Gletscherschmelze in den Alpen: Das sind die Folgen des Klimawandels

Spektakulärer Felssturz am vergangenen Samstag im Tiroler Außerfern: Auf 2.700 Metern Höhe, zwischen Sonnenspitze und Schneefernerkopf (nahe der Zugspitze), ereignete sich ein gewaltiger Felssturz, wodurch auf 1.000 Meter Gestein in die Tiefe donnerte. Wie durch ein Wunder gab es weder Tote noch Verletzte. Kein Wanderer war im Bereich der Absturzstelle unterwegs.

Solche Ereignisse kommen immer häufiger vor. Denn die Gletscher der Alpen schmelzen. Der Grazer Gletscherforscher Andreas Kellerer-Pirklbauer sagt voraus: &bdquo;In 45 bis 50 Jahren wird Österreich komplett gletscherfrei sein“. Eine Folge des Klimawandels und der Erderwärmung, die zu stoppen es nun zu spät sei, wenn man hoffe, die Gletscher in Österreich, der Schweiz und Frankreich noch zu retten.

Zählte man bisher insgesamt 900 Gletscher in der Alpenrepublik, so werden es von Jahr zu Jahr weniger, sagt die Innsbrucker Gletscherforscherin Andrea Fischer dieser Zeitung. 100 Gletscher werden seit Jahrzehnten präzise vermessen. Das Ergebnis der Wissenschaftler: Manche Gletscher seien schon völlig verschwunden, andere in großer Höhe konnten überleben, wenn sie unter einer Schneedecke auch im Sommer verborgen blieben.

Gletscher sind durch Erderwärmung massiv bedroht Fischer präzisiert: &bdquo;Beim Überleben ist immer die Frage: bis wann? Bei bis zu zwei Grad globaler Erwärmung dürfte es in den Alpen Eis geben, das so lange überdauert, bis die Erwärmung gestoppt ist.“ Fünf bis 20 Prozent der heutigen Flächen, je nach Lage, könnten so vielleicht überleben. Aber das sei ungewiss, die letzten zwei Jahre mit Hitzerekorden hätten selbst den Schneedecken in großen Höhen sehr zugesetzt. Für die Gletscher in den Ostalpen fürchtet Fischer, dass davon bis 2050 nichts mehr übrig sein wird.

Und das in Österreich beheimatete &bdquo;Internationale Institut für Integrierte Klimaforschung“ warnte Ende Juli, wenn das Zwei-Prozent-Ziel der Erderwärmung nicht eingehalten werde, komme es früher oder später zu einer nicht mehr kontrollierbaren Beschleunigung der Klimaveränderung.

Österreichs höchster Berg, der Großglockner mit 3.798 Metern Höhe in Kärnten, lädt ein zur Pasterze. Dieser Gletscher lässt sich am besten von der 2.369 Meter hohen Kaiser-Franz-Josef-Hütte betrachten. Früher konnte man von dort unter sich die Ausläufer der Gletscherzunge bewundern. Heute ist dort ein See – entstanden aus geschmolzenem Eis des Gletschers. Von den einst 30 Kilometern Ausdehnung der Pasterze bleiben aktuell nur noch knapp die Hälfte übrig.

Hier kann auch im Sommer Ski gefahren werden Die Gletscherbahn, die früher die Besucher bis an den Rand des Gletschers brachte, endet mittlerweile zwei Kilometer entfernt vom Beginn der Pasterze-Zunge. Unlängst besuchte Österreichs Bundespräsident van der Bellen mit Wissenschaftlern die Kaiser-Franz-Josefs-Höhe. Er wollte die Aufmerksamkeit auf die Gletscherschmelze lenken. Ein Aufschrei im Lande blieb aus. Und das, obwohl ja mit dem Rückzug der Gletscher auch das Ausbleiben langer Schneewinter einhergeht, die für Österreichs Tourismus geradezu überlebenswichtig sind.

Noch bietet der Hintertuxer Gletscher im Zillertal im Sommer die Möglichkeit, Ski zu fahren. 3.250 Meter hoch, aber auch hier spürt man die zunehmende Hitze des Sommers. Keineswegs alle Skilifte laufen und ab 13.30 gibt es keine Auffahrten mehr; dann strahlt die Sonne so, dass Skifahren nicht mehr möglich ist.

Aber auch hier gilt: Seit Beginn des Skifahrens auf diesem Gletscher in den 70er-Jahren ist der Gletscher um jährlich 40 Meter geschrumpft. &bdquo;Von einst 58 Hektar sind nur noch 33 Hektar übrig und in etwa 30 Jahren könnte der Gletscher verschwunden sein“, so Bergführer Herbert Grasl. Jahr für Jahr müsse man immer wieder Stützen der Berglifte versetzen, weil der Untergrund bei schmelzendem Gletscher zu unsicher werde. Von Juni bis September kann man in Hintertux Gletscherführungen buchen, bei denen Bergführer Grasl Schönheit und Gefahren nahebringt.

Deutsche Gletscher schneller abgeschmolzen In Deutschland droht das Aus der Gletscher rund um die Zugspitze noch schneller; noch zehn Jahre geben Wissenschaftler dem Schneeferner und anderen Gletschern auf deutschem Boden, lediglich der Höllentalferner könnte etwas länger existieren.

Der Alpenverein vermisst jedes Jahr den Gletscherbestand und muss bei allen auch hochalpinen Eisansammlungen feststellen, sie schmelzen. Neues Eis wird nicht gebildet, das die einstige Größe wieder herstellen könnte.

Diese Entwicklung gefährdet das umfangreiche Wanderwegenetz in den österreichischen Alpen: &bdquo;272 Schutzhütten und 50.000 Kilometer Wanderwege sind akut bedroht. Sie drohen buchstäblich wegzubröckeln“, so der Österreichische Alpenverein in einem Notruf an die Regierung in Wien.

Erhaltung der Infrastruktur in den Alpen immer aufwendiger 95 Millionen Euro werden in den kommenden Jahren benötigt, um die Infrastruktur zu retten. Ursache sei der Klimawandel: häufiger werdender Starkregen, Steinschlag, Felsabbrüche und Hangrutsche erfordern mehr Anstrengungen, die Wanderwege in Standzuhalten.

Und auch die Tierwelt der Alpen kommt durch die häufigeren Hitzesommer in Unordnung. Murmeltiere, Gämse und Steinböcke leiden unter der Sommerhitze und den immer kürzer werdenden Wintermonaten mit relativ wenig Schnee. Im Sommer können sie sich zu wenig Fettpolster anfressen, das ihnen im Winter dann zum Durchstehen der futterärmeren Zeit fehlt.

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