Prozess gegen «falsche Polizisten»: Mehrjährige Haft droht

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Eine Figur der blinden Justitia. - © Sonja Wurtscheid/dpa/Symbolbild
Eine Figur der blinden Justitia. (© Sonja Wurtscheid/dpa/Symbolbild)

Beim Landgericht Kleve hat am Mittwoch ein Betrugsprozess gegen fünf «falsche Polizisten» begonnen, die vor allem alte Menschen mit dreisten Lügengeschichten um sechsstellige Beträge gebracht haben sollen. Es gehe um 14 Taten mit wechselnder Beteiligung von September bis November 2018 unter anderem am Niederrhein und im Ruhrgebiet, hieß es am Mittwoch bei der Verlesung der Anklage. Allein in einem Fall sei eine heute 74-Jährige um 120.000 Euro geprellt worden, sagte ein Sprecher des Landgerichts.

Die Masche der «falschen Polizisten» war laut Anklage vergleichsweise simpel: Deutsch sprechende Anrufer aus einem Call-Center in der Türkei sollen gezielt Menschen mit traditionell klingenden deutschen Namen angerufen haben. Den oft älteren Menschen stellten die Anrufer sich als Polizisten aus der Stadt des Angerufenen vor oder behaupteten, sie kämen vom Landeskriminalamt.

Dann folgte laut Anklage die Lügengeschichte: In der Nachbarschaft sei eingebrochen worden und man habe bei einem Festgenommenen einen Zettel mit Namen und Adresse des Angerufenen gefunden. Deswegen solle derjenige jetzt sein Geld in Sicherheit bringen. Die Polizei könne das Geld oder andere Wertsachen in Verwahrung nehmen, ein Beamter werde es abholen, oder die Betroffenen sollten es in einer Tasche von außen an ihre Tür hängen. Unter dem Druck der oft stundenlang wiederholten Anrufe seien viele Betrogene diesen Anweisungen tatsächlich gefolgt.

Die Angeklagten seien dabei eher «kleine Fische», die als «Läufer» das Geld bei den betrogenen Senioren abgeholt und an «Logistiker» übergeben haben sollen, sagte der Gerichtssprecher. Diese hätten es entweder persönlich oder über andere an die Zentrale des gewerbsmäßigen Betrugssystem überbracht. Aber auch für die «Läufer» drohen mehrjährige Strafen: Für gemeinschaftlichen Betrug als Bande liege die Strafe bei einem bis zu zehn Jahren Haft pro Fall.

Als Haupttäter gilt laut Anklage ein Mann, der die Arbeit des aus der Türkei heraus agierenden Call-Centers und das Einsammeln der Gelder koordiniert haben soll. Er wird in einem gesonderten Verfahren verfolgt.

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