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Deutschlands unterschiedliche Signale an Putin

Kristina Dunz

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Wladimir Putin (l.) am Rande des Östlichen Wirtschaftsforums in Wladiwostok. - © ALEXEI NIKOLSKY
Wladimir Putin (l.) am Rande des Östlichen Wirtschaftsforums in Wladiwostok. (© ALEXEI NIKOLSKY)

Erst annektiert Wladimir Putin die ukrainische Halbinsel Krim. Trotz jahrelanger Abstimmungen im Nato-Russland-Rat wirft er der Militärallianz Großmachtstreben vor. Dann stationiert er Atomwaffen in Kaliningrad, die Raketen wären in drei Minuten in Berlin. Schließlich überfällt er die ganze Ukraine.

Wer sich wehrt, nennt er einen Nazi. Geplante Aufrüstung (ohne Atomwaffen) zur derzeit lückenhaften Abschreckung in Europa durch US-Mittelstreckenraketen in Deutschland oder durch die Stationierung einer deutschen Brigade in Litauen bezeichnet er als Eskalation.

Und nun spricht er von einer Kriegsbeteiligung der Nato, wenn deren Mitgliedstaaten Kiew erlauben, gelieferte Waffen gegen Militärstandorte auf russischem Territorium zu richten. Dorthin, von wo Putin Gleitbomben losfliegen lässt, um Baumärkte, Wohnhäuser, Krankenhäuser zu zerstören - also um ukrainische Zivilisten, alte Menschen, Frauen, Kinder zu töten.

Putin unterscheidet nicht zwischen Deutschland und Nato

Bis vor kurzem hat die Ukraine versucht, den brutalen Angriff auf eigenem Territorium abzuwehren. Nun nimmt sie ihr Völkerrecht wahr – und Russland ins Visier. Als angegriffener Staat darf sie auf russisches Gebiet schießen. Nicht auf Zivilisten wie Moskau es seit dem 24. Februar 2022 in der Ukraine tut, sondern auf Militärstandorte.

Allen dürfte inzwischen klar sein, dass auf Putins Annexion der Krim konsequenter hätte reagiert werden müssen. Es ist zu hoffen, dass sich die Nato-Partner nun nicht von ihm drohen lassen, sondern die gelieferten Waffen zu ukrainischen Waffen erklären. So wie sich Putin auch von anderen Staaten beliefern lässt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich dem Entscheidungsprozess entzogen, indem er früh eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern mit einer Reichweite von 500 Kilometern abgelehnt hat. Fein raus sind er und Deutschland trotzdem nicht. Erstens wird die Taurus-Debatte wieder losgehen, wenn die USA und Großbritannien mit der Waffenfreigabe vorangehen. Und zweitens macht Putin ohnehin keinen Unterschied zwischen Deutschland und der Nato.

Stoltenberg ist Aushängeschild im Westen

Die deutsche Sorge vor einer Provokation Putins und seiner Verbündeten passt nun allerdings nicht zur Entscheidung, den scheidenden Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zum neuen Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) zu machen. Der Sozialdemokrat Stoltenberg ist mit seiner Erfahrung nicht nur als langjähriger Frontmann des transatlantischen Militärbündnisses, sondern auch als Politiker und Ministerpräsident Norwegens eine Spitzenkraft. Aber er ist ein Aushängeschild im Westen. Nicht für jene wichtigen Staaten des globalen Südens, die in vielen Fällen Partnerstaaten Russlands sind und die große Mehrheit der Weltbevölkerung ausmachen.

Scholz und der gegenwärtige MSC-Chef Christoph Heusgen haben sich intensiv um diese Länder bemüht. Einen Nato-Generalsekretär zum MSC-Vorsitzenden zu machen, dürfte dort als Signal an die Welt aufgefasst werden, dass Deutschland das Motto von München – „Frieden durch Dialog“ – wie früher im transatlantischen Rahmen und militärisch verstehen möchte. Davon hatte sich die Konferenz eigentlich schon unter ihrem Leiter Wolfgang Ischinger gelöst und unter Heusgen als früherem deutschen Botschafter bei den Vereinten Nationen weiter wegentwickelt. Die einst massiven Proteste von Friedensgruppen blieben zuletzt aus.

Deutschland hat keine mit der MSC vergleichbare international renommierte wie große Konferenz. Ihre Leitung aus deutscher Hand zu geben, ist das eine. Aber wie eine Besetzung das Vertrauen in Deutschland stärken soll, die Vorbehalte in riesigen Ländern wie Brasilien, Indien oder Südafrika und natürlich auch China bestätigt, muss sich erst noch erweisen.

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