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Merz begeht einen strategischen Fehler

Carsten Heil

Friedrich Merz: Der CDU-Chef hat seine Rechnung ohne die Grünen gemacht. - © Michael Kappeler/dpa
Friedrich Merz: Der CDU-Chef hat seine Rechnung ohne die Grünen gemacht. (© Michael Kappeler/dpa)

Friedrich Merz hat als Möchtegern-Kanzler den ersten schweren strategischen Fehler gemacht. Da kann man sich nur wundern. Merz wusste, dass er die Grünen braucht, um im noch bestehenden Bundestag die Billion-Neuverschuldung durchzusetzen. Oder spekuliert er auf die AfD? Aber statt sie rechtzeitig ins Boot zu bekommen, Angebote zu machen, hat er gemeinsam mit SPD-Boss Lars Klingbeil deren politische Interessen gleich mit geschreddert.

Klimapolitik kommt in den Sondierungen so gut wie gar nicht vor. Stattdessen soll das grüne Heizungsgesetz gebremst werden und die von den Grünen anders gesehene Einwanderungspolitik verschärft werden. Und CSU-Chef Markus Söder ließ in den vergangenen Tagen kaum eine Gelegenheit aus, die Grünen durchzubeleidigen. Aber dem ganzen Schuldenplan – den Merz im Wahlkampf immer abgelehnt hat – sollen die Grünen jetzt fix zustimmen. Warum? Aus staatspolitischer Verantwortung? Warum sollten die Grünen einer Politik den roten Teppich ausrollen, die so gar nicht ihre ist.

Noch ist das Paket von Union und SPD, zu dem sie die Grünen wegen der Zweidrittelmehrheit brauchen, nicht zu Ende verhandelt, eine Zustimmung der Grünen noch möglich. Aber der Preis wird nun höher werden für eine Zustimmung. Die Grünen im Bundestag haben einen ziemlich langen Hebel in der Hand. Und den werden sie nutzen.

Neue Schuldenlast ist eine erschreckende Vorstellung

Und was die alte Opposition (Union) der Ampel immer vorgeworfen hat, macht sie jetzt selbst. Es mag ja richtig sein, endlich in Bundeswehr, Sicherheit und Infrastruktur zu investieren. Und es ist sicher klug, das Geld dafür gleich zu Beginn einer Legislaturperiode aufzutreiben, damit man sich nicht in jedem Jahr wieder neu beharkt. Wie es die Ampel getan hat. Aber die Vorstellung, dass gleich für viele Jahre ein „Sondervermögen“ von fast einer Billion Euro aufgelegt wird, ist doch erschreckend. Das belastet Kinder und Enkel ungemein. Denn das ist nichts anderes als Schulden.

Im Wahlkampf hatte die CDU noch eine Ausgabenprüfung angekündigt. Davon ist bisher nur wenig zu hören. Man könnte schon Kritik daran üben, dass überhaupt der alte Bundestag darüber befindet und nicht schon der neu gewählte. Aber bis zur konstituierenden Sitzung ist eben noch das bestehende Parlament im Amt.

Und wer nicht mal mit den Grünen strategisch geschickt und vernünftig umgeht, will künftig mit Putin und Trump und auf europäischer Bühne verhandeln? Da kommen schwere Zweifel auf an der Qualität der zukünftigen Bundesregierung, noch bevor sie überhaupt angefangen hat.

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