Grober Behandlungsfehler: Patientin aus Bielefeld stirbt nach Operation

Bielefeld/Herford. Eine 58-jährige Frau aus Bielefeld hatte sich 2014 mehrfach in stationärer Behandlung im Evangelischen Krankenhaus befunden. Dreimal wurde die an Osteoporose leidende Frau aufgrund von Wirbelkörperfrakturen operiert. Nach dem dritten Eingriff erlitt sie eine Sepsis und starb wenige Monate später. Diese Operation, so ein Gutachter, hätte aufgrund der schlechten Gerinnungswerte der Frau auf gar keinen Fall durchgeführt werden dürfen.

Der Ehemann der Patientin verklagte die Klinik. Vor dem Landgericht einigte er sich als Erbe der Gestorbenen mit dem evangelischen Krankenhaus nun auf eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 18.000 Euro.

Vor der Operation, die am 11. September 2014 erfolgte, wies das Blutbild der Patientin eine Thrombozytenzahl von 60.000 pro Mikroliter Blut aus. Bereits bei einer Zahl von unter 100.000, so der als Sachverständiger geladene Neurochirurg Michael Stoffel aus Krefeld vor Gericht, läge ein erhöhtes Infektionsrisiko vor. Thrombozyten sind zwei bis vier Mikrometer große Zellkörper, denen eine wichtige Rolle beim Prozess der Blutstillung zukommt. Ist die Thrombozytenzahl - die bei einem erwachsenen Menschen nicht unter 150.000 pro Mikroliter Blut liegen sollte - erniedrigt, so steigt das Risiko von Komplikationen nach Blutungen.

Die Klinik hätte auf keinen Fall operieren dürfen Dann, so Michael Stoffel, erhöhe sich bei Operationen das Sterberisiko des Patienten unter anderem durch die Gefahr von Infektionen mit anschließender Sepsis. "Es ist ein riesiger Unterschied, ob es sich dann bei einer Operation um einen kleinen Eingriff handelt oder aber - wie im vorliegenden Fall - um einen langen Eingriff mit viel geschädigtem Gewebe", führte der 51-jährige Mediziner aus. Aufgrund des vorliegenden Thrombozytenwerts hätte die Klinik unter gar keinen Umständen operieren dürfen - zumal keine Notfallsituation vorlag. "Das war ein grober Behandlungsfehler", resümierte der Gutachter.

Darüber hinaus habe die Klinik aus gutachterlicher Sicht noch einen weiteren Fehler begangen: Aus nicht nachvollziehbarer Sicht war das Antibiotikum, mit der die Frau aufgrund einer Infektion nach der Operation zunächst behandelt worden war, gegen ein anderes Präparat ausgetauscht worden. "Das Kontrollieren des Infekts im Körper hat in den Tagen vor der Entlassung aus der Klinik nicht derart sorgfältig stattgefunden, dass das Antibiotikum einfach hätte ausgetauscht werden können", sagte Stoffel.

Im Klinikum Herford starb die Frau an den Folgen einer Sepsis Nach der im November 2014 erfolgten Entlassung aus dem Evangelischen Krankenhaus verschlechterte sich der Zustand der Patientin zusehends. Im Januar 2015 wurde sie ins Klinikum Herford eingeliefert, wo sie an den Folgen einer Sepsis starb. "Es ist eine naheliegende Wahrscheinlichkeit, dass das Wiederaufflammen des Infekts durch die Umstellung beziehungsweise Absetzung der Antibiotikatherapie verursacht wurde", sagte Stoffel vor Gericht.

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