Bielefeld. 14.200 Jugendliche haben im März laut Agentur für Arbeit in OWL einen Ausbildungsplatz gesucht. "10.400 gemeldete Plätze standen zur Verfügung", sagt Kerstin Jessel, Sprecherin der Herforder Agentur für Arbeit. Trotz der vielen Bewerber sind OWL-weit derzeit noch 5.350 der bei der Agentur gemeldeten Ausbildungsstellen unbesetzt.
"Die Chancen für Bewerber bleiben auch in diesem Jahr in Ostwestfalen gut", sagt Swen Binner, Geschäftsführer berufliche Bildung der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK). In einer Online-Umfrage hat die IHK 528 ostwestfälische Unternehmen nach ihren Ausbildungserwartungen für 2013 gefragt.
289 wollen ihr Ausbildungsplatzangebot konstant halten. "Für dieses Jahr erwarten wir einen leichten Anstieg der Zahl der Ausbildungsverträge", so Binner. Dank des doppelten Abiturjahrgangs an den Gymnasien "glauben die Unternehmen, mehr Stellen besetzen zu können".
Beliebt bei Männern: Berufe wie Kfz-Mechatroniker. Frauen wollen immer noch gerne Friseurin oder Floristin werden. Neue Trendberufe seien durch die Medien entstanden, sagt Jessel. "Viele wollen Mediengestalter oder dank Fernsehsendungen wie ,Mieten, kaufen, wohnen Immobilienkaufmann werden."
Laut IHK-Umfrage geben 33,3 Prozent der befragten Unternehmen aus dem Gastgewerbe an, dass sie nicht alle freien Stellen besetzen konnten. "Schuld sind das Image und die Arbeitszeiten, die Jugendliche oft abschrecken", sagt Binner. Neu ist, dass auch die Banken Probleme haben (14,6 Prozent). "Sie bekommen zwar alle Stellen besetzt, haben aber spürbar weniger Bewerber als sonst", sagt Uwe Linke-Ströbele, Berater für Oberstufenschüler bei der Herforder Agentur für Arbeit. Auch hier ist der schlechte Ruf schuld.
2012 konnten 16,6 Prozent der Unternehmen freie Stellen nicht besetzen. Zu gering waren die Bewerberzahlen. Die Unternehmen in Ostwestfalen und Lippe reagieren: Sie bieten mehr Praktikumsplätze an, gehen Kooperationen mit Schulen ein und senken ihre Anforderungen an die Vorbildung der Bewerber.
Von 210 Unternehmen beklagen 72 Prozent eine mangelnde Ausbildungsreife. "Ein Dauerbrennerthema", sagt Binner. "Vor allem, wenn demnächst die Zahl der Schulabgänger und damit die Auswahl an Bewerbern zurückgeht."
Die Unternehmen beklagen vor allem Mängel im Ausdrucksvermögen, fehlende Disziplin und Leistungsbereitschaft sowie fehlende Mathematikkenntnisse. Um dem entgegenzuwirken, bieten sie Nachhilfe und Berufsvorbereitungen an. "Es ist bedrückend, dass sie nicht sofort die Ausbildungsinhalte vermitteln können." Zunehmend seien die Unternehmer auch nicht mehr so fokussiert auf die Schulnoten. 35 Prozent sagen, dass soziale Kompetenzen wichtiger seien.
Auch das Handwerk stehe bei Hauptschulabgängern zunehmend im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsbereichen, die "tendenziell ihre Anforderungen an das Leistungsniveau zurückgeschraubt haben", sagt Elmar M. Barella, Geschäftsführer der Abteilung Berufsbildung bei der Handwerkskammer OWL. 2012 wurden dort 3.998 Ausbildungsverträge abgeschlossen - ein Minus von 2,4 Prozent gegenüber 2011. Sprecher Siegfried Mühlenweg: "Derzeit sind es etwa 800 abgeschlossene Verträge."