscheidet sich kaum, Fette und Proteine sind ähnlich verteilt. Krankheitserreger kommen in beiden Gruppen gleich oft vor. Dafür verringert Bio-Essen aber das Risiko, Pflanzenschutzmittel zu sich zu nehmen, auch wenn die Bio-Lebensmittel nicht 100 Prozent frei von Pestiziden sind.

"Die Gesundheit ist nicht unser Hauptkampffeld", sagte Gerald Wehde vom Verband Bioland. Kernziel der Öko-Landwirtschaft sei es, die Umwelt zu erhalten. "Gewässerschutz, Klimaschutz, Artenschutz, Bodenqualität – da erbringen wir eine große ökologische Leistung.

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