
Bielefeld. Jäger und Wissenschaftler wollen herausfinden, welches die besten Kugeln für die Jagd sind. Getestet werden das Abprallverhalten, die Tötungskapazität, aber auch die Toxizität. Vor allem Geschosse aus Blei, die noch flächendeckend Verwendung finden, sind in Verruf geraten. Auf den Staatswaldflächen in NRW soll bei den sogenannten Verwaltungsjagden deshalb in Zukunft nur noch bleifreie Munition zum Einsatz kommen. Das hat der Landesbetrieb Wald und Holz nun verbindlich mitgeteilt. Stichtag sei der 1. April 2013.
"Mit dieser Maßnahme wollen wir den Eintrag von Schadstoffen in die Umwelt weiter minimieren", sagt der Sprecher des Landesbetriebs, Christoph Grüner. Im Vordergrund stehe dabei der Verbraucherschutz. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rechne Wildfleisch "zu den am stärksten mit Blei belasteten Lebensmitteln", sagt Grüner. Eine wesentliche Ursache liege in der Verwendung von Bleimunition bei der Jagd. Darüber hinaus würden auch andere Wildtiere, zum Beispiel Greifvögel, "nachweislich geschädigt", wenn sie zum Beispiel angeschossene Tiere oder deren weggeworfene Innereien fräßen.

Der Staatswald in NRW stellt mit vier Prozent aber nur einen Bruchteil der bejagten Fläche in NRW dar. Auf dem großen Rest gibt es bislang keine Vorschriften für die Benutzung bleifreier Munition. "Wir warten die weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen ab", sagt ein Sprecher des Landesjagdverbands Nordrhein-Westfalen (LJV NRW), in dem knapp 64.000 Jäger organisiert sind. Lediglich bei der Jagd "an und über Gewässern" würden schon seit längerer Zeit kei ne Schrote aus Blei mehr verwendet. Bei den Büchsenschüssen auf Rehe, Wildschweine und Hirsche ziehen die meisten Jäger immer noch Geschosse aus dem weicheren Blei härteren Kugeln aus Kupfer oder Stahl vor.
"Ungeborene besonders gefährdet"
Der LJV-NRW-Sprecher verweist darauf, dass in einigen Bereichen "noch keine abschließenden Erkenntnisse" vorlägen. Das BfR hatte im September 2011 mit einer Pressemitteilung für viel Wirbel gesorgt. Bei der Jagd würden feinste und kaum sichtbare Bleipartikel in das Wildfleisch eindringen. Der regelmäßige Verzehr von mit Bleimunition geschossenem Wildbret könne "die Gesundheit von Verbrauchern gefährden", warnte das BfR.
"Besonders gefährdet" seien "Ungeborene und Kinder bis sieben Jahre" sowie "Jägerhaushal te", in denen das Wild häufig gebraten auf den Tisch kom me. Allerdings gab Ende November 2011 die Bundesregierung plötzlich wieder Entwarnung. Die "aus dem Normalverzehr ableitbare zusätzliche Bleiaufnah me über Wildbret" sei "toxikologisch unbedeutend". Es bestehe jedoch "noch Forschungsbedarf".
Den durfte man auch im Hinblick auf "Abprallverhalten" und "Geschosswirkung" annehmen. An der Hochschule in Eberswalde wurde auf Seifenblöcke geschossen und die Wirkung von Kugeln aus unterschiedlichen Materialien getestet. Als sicher gilt, dass das weichere Blei im Vergleich zum härteren Kupfergeschoss eher "aufpilzt", wenn es auf den Tierkörper trifft, und dort eine schnellere tödliche Wirkung entfaltet. Die Deutsche Versuchs- und Prüf-Anstalt für Jagd- und Sportwaffen (DEVA) testet zudem das "Abprallverhalten" unterschiedlicher Geschossmaterialien. Die Ergebnisse seien unterschiedlich und "abhängig vom Kaliber, der Entfernung und vom Auftreffwinkel", sagte ein DEVA-Sprecher.
Verständlicherweise möchte niemand bei der Jagd von Abprallern oder Querschlägern getroffen werden. Um für mehr Sicherheit zu sorgen, hat der NRW-Landesbetrieb Wald und Holz für alle Teilnehmer an Verwaltungsjagden "einen jährlichen Schießnachweis" eingeführt. Nach Angaben des Landesbetriebs wurden "hinsichtlich des Abprallverhaltens keine signifikanten Unterschiede zwischen bleihaltigen und bleifreien Geschossen festgestellt".