Der KI-Chatbot des US-Konzerns Meta, der seit Kurzem in Diensten wie Instagram, Whatsapp und Facebook verfügbar ist, soll bald verstehen, wie die Europäer ticken. Er soll Dialekte kennenlernen, lokale Eigenarten sowie regionalen Humor und Sarkasmus.
Dafür will ihn der Konzern ab dem 27. Mai mit den öffentlich verfügbaren Daten seiner Nutzerinnen und Nutzer in der EU trainieren. Also etwa mit Beiträgen, Fotos und Kommentaren, die man über die Jahre gepostet hat.
Die Frage ist nur: Will man ausgerechnet Meta dabei helfen, seine Dienste besser und letztendlich erfolgreich zu machen? Die jüngsten Ereignisse geben zumindest Anlass, das mal zu überdenken.
Meta auf Trump-Kurs
Im Januar hatte Firmenchef Mark Zuckerberg eine radikale Kehrtwende in der eigenen Unternehmenspolitik verkündet, wozu auch eine Änderung der Community-Regeln gehörte. Diese erlauben es neuerdings, LGBTQ-Personen auf Instagram und Facebook in den USA als „psychisch krank“ zu diffamieren, aus Messengern verschwanden die Regenbogenfahnen- und andere Pride-Motive. In einem Video erklärte Zuckerberg zudem die Abkehr von professionellen Faktenchecks in den USA und ging auf Konfrontationskurs mit der EU.
In einem Podcast von Joe Rogan schwadronierte Zuckerberg von mehr „maskuliner Energie“, die in Unternehmen notwendig sei. Kurz darauf folgte eine Entlassungswelle im Konzern, die sich offiziell an sogenannte „Low-Performer“ richtete, aber tatsächlich auch viele Menschen in Elternzeit oder mit Krankschreibung betraf. Fast selbstredend wurden auch sämtliche Inklusions- und Diversitätsprogramme des Konzerns eingestellt.
All das geschah in Rekordzeit, kurz nachdem Zuckerberg den neuen US-Präsidenten Donald Trump in seinem Domizil Mar-a-Lago besucht hatte. Kein anderer US-Tech-Konzern ist derart schnell und umfassend vor Trumps „Maga“-Politik eingeknickt wie Zuckerbergs Meta.
Rechtsruck beim KI-Chatbot
Und das betrifft natürlich auch die KI-Pläne des Unternehmens. Die Chatbots, die laut Zuckerbergs bizarrer Vision bald echte Freunde ersetzen können, sollen laut Meta künftig „politisch ausgewogener“ antworten. Sogenannte LLMs würden bei „bei umstrittenen politischen und sozialen Themen eher nach links“ tendieren, meint der Konzern. „Dies ist auf die Art der im Internet verfügbaren Trainingsdaten zurückzuführen.“
Klingt zunächst plausibel, aber man kann es auch anders formulieren: Zuckerberg und sein Unternehmen wollen die eigene Weltanschauung über das kollektive Wissen des Internets stellen, mit denen die KI trainiert wurde – wahrscheinlich, damit es Donald Trump in den Kram passt. Das ist nicht nur falsch und fragwürdig, sondern kann ein LLM auch zu einer gefährlichen Desinformationsschleuder machen.
Jeder muss selbst wissen, ob er den Kulturkampf in den USA mit seinen eigenen Daten unterstützen will. Wem das missfällt, hat jedenfalls ein Machtinstriument: In den Apps von Instagram und Co. finden sich Widerspruchsformulare, die sich mit wenigen Klicks abschicken lassen.