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OWL droht ein Apothekensterben

In diesem Jahr bereits 43 Schließungen in Westfalen-Lippe

VON SANDRA SPIEKER

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OWL droht Apothekensterben - © OWL
OWL droht Apothekensterben (© OWL)

OWL. Fragen Sie ihren Apotheker: Früher war viel Geld zu verdienen, heute geht es nicht selten ums bloße wirtschaftliche Überleben. Viele Apotheken kämpfen um ihre Existenz. Neue Gesetze im Gesundheitssystem und höhere Kosten haben dazu geführt. Allein in der Region Westfalen-Lippe wird die Zahl der Apotheken im Laufe dieses Jahres von 2.184 auf 2.140 sinken, kündigte die zuständige Apothekerkammer an.

Demnach standen schon in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres 43 Schließungen lediglich 13 Neueröffnungen gegenüber. "Diese alarmierende Entwicklung wird sich im vierten Quartal fortsetzen", sagt Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.

Bis zum Jahresende wurden der Kammer bereits 21 weitere Schließungen bei nur sieben Neueröffnungen angekündigt. "Mit nur noch 2.140 Apotheken fallen wir auf den niedrigsten Wert seit dem Jahr 1984", so die Kammerpräsidentin.

"Wohnortnahe Versorgung oftmals gefährdet"

In Bielefeld und Detmold wurden in den ersten neun Monaten dieses Jahres jeweils zwei Apotheken geschlossen, in Enger, Löhne, Vlotho, Warburg, Horn-Bad Meinberg und Lage jeweils eine. Neueröffnungen: keine. Lediglich Gütersloh bildet eine Ausnahme. Hier gab es keine Schließung, dagegen zwei neue Apotheken. "Man muss das natürlich immer im Verhältnis sehen", sagt Stefan Lammers von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, "In einer Stadt wie Bielefeld fällt eine Schließung nicht so sehr ins Gewicht wie in kleineren Orten. Dort ist die wohnortnahe Versorgung oftmals gefährdet."

Die Liste der Dinge, die den Pharmazeuten zu schaffen macht, ist lang. Reglementierung durch die Politik, Bevormundungen durch die Krankenkassen und unzureichende Vergütungen führt die Branche an. Vor allem, so Overwiening, habe die Bundesregierung die Chance verpasst, in Zeiten von Milliardenüberschüssen der Krankenkassen das Honorar an die Realitäten anzupassen. "Drei bis fünf Prozent mehr Honorar sind nach neun Nullrunden völlig unzureichend und fangen nicht mal ein Drittel unserer Kostensteigerungen auf."
Thomas Rochell vom Apothekerverband Ostwestfalen-Lippe sieht besonders die Landapotheken in Gefahr. "Zusätzlich zur hohen finanziellen Belastung werden sie durch eine höhere Notdienstbereitschaft in die Pflicht genommen", sagt der Apotheker aus Beverungen (Kreis Höxter). Die Erweiterung des Geschäftsfeldes sieht er als einen möglichen Weg aus der Misere. "Ich könnte mir Beratungsleistungen im Bereich Gesundheit und Prävention vorstellen oder auch, dass Impfungen angeboten werden", so Rochell.

Information

Honorarerhöhung

  • 2013 werden die Honorare der Apotheker um insgesamt 190 Millionen Euro steigen, entschied das Bundesfinanzministerium im September.
  • Der FDP-Gesetzentwurf sieht konkret vor, dass das Honorar der Apotheker, das sie bei der Abgabe eines rezeptpflichtigen Medikaments erhalten, von 8,10 Euro pro Packung auf 8,35 Euro steigt.
  • Bezahlen müssen das die Krankenkassen und damit die Versicherten.

Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat am vergangenen Mittwoch die zweite Verhandlungsrunde mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) über den sogenannten Zwangsabschlag für 2013 abgebrochen. Der Zwangsabschlag ist ein Rabatt auf das Festhonorar, den die Apotheken den gesetzlichen Krankenkassen gewähren müssen. Grund für den Abbruch der Verhandlungen ist laut DAV die Weigerung der Kassen, den Abschlagsbetrag von 1,75 Euro als Ausgangsbasis für die Verhandlungen für 2013 anzuerkennen.

Der Gesetzgeber hatte den Apotheken für 2011 und 2012 ein "Sonderopfer" in Höhe von 2,05 Euro auferlegt. "Angesichts der Millardenüberschüsse der Kassen ist das nicht mehr tragbar", meint Rochell. Der Apothekerverband will heute über sein weiteres Vorgehen in dem Streitfall informieren.

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