Tausende Menschen haben sich in Berlin zu Protesten gegen die israelische Kriegsführung im Gazastreifen versammelt. Am frühen Nachmittag begann vor dem Roten Rathaus eine Demonstration, die zu einer Kundgebung am Großen Stern im Tiergarten führen soll.
In Sprechchören wurde «Free, free Palestine» und «Hoch die internationale Solidarität» skandiert. Auf Plakaten waren Forderungen wie «Gaza – Stoppt das Massaker», «Nie wieder für alle» und «Freiheit für Palästina» zu sehen.
Breites Bündnis hat aufgerufen
Zu den Protesten aufgerufen hat ein Bündnis von etwa 50 Gruppen, darunter propalästinensische Gruppen, Medico International, Amnesty International und die Partei Die Linke. Gefordert wird unter anderem ein sofortiger Stopp deutscher Waffenexporte an Israel, Zugang für humanitäre Hilfe nach Gaza sowie EU-Sanktionen gegen Israel. Die Polizei hat nach eigenen Angaben im ganzen Stadtgebiet etwa 1.800 Beamte im Einsatz.
Die Veranstalter werfen Israel einen Genozid an den Palästinensern vor, was die israelische Regierung strikt zurückweist. Auslöser des Gazakriegs war der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023.
Deutschland «mitschuldig»?
Den Vorwurf des Völkermords erhebt auch der jüdische Musiker Michael Barenboim, einer der Initiatoren der Demonstration. «'All Eyes on Gaza' hat das Ziel, den Protest gegen den Völkermord in Gaza auf der Straße sichtbar zu machen», sagte Barenboim dem Sender rbb24. «Ich halte das jetzt nicht für eine drastische Beschreibung, denn das ist der Begriff, den fast alle Menschenrechtsorganisationen, fast alle Experten benutzen.»

Es stelle sich auch die Frage, ob Deutschland sich mitschuldig mache, sagte Barenboim, Konzertmeister des von seinem Vater Daniel Barenboim gegründeten West-Eastern-Divan Orchestra.. «Völkermord verhindern und bestrafen, ist die Pflicht von uns allen.»
Protestforscher dabei
Protestforscher Jannis Grimm von der Freien Universität Berlin sagte dem rbb, die Aufrufe zu der Doppelkundgebung sei so offen und breit, «dass sie das Potenzial haben, vielen Leuten ohne große Vorbedingungen einen Ankerpunkt zu bieten». Eine Gruppe von Forschenden werde während der Demos Teilnehmer befragen, um herauszufinden, wer hingehe.

«Das Potenzial, dass diese Demos – anders als die regelmäßigen Palästinaproteste der letzten beiden Jahre – eine breitere Öffentlichkeit erreichen können, ist da», sagte Grimm. «Es gibt schon einen Dreh in der öffentlichen Wahrnehmung, aber bislang schlägt sich das noch nicht im Protest auf der Straße nieder.»
Die Kundgebung am Großen Stern im Tiergarten soll um 17.00 Uhr beginnen und sich bis in den Abend ziehen. Barenboim soll dort auftreten, ebenso wie die Hiphopper K.I.Z. und Pashanim.
Die Veranstalter haben 30.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet, rechnen aber mit noch mehr Menschen. Die bisher größte Gaza-Demonstration in Berlin zählte nach ihren Angaben 50.000 Menschen.