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Ralf Biermann päppelt Igel für den Winterschlaf auf

Falschverstandene Tierliebe kann gefährlich werden

VON NICOLE BLIESENER

Noch nicht einmal 300 Gramm bringt dieser stachelige Geselle auf die Waage. Viel zu wenig für den Winterschlaf. Eigentlich müsste dieser Jung-Igel jetzt mehr als das Doppelte wiegen, weiß Ralf Biermann, der selbst nicht abgelichtet werden möchte. - © FOTO: NICOLE BLIESENER
Noch nicht einmal 300 Gramm bringt dieser stachelige Geselle auf die Waage. Viel zu wenig für den Winterschlaf. Eigentlich müsste dieser Jung-Igel jetzt mehr als das Doppelte wiegen, weiß Ralf Biermann, der selbst nicht abgelichtet werden möchte. (© FOTO: NICOLE BLIESENER)

Bad Oeynhausen. Das Sorgenkind bringt nur knapp 300 Gramm auf die Waage und ist erst seit wenigen Tagen in seiner Obhut. Ralf Biermann weiß nicht, ob der kleine Igel überleben wird. Eigentlich müsste das Jungtier ob des nahenden Winters mehr als das Doppelte wiegen. "Es gibt natürlich Gründe, warum Igel noch so klein sind", erklärt der 58-Jährige, der sich seit fünf Jahren der Pflege von Igeln verschrieben hat.

"Entweder sie sind einfach zu spät geboren. Dann fressen sie sich das Gewicht in der Pflege noch an", so Biermann, "oder sie sind krank und schwach, dann sieht es schlecht aus."

In Sachen Igel-Pflege warnt Ralf Biermann vor falsch verstandener Tierliebe. "Igel sind Wildtiere und ausgesprochen anfällig." Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich Ralf Biermann ein stattliches Fachwissen angeeignet. Er steht in Kontakt mit den Tierärzten und Tierheimen in der Region. "Ärzte und Tierschutzeinrichtungen haben meine Telefonnummer und geben sie bei Bedarf weiter", erklärt der Igel-Fan, der die Tiere aufpäppelt, durch den Winter bringt und wieder auswildert.

Information

Igelfreundlicher Garten

Ein naturnah gestalteter Garten bietet Igeln Nahrungstiere, Unterschlupf und Nistgelegenheiten. Mit einfachen Mitteln kann der Garten zum Paradies für Kleintiere werden.

Igel durchstreifen große Gebiete auf der Nahrungssuche. Als Umzäunung gut geeignet sind Hecken und Lattenzäune. Kein Einsatz von Chemie im Garten. Pflanzenschutzmittel und Unkrautvernichter töten Insekten, Igel finden keine Nahrung.

Einheimische Stauden und Gehölze sind nicht nur für unseren Böden und unser Klima besser, sondern bilden auch die Lebensgrundlage für vielerlei Insekten, für Vögel und Kleinsäuger wie den Igel.

Igel bevorzugen als Unterschlüpfe dichte Hecken, Gebüsche, Reisig-, Laub- und Komposthaufen, Hohlräume unter Holzstapeln, Gartenhäuschen, Schuppen, Treppen, Steinhaufen und alten Baumwurzeln.

www.pro-igel.de

Zurzeit sind 17 stachelige Gesellen in Biermanns Obhut. Im Herbst beginnt für Igel die knifflige Phase. "Die Männchen gehen teilweise schon Anfang Oktober in den Winterschlaf." Bei den Weibchen dauere es deutlich länger. Denn die müssten nach der Aufzucht der Jungtiere erst wieder Gewicht zulegen.

Daher könnten momentan durchaus noch Igel bei Einbruch der Dunkelheit unterwegs sein und Nahrung suchen. "Wenn man um diese Jahreszeit tagsüber draußen einen Igel findet, dann braucht der Hilfe. Denn dann sind es Jungtiere, die krampfhaft versuchen Nahrung zu finden. Die sollte man wiegen und dann zum Tierarzt bringen", rät Biermann. Bei Temperaturen von acht bis 12 Grad hätten Igel einen deutlich erhöhten Energiebedarf. "So viel können die dann gar nicht fressen", so Biermann.

Igel bräuchten mindestens 700 Gramm, um durch den Winter zu kommen. Wiegen sie weniger, ist Gefahr im Verzug. "Ohne Grundkenntnisse sollte niemand versuchen, Igel aufzupäppeln und durch den Winter zu bringen", warnt Biermann und zählt die schlimmsten Fehler bei der Igel-Pflege auf: "Erstens: Igel vertragen keine Laktose, daher darf man ihnen keine Milch zu trinken geben, denn davon bekommen sie Durchfall. Auch bei Katzenaufzuchtmilch ist Vorsicht geboten. Zweitens: Auf keinen Fall Flohpulver verwenden."

Ralf Biermann füttert die Tiere mit einer Mischung aus Katzen- und Igelfutter und gibt ihnen Wasser und Fencheltee zu trinken. "Der Tee beruhigt den empfindlichen Magen der überaus anfälligen Tiere."

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