Weniger Schweine, sinkender Konsum: Schlachthöfe in Not

In deutschen Schlachthöfen werden immer weniger Schweine geschlachtet - und das hat Folgen für die Betriebe. Während einige ihre Produktion herunterfahren und Schichten reduzieren, ist anderswo Schluss: Der Münchner Schlachthof stellt diesen Sommer seine Schweineschlachtung ein. Und auf die Branche warten keine leichten Zeiten, warnen Experten.

&bdquo;Auf dem Schlachtmarkt für Schweine gibt es massive Überkapazitäten“, sagt Klaus Martin Fischer von der Managementberatung Ebner Stolz. Die Betriebe sind bei Weitem nicht ausgelastet. Wurden früher mehr als 1,1 Millionen Schweine pro Woche geschlachtet, waren es 2022 nur noch 900.000 Tiere.

Aufs Jahr gerechnet sind das 47,1 Millionen Schweine - knapp 9 Prozent weniger als im Vorjahr. &bdquo;Tendenz weiter fallend“, sagt der Branchenexperte dieser Redaktion. &bdquo;Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es zu weiteren Schließungen kommt und damit Kapazität aus dem Markt genommen wird.“

Besonders Großbetriebe betroffen Ein anderer Weg ist, die Produktion umzustellen. Unternehmen wie Danish Crown hätten bereits ihre Kapazitäten angepasst, sagt Fischer. &bdquo;Geht man davon aus, dass mittelfristig vielleicht noch 650.000 Schweine pro Tag geschlachtet werden, steht fast die Hälfte der gesamten Schlachthof-Kapazität in Deutschland leer.“

Insbesondere die Großbetriebe würden ihre Kapazitäten weiter verringern müssen, prognostiziert er. Auch bei dem einen oder anderen Mittelständler knirsche es. &bdquo;Die nächsten zwei Jahre werden spannend“, so Fischer.

Ein Grund für diese Entwicklung ist der abnehmende Konsum. &bdquo;Schweinefleisch hat ein Image- und deswegen ein Konsumproblem“, sagt Fischer. Und das wird seit einigen Jahren immer sichtbarer: Der Pro-Kopf-Verzehr geht zurück. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland durchschnittlich 52 Kilogramm Fleisch pro Kopf gegessen. Anfang der Neunzigerjahre waren es noch zehn Kilo mehr.

Rügenwalder Mühle verkauft mehr Ersatzprodukte Dahinter steht einerseits der allgemeine Trend zu einer vegetarischen oder zumindest flexitarischen Lebensweise. Viele essen zwar weiterhin Fleisch, aber eben weniger. Die Rügenwalder Mühle hat bereits reagiert und verkauft mittlerweile mehr Ersatzprodukte als Fleisch und Wurst. Im vergangenen Jahr kam durch die gestiegenen Lebensmittelpreise aber noch hinzu, dass gerade Fleisch sich stark verteuerte, was zu Kaufzurückhaltung führte.

&bdquo;Der Konsum geht zurück, hauptsächlich bei Schweinefleisch“, sagt auch Mechthild Cloppenburg von der Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft (AMI). Außerdem gebe es weniger Tiere auf dem Markt. Die Zahl der Schweinehalter sinkt seit Jahren, nach Angaben des Bundesagrarministeriums hat sich die Zahl der Betriebe zwischen 2010 und 2020 fast halbiert. Und das spüren auch die Schlachthöfe.

Zudem wird weniger exportiert: Laut AMI-Daten sind die Ausfuhren von deutschem Schweinefleisch im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2021 um 11,3 Prozent eingebrochen. Wegen des Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest fiel insbesondere der asiatische Markt weg. Der sei aber nun nicht mehr so interessant, weil er eine eigene Erzeugung aufgebaut habe, sagt Cloppenburg. Auch in den ersten Monaten des Jahres 2023 sei weniger exportiert worden.

Trendwende nicht abzusehen Gleichzeitig machen auch die gestiegenen Kosten der Branche zu schaffen - beispielsweise für Energie. Laut dem halbjährlich veröffentlichten Branchenecho der Fleisch- und Wurstindustrie gehen deshalb auch die Margen zurück. Für das Branchenecho werden halbjährlich die 100 umsatzstärksten Unternehmen der Fleisch- und Wurstindustrie befragt. Ein Großteil der Unternehmen gab demnach an, auf den gestiegenen Kosten vollständig oder zum Teil sitzen zu bleiben.

Zwei Drittel sind mit der Auslastung ihrer Werke nicht zufrieden, 10 Prozent können sich sogar Werkschließungen vorstellen. Ein unverhoffter Nebeneffekt dabei allerdings: Der Personalmangel schwindet. Wegen der geringen Auslastung geben weniger Betriebe an, dass ihnen Mitarbeiter fehlen.

Eine Trendwende ist nicht abzusehen. Der Abbau der Schweinebestände und die Betriebsaufgaben bei Schweinehaltern setze sich aktuell weiter fort, sagt Albert Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Das habe eine bundesweite Viehzählung im Mai 2023 gezeigt. &bdquo;Augenblicklich liegen die Schweineschlachtzahlen nochmals deutlich unter dem Vorjahr.“ Im laufenden Jahr stünden voraussichtlich nur noch zwischen 43 und 44 Millionen Tiere zur Verfügung. Die Schlachtunternehmen, so Holtmann-Scholten, müssten sich den Marktgegebenheiten anpassen.

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