
Kreis Herford. Gefühlt nur wenige Zentimeter trennen die Rotorblätter des Hubschraubers von dem Hochspannungsmasten. "Keine Sorge, ein paar Meter sind es noch", beruhigt Pilot Achim Widmann. Er fliegt im Auftrag des Energieversorgers Eon Westfalen-Weser quer durch den Kreis Herford und inspiziert das Hochspannungsnetz, immer auf der Suche nach einem Vogelnest oder rostigen Stellen im Metall.
Daten und Fakten
Das gesamte Netz der so genannten Hochspannungsfreileitungen von Eon Westfalen-Weser ist 918 Kilometer lang, 1.879 Hochspannungsmasten gehören dem Energieversorger.Im Kreis Herford ist das Netz 140 Kilometer lang.
Zehn Umspannwerke im Kreis Herford transformieren den Strom von Hoch- auf Mittelspannung.
Der komplette Kreis Herford wird über das Eon-eigene Hochspannungsnetz mit Strom versorgt – insgesamt eine Fläche von 450 Quadratkilometern.
"Eigentlich sind Vogelnester ganz harmlos, wenn möglich, lassen wir sie auch auf den Masten nisten", sagt Eon-Kontrolleur Michael Gödeke. Manchmal allerdings würden die Tiere auch Materialien verbauen, die sich so gar nicht mit Strom vertragen – Draht zum Beispiel. Der muss dann weg. Auch rostige Stellen sind erst einmal nichts Schlimmes – solange sie nicht zu groß sind und die Stabilität des bis zu 80 Meter hohen Bauwerks nicht gefährden.
Damit das nicht passiert, kontrolliert Eon einmal im Jahr das gesamte Hochspannungsnetz in OWL. Am einfachsten geht das aus der Luft. Vom Flugplatz in Porta Westfalica startet das Team in Richtung Kreis Herford. Neben dem Piloten sind drei Eon-Mitarbeiter an Bord, zwei halten Ausschau nach Mängeln an Masten und Kabeln, der dritte schreibt mit.
Damit die Kollegen am Boden später wissen, wo was zu reparieren ist. Gleicht zwei Schadstellen finden die Experten auf ihrem ersten Flug, diese Masten werden in den kommenden Wochen Besuch von einem Reparatur-Team bekommen. Nach zweieinhalb Stunden geht es zurück zum Flugplatz. Die Crew wechselt. "Länger kann man sich nicht konzentrieren", sagt Gödeke. Im Hubschrauber ist es laut, per Kopfhörer verständigen sich die Männer.
Kosten von 45.000 Euro
In den Leitungen, die sich durch den Kreis Herford ziehen, fließen 110.000 Volt. Zum Vergleich: Aus einer gewöhnlichen Steckdose kommen gerade einmal 230 Volt. Grund genug für den Piloten, seinen Hubschrauber nicht zu nah an die Masten zu fliegen. Zu viel Abstand ist aber auch schlecht, dann sehen die Kontrolleure vielleicht nicht alles. Ein besonderes Augenmerk gilt den Blitzschutzseilen. "Das sind die Leitungen, die von Mastspitze zu Mastspitze reichen", erklärt Eon-Mitarbeiter Reimar Süß. "Diese Seile schützen die Hochspannungsleitungen vor Blitzeinschlägen."
Immer im Herbst startet der Hubschrauber für Eon, "dann sind Kühe und Pferde nicht mehr auf den Weiden und wir erschrecken sie nicht", erklärt Süß. Die Hubschrauber-Kontrolle, die sich der Energieversorger jährlich mehr als 45.000 Euro kosten lässt, könnte auch durch Arbeiter auf dem Boden ersetzt werden – das allerdings wäre unpraktisch: Mehr als 900 Kilometer Kabeltrasse werden unter die Lupe genommen, sich alles per Fernglas anzuschauen, wäre zu aufwendig. Außerdem müsste dann ein Arbeiter auf jeden Mast klettern, dafür müsste der Strom auf der ganzen Leitung abgeschaltet werden.

In nur 150 Metern Höhe fliegt der Hubschrauber, Model AS 350 Ecureuil Ban der A2 entlang in Richtung des Herforder Stadtteils Schwarzenmoor. "Der Busch ist ganz schön hoch gewachsen", sagt Michael Gödeke über die Bordsprechanlage. Der Hubschrauber geht noch etwas tiefer. "Ein paar Meter sind aber noch Luft". Der Busch hat noch mal Glück gehabt. Droht der Mast durch seine Größe beschädigt zu werden, oder würden die Äste die Leitungen berühren, würden die Männer den Baum zurechtstutzen lassen.
So aber machen sie sich nur eine Notiz, im nächsten Jahr werden sie diese Stelle noch mal genau untersuchen. Der Helikopter dreht ab, das Hochspannungsnetz ist noch lang im Kreis Herford, Dutzende von Masten müssen noch aus der Luft überprüft werden.