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Trotz tödlicher Angriffe: Gaza-Waffenruhe soll weiter gelten

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In den vergangenen Tagen hat sich gezeigt, wie fragil die Waffenruhe in Gaza ist. (Archivbild) - © Rizek Abdeljawad/XinHua/dpa
In den vergangenen Tagen hat sich gezeigt, wie fragil die Waffenruhe in Gaza ist. (Archivbild) (© Rizek Abdeljawad/XinHua/dpa)

Nach intensiven Luftschlägen auf Ziele im Gazastreifen schweigen dort die Waffen israelischen Angaben zufolge nun wieder. Bei den Bombardements des israelischen Militärs nach einem tödlichen Angriff auf Soldaten im Süden des Gebiets soll es mehr als 100 Opfer gegeben haben. Israels Armee teilte mit, sie halte auf Anweisung der politischen Führung die Waffenruhe seit dem Morgen wieder ein.

Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde meldete 104 Tote und mehr als 200 Verletzte seit Beginn der Angriffe Israels am Dienstag. Darunter seien 46 Minderjährige. Damit waren es die tödlichsten Zwischenfälle seit Beginn der Waffenruhe am 10. Oktober. Die Angaben können allerdings nicht unabhängig verifiziert werden.

Israels Armee: Dutzende Ziele in Gaza angegriffen

Israels Armee will die Waffenruhe nach heftigen Angriffen auf Ziele in Gaza nun wieder einhalten. - © Ohad Zwigenberg/AP/dpa
Israels Armee will die Waffenruhe nach heftigen Angriffen auf Ziele in Gaza nun wieder einhalten. (© Ohad Zwigenberg/AP/dpa)

Israels Armee teilte mit, sie habe nach Verstößen gegen die Waffenruhe-Vereinbarung Dutzende Ziele und Mitglieder terroristischer Organisationen angegriffen. Ziel seien dabei «mehr als 30 Terroristen» in Führungspositionen gewesen. Auch diese Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums betonte, die Armee nehme nur Mitglieder von Terrororganisationen ins Visier. Diese missbrauchten jedoch Zivilisten als menschliche Schutzschilde.

Laut dem Sprecher hatte Israel die USA über die jüngsten Angriffe vorab informiert. Die US-Regierung treibt derzeit den Plan zur Beendigung des Gaza-Kriegs voran, in dessen Rahmen auch die aktuelle Waffenruhe vereinbart wurde. Die israelische Armee kündigte an, weiterhin auf jeden Verstoß gegen das Abkommen «entschieden reagieren» zu wollen.

Seit Beginn der Waffenruhe sollen nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde insgesamt 211 Palästinenser ums Leben gekommen sein.

Israelischer Soldat zuvor bei Angriff im Gazastreifen getötet

Wie fragil die Waffenruhe ist, die nach zwei Jahren Krieg Hoffnung auf eine Stabilisierung des Konflikts geschürt hatte, wurde in den vergangenen Tagen mehrfach deutlich. Die Hamas händigte etwa am Montagabend anstelle der Leiche einer noch vermissten Geisel sterbliche Überreste eines bereits beigesetzten, vor zwei Jahren entführten Israelis aus. Am Dienstag kam bei einem Angriff ein israelischer Soldat ums Leben. Israel beschuldigte die Terrororganisation Hamas. Die Islamisten wiesen eine Verantwortung für den Angriff zurück.

US-Präsident Donald Trump betonte trotz der neuen Angriffe den Bestand der Waffenruhe-Vereinbarung. Nichts werde die Waffenruhe gefährden. Die Hamas habe zugesagt, dass sie sich «benehmen» werde.

Die israelische Zeitung «Maariv» berichtete unter Berufung auf israelische Beamte, Israel beabsichtige derzeit nicht, die Verhandlungen über den Friedensplan abzubrechen. Washington fordere, dem Abkommen eine echte Chance zu geben und es nicht vorschnell zu torpedieren. Israels Führung akzeptierte dies.

Umsetzung der zweiten Phase des Gaza-Deals ungewiss

Derzeit wird die erste Phase des US-Plans umgesetzt, die neben der Waffenruhe auch die Freilassung aller Geiseln vorsah. Ob der Übergang zur zweiten Phase gelingt, ist ungewiss. Die Verhandlungen darüber dürften wegen starker Differenzen zwischen den Kriegsparteien viel schwieriger werden. Der 20-Punkte-Friedensplan sieht vor, dass eine Technokraten-Regierung gebildet wird, die ohne Beteiligung der Hamas für den Wiederaufbau des Gazastreifens sorgen soll. Eine internationale Friedenstruppe (ISF) soll den Gazastreifen stabilisieren, und die Hamas soll entwaffnet werden.

Falsche Leiche übergeben - Prien: Unfassbare Respektlosigkeit

Bundesfamilienministerin Karin Prien, die gerade in Israel ist, kritisierte scharf, dass die Hamas jüngst anstelle der Leiche einer noch vermissten Geisel sterbliche Überreste einer bereits beigesetzten Geisel ausgehändigt hat. «Das ist eine unfassbare Respektlosigkeit gegenüber den Familien der Geiseln», sagte die CDU-Politikerin in Tel Aviv. «Und ich glaube, das muss man auch verstehen, dass die Israelis das so nicht hinnehmen können.» Sie hoffe, dass es gelinge, den Weg in Richtung Frieden weiterzugehen.

«Die Familien durchleben einen Alptraum», sagte auch der Vater eines toten Soldaten, der auch die deutsche Staatsbürgerschaft hat und noch im Gazastreifen festgehalten wird, der israelischen Zeitung «Jedioth Achronot».

Rotes Kreuz verurteilt gestellte Leichen-Bergung in Gaza

Kritik am Umgang der Hamas mit den sterblichen Überresten der Geiseln übt auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Es sei inakzeptabel, dass die Bergung einer Leiche inszeniert wurde, hieß es in einer Mitteilung. Israels Armee hatte zuvor ein Video veröffentlicht, das zeigen soll, wie Mitglieder der Terrororganisation in ein Tuch gewickelte Leichenteile aus einem Gebäude werfen und vergraben, um dies dann später im Beisein des IKRK als vermeintlichen Fund der Leiche einer Geisel zu deklarieren.

«Das IKRK-Team an diesem Ort wusste nicht, dass dort vor ihrer Ankunft eine verstorbene Person vergraben worden war, wie in den Aufnahmen zu sehen ist», teilte das IKRK in Genf mit. Das Team sei erst bei der Bergung von Überresten dabei gewesen, «ohne vorherige Kenntnis der Umstände, die dazu geführt haben».

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums sagte, das Video beweise, dass die Hamas permanent lüge - auch wenn sie sage, sie wisse nicht, wo sich alle Geisel-Leichen befänden.

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