Nach dem Urteil ist vor dem Prozess: So geht der Fall um die Detmolder Anwältin weiter

Kreis Lippe. Viereinhalb Jahre soll eine Detmolder Anwältin (59) wegen gewerbsmäßiger Untreue und Betrugs ins Gefängnis. Das hat die Große Wirtschaftsstrafkammer vor dem Landgericht Detmold nach einem aufwendigen und langwierigen Verfahren Ende September entschieden. Das Urteil selbst ist noch nicht mal rechtskräftig, da geht es für die Angeklagte erneut vor Gericht. Während der Bundesgerichtshof in Karlsruhe die Entscheidung des Detmolder Gerichtes auf Revision der Angeklagten hin auf Rechtsfehler überprüfen wird, muss die Juristin erneut in Saal 165 Platz nehmen.

Wieder steht ein Nachlass im Fokus, den die auf Betreuungsrecht spezialisierte Anwältin nicht ordentlich abgewickelt haben soll. Damit, so der Vorwurf, habe sie letztendlich die eigene Familie bereichert. Nach Angaben von Landgerichtssprecher Dr. Wolfram Wormuth wirft die Staatsanwaltschaft Detmold der angeklagten Juristin vor, den BMW X1 im Wert von 10.000 Euro aus dem Nachlass eines Verstorbenen einfach an ihre Tochter weitergegeben zu haben.

Angeklagte soll Funktion als Nachlasspflegerin missbraucht haben Das Ganze soll sich im Mai 2021 abgespielt haben. Die angeklagte Anwältin soll demnach als Nachlasspflegerin ihre Funktion missbraucht haben. Deshalb geht es abermals um gewerbsmäßige Untreue. &bdquo;Die Tochter soll das Auto dann etwa ein Jahr gefahren sein und es anschließend gewinnbringend weiterverkauft haben“, sagt Wormuth. Für den BMW erhielt die Tochter laut Anklage etwa 11.500 Euro.

Neu ist der Vorwurf nicht. Oberstaatsanwalt Christopher Imig hatte den Fall noch während der laufenden Hauptverhandlung zur Anklage gebracht, die Kammer wollte ihn aber wegen des eh schon komplexen Programms nicht mehr mit der bestehenden Anklage aus fast 40 Punkten verbinden und mitverhandeln. Deshalb wird es jetzt mindestens einen weiteren Prozess geben.

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Darüber hinaus steht ein weiterer Vorwurf im Raum, der eines der Opfer aus dem gerade abgeschlossenen Mammutverfahren betrifft. Zur Erinnerung: Nach Auffassung des Gerichts hatte die Anwältin eine demente und somit nicht mehr geschäftsfähige Seniorin dahingehend manipuliert, sich als Alleinerbin in ihrem Testament eintragen zu lassen. Nur weil der rechtmäßige Erbe auftauchte, gelang es der Anwältin nicht, den Plan umzusetzen und an das Erbe von rund 750.000 Euro zu kommen. So stellte sich der Sachverhalt nach der Beweisaufnahme für die Kammer dar.

Sparbuch unrechtmäßig einkassiert? Während dieser Tatkomplex also vor dem Landgericht verhandelt wurde, offenbarte sich mittendrin ein weiterer Vorwurf, der von der Anklagebehörde als separate Tat gewertet wird. Nach dem Tod der dementen Seniorin soll die besagte Juristin nämlich ein Sparbuch mit einem Guthaben von mehr als 210.000 Euro auf sich umschreiben lassen haben. Das tat die Sparkasse offenbar nur, weil der Mitarbeiter davon ausging, die Detmolder Anwältin sei rechtmäßig Erbin geworden.

Auch diesen Vorwurf hätte die Staatsanwaltschaft gerne bereits im großen Prozess abgearbeitet. Dem stimmte die im Mittelpunkt des Verfahrens stehende Anwältin selbst aber nicht zu – wie es laut Strafprozessordnung ihr gutes Recht ist. Ist das Hauptverfahren nämlich erst einmal eröffnet, können nicht einfach weitere Vorwürfe dazukommen.

Die Große Wirtschaftsstrafkammer muss daher nun aktuell entscheiden, ob die neue Anklage zum Hauptverfahren eröffnet wird. Sollte dies der Fall sein, erklärt der Landgerichtssprecher, wäre es zumindest realistisch, dass beide Fälle verbunden und gemeinsam verhandelt werden. Rechtsanwältin Christina Peterhanwahr aus Bielefeld, die die im Fokus stehende Anwältin vertritt, wollte sich zu den weiteren Vorwürfen zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern.

Prozess gegen Ehemann steht noch aus Unklar ist auch, wie es mit dem parallel vor dem Amtsgericht angeklagten Ehemann der Detmolderin Anwältin weitergeht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, in zwei Fällen Leistungen von der Pflegekasse bezogen zu haben, die er gar nicht erbracht habe. Es geht um mehrere Tausend Euro. Der Vorwurf bezieht sich auf eine Person, für diese seine noch nicht rechtskräftig verurteilte Ehefrau als gesetzliche Betreuerin zuständig war.

Dieser Nebenschauplatz war zunächst auf Eis gelegt worden, weil die bisher zuständige Richterin das Urteil vor dem Landgericht abwarten wollte. Nun liegt das Verfahren offenbar bei einem anderen Richter auf dem Tisch. Ob der den Prozess für kommendes Frühjahr terminiert oder selbst erst den BGH entscheiden lässt, ist laut Amtsgerichtsdirektor Michael Wölfinger noch völlig offen.

Sicher ist also nur, dass die Detmolder Anwältin Anfang 2026 erneut auf der Anklagebank Platz nehmen muss. Der Prozessauftakt ist für Freitag, 20. Februar, angesetzt. Für das Verfahren sind zwei Fortsetzungstermine geplant. Das erste, noch nicht rechtskräftige Urteil sprach die Kammer nach 29 Prozesstagen.

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