Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Rahmenbruch bei Babboe-Lastenrädern möglich: Erste Rückrufaktion gestartet

Pauline Maus, Wiebke Wellnitz und Anke Groenewold

  • 0
Babboe ist nach eigenen Angaben weltweiter Marktführer bei Lastenfahrrädern. - © dpa
Babboe ist nach eigenen Angaben weltweiter Marktführer bei Lastenfahrrädern. (© dpa)

Die Rahmen von Babboe-Lastenfahrrädern können brechen. Deshalb darf der niederländische Hersteller vorerst keine Lastenräder mehr verkaufen. Das teilt die niederländische Behörde für Lebensmittel- und Verbraucherproduktsicherheit (NVWA) mit. Der Verkauf darf erst fortgesetzt werden, wenn die Sicherheit nachgewiesen werde. Für vier Modelle ist das nach Unternehmensangaben nicht möglich - die Lastenräder werden in Deutschland nun zurückgerufen.

Die Handlungsempfehlungen und Informationen zum Verkaufsstopp im Überblick:

Wie sollte ich als Besitzer eines Babboe-Lastenrads reagieren?

Zunächst sollte überprüft werden, ob das vorhandene Lastenrad wirklich von Babboe und aus einer der vom Verkaufsstopp betroffenen Baureihen ist. Sollte das eigene Rad gelistet sein, rät die NVWA und die Verbraucherzentrale NRW das Verkehrsmittel vorerst stehenzulassen und die Klärung bzw. den Rückruf abzuwarten.

Denn: Wie der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) mitteilt, könnte das Lastenrad zwar auf eigene Gefahr genutzt werden. Breche jedoch dann der Rahmen, könne der Anspruch auf Schadensersatz verloren gehen.

Welche Modelle von Babboe sind betroffen?

Die Behörde hat eine Risikobewertung der verschiedenen Lastenfahrradtypen von Babboe vorgenommen und kommt zu diesem Fazit: „Bei mehreren Typen von Lastenrädern kann der Rahmen brechen“, heißt es in der Mitteilung. Das könne zu schweren Verletzungen führen. Neben dem sofortigen Verkaufsstopp hat die Behörde den Hersteller verpflichtet, einen Rückruf für die folgenden Typen zu starten, bei denen ein ernsthaftes Risiko besteht:

  • Babboe City/City-E/City Mountain
  • Babboe Curve/Curve-E/Curve Mountain
  • Babboe Big/Big-E
  • Babboe Dog/Dog-E
  • Babboe Max-E
  • Babboe Mini-E/Mini Mountain
  • Babboe Pro Trike/Trike-E/Trike XL
  • Babboe Carve-E/Carve Mountain

Die Behörde rät Verbrauchern, diese Lastenfahrräder nicht mehr zu verwenden. Sie hat angekündigt, Aufsichtsbehörden in anderen EU-Mitgliedstaaten informieren zu wollen. Mit der Staatsanwaltschaft werde geprüft, ob es Gründe für eine strafrechtliche Untersuchung gibt.

Nach Abgaben von Babboe werden auch die folgenden Modelle überprüft:

  • Babboe Slim Mountain
  • Babboe Go-E, Go Mountain
  • Babboe Flow-E, Flow Mountain

Das Unternehmen rät Betroffenen derzeit davon ab, die Lastenräder derzeit zu nutzen.

Bereits im Jahr 2019 musste Babboe ein Austauschprogramm wegen fehlerhafter Rahmenteile beim Lastenrad-Modell City starten, heißt es auf der Website produktwarnung.eu.

Welche Modelle werden in Deutschland nun zurückgerufen?

Das Unternehmen startet die erste Rückrufaktion in Deutschland. Sie trifft die folgenden Modelle:

  • Babboe City
  • Babboe City-E
  • Babboe Mini
  • Babboe Mini-E

Behördliche Prüfungen hätten für diese Modelle ergeben, dass die Sicherheit dieser Modelle nicht gewährleistet werden könne, heißt es in einer Mitteilung. Betroffene sollen ein Ersatzlastenrad oder eine andere geeignete Alternative sowie eine Entschädigung erhalten.

Damit Betroffene sichergehen können, ob ihr Fahrrad zurückgerufen wird, gibt es eine Onlineplattform. Dort kann die eigene Rahmennummer angegeben und überprüft werden. Weitere Details zum genauen Vorgehen werden nach Unternehmensangaben derzeit noch ausgearbeitet.

Babboe kündigt an, auch für die noch ausstehenden Modelle Klarheit schaffen zu wollen. Das Unternehmen berate derzeit mit Behörden über mögliche Maßnahmen.

Welche Rechte habe ich, wenn es zu einem Rückruf kommt?

Bisher wurden nur in den Niederlanden betroffene Babboe-Räder zurückgerufen. In Deutschland beginnt aktuell die erste Rückrufaktion. Das Unternehmen schreibt betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher an.

Da der Verbraucherzentrale NRW bisher noch keine Rückrufschreiben vorliegen, könne zu den genauen Bedingungen noch nichts gesagt werden. Diese werden im Einzelfall festgelegt.

Was bedeutet der Verkaufsstopp von Babboe-Rädern in Deutschland?

