Horn-Bad Meinberg/Fissen-knick. Regionalliga Nord? Nein! Südstaffel? Nein! Nordost? Auch nicht. Südwest? Ebenfalls derzeit abgesetzt! Aber: Die Fußball-Regionalliga West setzt die Saison trotz des aktuellen Lockdown lights infolge der Corona-Pandemie fort. Schon komisch, oder? Mittendrin ist ein lippischer Trainer: Daniel Brinkmann aus Horn-Bad Meinberg/Fissenknick, der an der Seitenlinie des SC Wiedenbrück verantwortlich zeichnet und eine bemerkenswerte Karriere als Spieler hingelegt hatte.
Aus Lippe in die Fußball-Bundesliga
Aus Lippe in die Fußball-Bundesliga! Das schafften nur ganz wenige. Im LZ-Interview, das Brinkmann gestern gab, sprach der 34-Jährige bei Tee und zwei Kinderriegeln („Auf der Waage sah es gerade nach einer Laufeinheit ganz gut aus, die kann ich mir erlauben.") über die aktuelle Situation in der vierthöchsten deutschen Liga und erklärte, wie ihm der direkte Sprung ins Regionalliga-Trainergeschäft gelang.
Wie haben Sie auf die Nachricht reagiert, dass es in der Weststaffel weitergeht?
Daniel Brinkmann: Ich war ein bisschen überrascht, zudem natürlich auch erleichtert.
Und das Ganze ohne Testung?
Brinkmann: Nein. Diese Diskussion habe ich von Beginn an nicht verstanden. Die erste bis dritte Liga setzt den Spielbetrieb mit einem Testsystem fort und die vierte ohne? Das geht natürlich nicht. Inzwischen erhielten Vertreter aller Vereine eine Schulung, so dass es ab dieser Woche mit Schnelltests los geht. Die Kosten dafür übernehmen die Vereine.
Grundlage für die Fortsetzung war, dass die Regionalliga eine Profi-Klasse ist. Nachvollziehbar?
Brinkmann: Absolut, der Amateurstatus hätte nicht gepasst, für die meisten Spieler ist der Fußball die Haupteinnahmequelle. Ein weiterer Beleg: Wir hatten gerade zwei Englische Wochen in Folge und sahen uns in den 14 Tagen 14 Mal.
Und sonst...
Brinkmann: ... gibt es einen freien Tag in der Woche, meistens der zweite nach einem Meisterschaftsspiel. In der ersten und zweiten Liga trainierte ich früher zusätzlich maximal ein- bis zweimal vormittags. Das wäre jetzt nicht möglich, weil ein Großteil meiner Spieler neben dem Fußball auch noch arbeiten geht, einige sogar 40 Stunden pro Woche.
Wie hart trifft Corona die vierte Liga?
Brinkmann: Pauschal ist das nicht zu beantworten. Rot-Weiß Essen spielt vor 10.000 Besuchern, wir vor rund 1000 bei Topspielen. In Wiedenbrück kommen wir mit der Situation aktuell gut klar, der Verein steht auf stabilen Füßen. Aber grundsätzlich gilt: Es ist eine Klasse, die schwer zu finanzieren ist, weil die großen Fernsehgelder fehlen und der Gegenwert für die Sponsoren nicht so groß ist. Unsere Partner unterstützen uns aus Liebe zur Region und zum Fußball. Deshalb ist es auch richtig, dass der SC Wiedenbrück auf Talente aus der Region setzt, die ich an die Regionalliga heranführe.
Seit Jahresbeginn zeichnen Sie verantwortlich, führten das Team zurück in die Regionalliga. Ein abruptes Ende der Spielerkarriere?
Brinkmann: Es fällt mir schwer zu sagen: „Das wars." Aber ich will mir auch nichts vormachen, auf hohem Niveau ist Fußball für mich vorbei. Spielertrainer zu sein, ist ab einem gewissen Niveau nicht mehr möglich. Aber vielleicht kann ich den Wunsch meines sechsjährigen Sohnes noch erfüllen.
Was wünscht er sich?
Brinkmann: Mats ist bei unseren Spielen normalerweise im Stadion und sagt immer wieder zu mir: „Papa, einmal sollst du noch in der Regionalliga spielen." Vielleicht ist ein Abschiedsspiel möglich, wenn wir frühzeitig die Klasse sichern und sich die Situation ergibt. Klar ist: Ich kenne meine Rolle. Für unsere zweite Mannschaft streife ich schon mal in der Bezirksliga das Trikot über, das findet Mats auch cool.
Die erste Trainerstation gleich in der Regionalliga. Nicht schlecht!
Brinkmann: Es passte einfach, und ich bin froh darüber. Schon länger spürte ich, dass der Trainer-Job etwas für mich sein könnte, 2019 machte ich die A-Lizenz-Prüfung.
Der Aufwand ist aber mit dem als Spieler nicht vergleichbar!
Brinkmann: Absolut, ich tippe, ich komme auf 45 bis 50 Stunden in der Woche, in Englischen Wochen auf zirka 55. Vor allem die Spielvorbereitungen kosten viel Zeit. Natürlich habe ich das letzte Wort, sehe mich aber als Teamplayer. Ich möchte, dass das gesamte Trainerteam hinter den Entscheidungen steht.
Wie lauten die Pläne und Ziele für die Zukunft?
Brinkmann: Wir möchten die Klasse halten, mit unserem vergleichsweise kleinen Etat eine schwere, aber machbare Aufgabe. Mir ist es wichtig, dass ich vom Fußball nicht abhängig bin, habe mich auch in der Versicherungsbranche weitergebildet. Nur so kannst du Aufgaben übernehmen, hinter denen du auch zu 100 Prozent stehst.
Das Interview führte LZ-Redakteur Sebastian Lucas. Er ist per E-Mail zu erreichen: slucas@lz.de; der telefonisch: (05231) 911142.
Persönlich
Ganz in der Nähe seines Elternhauses in Horn-Bad Meinberg/Fissenknick lebt Daniel Brinkmann (34) mit seiner Familie – dazu gehören Frau Maylin und die beiden Kinder Mats (6) und Lea (5). Brinkmann stammt aus der Jugend des TuS Horn-Bad Meinberg und schaffte es dann in die Fußball-Bundesliga. Er spielte im Seniorenbereich für den SC Paderborn, Alemannia Aachen, FC Augsburg, Energie Cottbus und Arminia Bielefeld. Mit dem FC Augsburg stieg der Mittelfeldspieler 2011 in die Bundesliga auf, 2015 gelang Arminia mit Brinkmann die Rückkehr in die 2. Liga. Im Januar 2017 wechselte der waschechte Lipper als Spieler zum SC Wiedenbrück, im Januar dieses Jahres übernahm er den Trainerposten. Unter seiner Regie stieg der SCW direkt in die Regionalliga auf und qualifizierte sich für den DFB-Pokal. Vor Kurzem verlängerte Daniel Brinkmann seinen Vertrag bis 2023.