Olaf Scholz hat seine Ampelkoalition just am Abend des Wahlsiegs von Donald Trump brechen lassen. Es ist also schwer zu beurteilen, ob er es in stabilen Regierungszeiten ebenso eilig gehabt hätte, dem umstrittenen künftigen US-Präsidenten nahe zu kommen – oder ob das schon dem eigenen Wahlkampf geschuldet ist. Immerhin ist Trump das komplette Gegenteil seines Vorgängers und überzeugten Transatlantikers Joe Biden, den Scholz seinen Freund nennt.
Es ist nötig und gut, wenn der amtierende Kanzler mit dem Mann über Russlands Krieg gegen die Ukraine spricht, von dem ihre Zukunft maßgeblich abhängt: eben mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, die Kiew die meisten Waffen liefern. Sollte Trump bei der Stange bleiben, dürften die Bemühungen von Scholz einen wichtigen Beitrag geleistet haben. Aber zumindest sein Wunsch, noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar zum Antrittsbesuch nach Washington zu reisen, sieht nach dem Versuch aus, mit Außenpolitik Punkte zu machen, wenn es mit der Innenpolitik derzeit schon so schlecht läuft.
Apropos Wahlen: Es ist zu hoffen, dass Scholz sich nicht zu sehr von möglichen „Deals“ mit Trump beeindrucken lässt und dafür ein Auge bei der Einmischung dessen Beraters Elon Musk in den deutschen Wahlkampf zudrückt. Denn immerhin hat der Milliardär gerade über den Kanal seiner etwa 200 Millionen Follower auf X die AfD zur Retterin Deutschlands erklärt. Wohl nicht ausgeschlossen, dass der Tesla-Chef der in Teilen rechtsextremen Partei über seinen in Brandenburg angesiedelten Auto-Standort Spenden zukommen lassen könnte. So wie gerade der britische Rechtsaußen Nigel Farage Musk-Millionen erwartet. Musk kann sich alles kaufen. Auch Einfluss.
Es ist zu befürchten, dass der Preis für das Verhältnis mit den USA unter Trump für Deutschland hoch sein wird. Es kann noch eine Geschäftsbeziehung sein, aber kaum eine Freundschaft.