Für Besitzer eines betroffenen Lastenrads bedeutet der Verkaufsstopp erst einmal nichts. Das Rad ist nämlich bereits ausgeliefert. Für Kunden, die allerdings aktuell ein Rad in Bestellung gegeben haben, bedeutet der Verkaufsstopp, dass das Rad nicht ausgeliefert werden darf. Fahrradhändler in Deutschland dürfen die vom Verkaufsstopp betroffenen Räder nicht weiterverkaufen beziehungsweise an Kunden abgeben.

Ein Verkaufsstopp ist jedoch noch kein Rückruf. Grundsätzlich können Verbraucher aber im Rahmen der Gewährleistung innerhalb der ersten zwei Jahre ab Kauf eine Ersatzlieferung oder eine Reparatur verlangen. Ist das Fahrrad schon älter, kann man nicht einfach so das Fahrrad zurückgeben. Dann kommt es auf den Rückruf und die jeweiligen Bedingungen an.

Seit wann ist das Problem bekannt?

Die NVWA leitete nach eigenen Angaben Ende 2023 eine Untersuchung ein, nachdem sie Hinweise auf mehrere Rahmenbrüche erhalten hatte. Diese hat ergeben, dass Babboe in den letzten Jahren zahlreiche Meldungen über Rahmenbrüche erhalten hat. Die Behörde wirft dem Unternehmen vor, diesen Meldungen nicht nachgegangen zu sein, wie es das Gesetz vorschreibe. So seien beispielsweise die Ursachen nicht untersucht und der Behörde gemeldet worden.

Recherchen des Nachrichtenportals „RTL Nieuws“ zeichnen ein dramatisches Bild. Demnach bestätigten Mitarbeiter des Herstellers, dass sehr häufig Kundenbeschwerden wegen gebrochener Rahmen eingegangen seien. Auch erklärten sie, dass das Lastenradunternehmen aus ihrer persönlichen Sicht nicht genug tue, um das Problem zu lösen. „Dass es noch keine Toten gab, erstaunt mich“, wird einer der Informanten zitiert.

Nach einem Aufruf von „RTL Nieuws“ gingen wohl etliche Berichte von Problemen mit Lastenrädern von Babboe ein. Dabei ging es nicht nur um gebrochene Rahmen, sondern auch Lenker und Sättel. Zitiert wird unter anderem Marieke Meijs aus Utrecht. Die Mutter sei auf ihrem Lastenrad unterwegs gewesen, als der Rahmen plötzlich brach. Ein Kind sei kopfüber aus der Ladebox geflogen, das andere habe sich eine tiefe Wunde am Knie zugezogen. Sie selbst verletzte sich am Ellenbogen und den Rippen.

Wie reagieren Betroffene in OWL?

„Wir haben die Lastenräder des Herstellers Babboe sofort von der Verkaufsfläche genommen“, sagt Benjamin Köhler, Mitarbeiter bei der „Bike und Outdoor“-Company in Bielefeld. Das Fahrradgeschäft im Stadtteil Sieker sei per Rundschreiben vom Lieferanten informiert worden. Wie und wann es weitergehe, sei derzeit ungewiss.

Im Ungewissen muss auch Klaus Diekmann seine Kunden vorerst lassen, die bereits mit vielen Fragen im Laden anrufen. „Ich habe selbst Fragen und diese an den Hersteller gesendet. Ich hoffe auf schnelle Antwort“, sagt der Fahrradhändler aus Paderborn.

Ein bestelltes Rad im Wert von 5.000 Euro kann Diekmann aufgrund des Verkaufsstopps jetzt nicht ausliefern. „Ich bleibe erst mal auf den Kosten sitzen“, sagt der Inhaber vom Diermann-Bergsieger Fahrradhandel. Sechs weitere Lastenräder stehen jetzt im Lager.

Seinen Kunden könne Diekmann derzeit nur raten, betroffene Modelle vorsichtshalber stehenzulassen – die Sicherheit gehe vor. Er sagt aber auch: „Ich habe noch nie von einem Rahmenbruch bei einem Babboe-Lastenrad gehört.“

Das Babboe-Rad von Silke Boin aus Bielefeld bleibt seit Freitagmorgen auf unbestimmte Zeit stehen. „Das ist für mich ein echtes Problem“, sagt die dreifache Mutter, die so gut wie alle Wege und Besorgungen in der Stadt mit dem für sie praktischen Lastenrad erledigt. Nun musste sie sich das Auto ihrer Mutter leihen.

Mit einem Verkaufsverbot oder gar Sicherheitsmängeln und einem Rückruf habe sie vor eineinhalb Jahren, als sie sich das Fahrrad zulegte, natürlich nicht gerechnet. Dann wurde sie sogar gewarnt: Im Sommer habe sie ein Vater am Fußballplatz auf ihr Lastenrad angesprochen und erzählt, dass am gleichen Rad des Nachbarn der Rahmen gebrochen sei. „Damals habe ich den Herrn nicht ganz ernst genommen“, sagt die Mutter heute eher nachdenklich. Sie sei froh, dass ihr noch nichts passiert sei. Jetzt heißt es auch für sie abwarten, wie es weitergeht.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.