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Depression, Stress, Burnout: So geht es Deutschlands Studierenden

Studenten sind häufiger gestresst, immer mehr haben eine Depression oder stehen vor einem Burnout. Das zeigt eine Studie der Techniker Krankenkasse.

Max Baumgart

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Im Jahr 2022 bekamen 5 Prozent der Studenten Antidepressiva verordnet. Das sind fast 30 Prozent mehr als noch 2019. - © Gerald Dunkel
Im Jahr 2022 bekamen 5 Prozent der Studenten Antidepressiva verordnet. Das sind fast 30 Prozent mehr als noch 2019. (© Gerald Dunkel)

Mehr als ein Drittel der Studierenden in Deutschland steht vor einem Burnout. Das geht aus dem Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK) hervor, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Demnach sind 37 Prozent der Studentinnen und Studenten „stark emotional erschöpft“ - eine Kernfacette von Burnout. Im Jahr 2017 waren 25 Prozent betroffen. Als Gründe für diesen Anstieg nennt die Studie Zukunftsängste, Prüfungsdruck, steigende Kosten und Folgen der Corona-Pandemie.

Für den Gesundheitsreport hat die TK eine repräsentative Forsa-Umfrage in Auftrag gegeben. Das Meinungsforschungsinstitut hat im Januar 1000 Studentinnen und Studenten ab 18 Jahren befragt. Zudem hat die Krankenkasse eigene Daten ausgewertet: Krankschreibungen von 5,6 Millionen versicherten Erwerbspersonen sowie Arzneimittelverordnungen und ambulante Diagnosedaten von Studierenden mit eigener Versicherung zwischen 20 und 34 Jahren.

Insgesamt 87 Prozent der Befragten gaben an, sich häufig oder manchmal gestresst zu fühlen. Zum Vergleich: 2015 waren weniger als ein Viertel häufig gestresst. „Das ist ein Problem“, sagt Bertolt Meyer von der TU Chemnitz, der an der Studie beteiligt war. „Denn aus Stress, der häufig auftritt, entsteht irgendwann Erkrankung.“ Den Ergebnissen zufolge ist Erschöpfung durch Stress die häufigste gesundheitliche Beschwerde – 68 Prozent der Befragten sind davon betroffen. Danach folgen Kopfschmerzen mit 59 Prozent, Rückenschmerzen mit 55 Prozent und Konzentrationsstörungen mit 53 Prozent. Jede Beschwerde tritt im Vergleich zu 2015 häufiger auf.

30 Prozent mehr Antidepressiva

Die Daten belegen einen Anstieg psychischer Beschwerden. So wurde bei 9,27 Prozent der Versicherten in 2021 eine Depression diagnostiziert – also bei fast jedem zehnten. Im Jahr 2022 bekamen 5 Prozent Antidepressiva verordnet. Das sind fast 30 Prozent mehr als noch 2019.

Studierende haben nach eigenen Angaben mehr und öfter mit Stress, Rücken- und Kopfschmerzen und anderen Beschwerden zu kämpfen als noch vor ein paar Jahren. - © Rolf Vennenbernd
Studierende haben nach eigenen Angaben mehr und öfter mit Stress, Rücken- und Kopfschmerzen und anderen Beschwerden zu kämpfen als noch vor ein paar Jahren. (© Rolf Vennenbernd)

Die Verschreibung von ADHS-Medikamenten ist ebenfalls seitdem mit 82 Prozent drastisch gestiegen. Insgesamt 1,2 Prozent der versicherten Studierenden nehmen demnach diese Medikamente. Die Zahlen zeigen, dass Frauen deutlich stärker von den psychischen Belastungen betroffen sind als Männer. Zum Beispiel beim ADHS-Medikament: Bei Frauen beträgt der Anstieg 142 Prozent und bei Männern 51 Prozent.

Vor allem Menschen, die Sprach- und Kulturwissenschaft studieren, sind von der emotionalen Erschöpfung betroffen und damit von Burnout gefährdet. Mehr als die Hälfte der Befragten in diesem Studienfach machten entsprechende Angaben. Um mit dem Stress umzugehen, treffen sich viele Studenten mit Freunden oder ihrer Familie, gehen spazieren oder treiben Sport.

Zigaretten- und Alkoholkonsum gesunken

Auch Kochen oder essen gehen sowie Zeit im Internet oder mit Videospielen zu verbringen, nutzen viele zum Stressabbau. Entspannungstechniken wie Yoga sind im Vergleich zu 2015 weiter verbreitet: von damals 16 Prozent ist die Zahl auf 28 Prozent der Befragten gestiegen. Immer weniger Studierende trinken Alkohol oder Rauchen zur Stressbewältigung. „Studierende, die häufig Sport machen, geben an, weniger gestresst zu sein“, sagt Meyer. Hingegen seien jene, die Alkohol oder Cannabis konsumieren, eher gestresst.

Der Online-Unterricht während der Pandemie hat zu einer besonders starken Belastung geführt. „Corona hat massive gesundheitsrelevante Auswirkungen“, sagt Meyer. Unter anderem der Verlust von sozialen Kontakten habe sie belastet. Für sie war die Situation laut dem Professor besonders herausfordernd, weil viele für ihr Studium in eine andere Stadt ziehen.

So stimmten 71 Prozent der Aussage zu, dass sie wegen der Digitalisierung im Studienalltag weniger Sozialkontakte an der Hochschule haben. Meyer forderte Universitäten auf, zum Beispiel Sportangebote auszubauen. „Es muss jetzt etwas passieren“, mahnt der Professor.

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