Junger Bauer baut Haselnüsse in OWL an: Gewagter Schritt oder lukrative Nische?

Bad Lippspringe. Ist Markus Tegethoff ein mutiger Mensch? Wer ihn genauer kennt, wird das beantworten können. Wer sieht, was der 26-Jährige anbaut und mit ihm darüber spricht, bekommt zumindest eine Ahnung. Denn dann ist von &bdquo;Nische“ die Rede, von etwas &bdquo;sehr Untypischem“ in unserer Region. Auch davon, dass man sich das &bdquo;nirgendwo abgucken könne“.

Tegethoff, dunkle Haare, stechender Blick, steht zwischen langen Baumreihen. Wer ihn hier in der Nähe von Bad Lippspringe durch die grünen Alleen begleitet, ermahnt sich bei jedem Schritt. Denn auch wenn die Ernte fast durch ist, liegen sie doch noch hier und dort: Haselnüsse. Seit 2020 baut sie Tegethoff an und bewegt sich damit in einem Spannungsfeld.

Denn mit den Haselnüssen ist das so eine Sache. Man könnte sagen: Sie sind in Deutschland fast allgegenwärtig und gleichzeitig selten. Auf der einen Seite nämlich gehört Deutschland weltweit zu den größten Konsumländern. So finden sich Haselnüsse in Backwaren, Brotaufstrichen, in Eis und Schokolade.

Landwirt setzt nicht alles auf eine Karte Auf der anderen Seite werden die Nüsse hierzulande kaum produziert. Importe sind nötig, und zwar im großen Stil. Zwei Drittel davon stammen laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft aus der Türkei. Bis sie in deutschen Mündern landen, sind die meisten Haselnüsse also weit gereist. Gleichzeitig nimmt die heimische Anbaufläche laut Informationszentrum zu. Und Tegethoff ist Teil der Entwicklung. Doch was treibt ihn an?

Während es unter den Füßen knistert und hoffentlich nicht knackt, spricht der ausgebildete Landwirt Tegethoff, der in Göttingen Agrarwissenschaft studiert hat, vom &bdquo;Spaß daran, neue Dinge auszuprobieren“. Doch den Spaß muss sich ein Betrieb auch leisten können. Das kann also nicht alles sein.

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Ist es auch nicht. Denn wissen muss man, dass sich sein Geschäft nicht auf den Anbau von Haselnüssen beschränkt. Der Gesamtbetrieb hat mehrere Geschäftszweige, die Tegethoff nicht alle alleine verantwortet. So gehören zum Unternehmen insgesamt 5.000 Obstbäume und Ackerbau. Auch deswegen hat sich der Junglandwirt in eine Nische vorwagen können: Im Betrieb wird nicht alles auf eine Karte gesetzt. Das Risiko wird gestreut. Wenn eine Kultur wetterbedingt schwächelt, haben andere Betriebszweige ein gutes Jahr. So die Überlegung.

Haselnuss-Anbau schreckt viele Bauern ab Ist Tegethoff also ein mutiger Mensch? Durchdacht und strategisch, das kann man auf jeden Fall sagen. Und geduldig ist er wohl auch. Es hat einen Grund, warum in Deutschland nur wenige Bauern Lust auf Nuss haben. Es liegt an ihr selbst. Denn die Haselnuss lässt sich Zeit.

Etwa fünf Jahre dauert es bis zur ersten richtigen Ernte. Und nach zehn Jahren ist erst das volle Potenzial erreicht. Historisch hatten viele Bauern zudem Probleme bei der Auswahl von Sorten und Standorten. Es fehlte an Anbauerfahrung und es gab Infektionskrankheiten. Ein kurzzeitiger Aufschwung Ende des 20. Jahrhunderts, heißt es vom landwirtschaftlichen Informationszentrum, ebbte schnell wieder ab. Die Haselnuss – sie hat etwas Abschreckendes.

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Für Tegethoff nicht. Ganz im Gegenteil. &bdquo;Wir haben uns gefragt: Was ist eine Kultur der Zukunft?“ Gelandet ist man bei der Haselnuss. Denn die hat auch viel Positives auf ihrer Seite. Da ist die steigende Nachfrage: Immer mehr Menschen wollen sich fleischlos ernähren und brauchen alternative Eiweißquellen – wie eben die Haselnuss. Außerdem gibt es auf der Produzentenseite wenig Konkurrenz.

Ein weiterer Pluspunkt: Die Ernte lässt sich maschinell erledigen. &bdquo;Arbeitskräfte werden ja immer teurer“, sagt Tegethoff. Wenn die Nüsse reif sind, fallen sie auf den Boden und werden dort mit einem Gerät aufgesaugt, dann getrocknet, gereinigt, geknackt und abgepackt. Handarbeit gehört dazu, viel erledigen aber auch Maschinen.

Lukrative Nische während des Klimawandels Eher positiv wirkt sich zudem die Klimaveränderung aus. &bdquo;Sowohl Hasel- als auch Walnuss mögen es grundsätzlich gerne warm“, heißt es vom Bundesinformationszentrum Landwirtschaft. &bdquo;Für Erzeugerinnen und Erzeuger kann der Nussanbau daher durchaus eine lukrative Nische sein.“

Auf das Thema angesprochen, findet Antonius Tillmann ähnliche Worte. Der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Bezirksverbandes OWL spricht von einer &bdquo;Nische für einzelne Betriebe“. Doch ob der Anbau von Haselnüssen wirtschaftlich sei? Das müsse sich erst einmal zeigen, sagt Tillmann. &bdquo;Aber den Mutigen gehört die Zukunft.“

Und auf die, samt Klimawandel und Trockenheit, hat sich Tegethoff vorbereitet. &bdquo;Der Boden hier hält das Wasser nicht so lange“, sagt er. Deswegen sind seine Nussbäume – er baut auch Walnüsse an – mit einem Bewässerungssystem verbunden. So gedeihen die Halleschen Riesen und die Lange Zellernuss auch, wenn es länger nicht geregnet hat.

Bauer bietet Haselnüsse aus OWL auch online an Und die Kunden? &bdquo;Die sind überrascht“, sagt Tegethoff. Sie seien überrascht, wie frisch die Haselnüsse schmecken – vor allem im Vergleich zu denen aus dem Laden, die nicht heimisch produziert worden sind.

Zu kaufen sind die Haselnüsse direkt im Hofladen auf dem Gut Kleehof in Bad Lippspringe oder auch online im Hofshop . Hier wie dort werden sie geknackt oder in der Schale angeboten. 100 Gramm geknackte Haselnüsse zum Beispiel kosten 3,50 Euro. Zur Winterzeit bietet Tegethoff auch gebrannte Haselnüsse an.

Apropos Winter: Markus Tegethoff beschäftigen die Haselnüsse auch dann. Ist die Ernte durch und das Laub gefallen, werden die Bäume geschnitten. So hält man sie jung, sagt Tegethoff und erwartet die nächsten Nüsse aus der Nische.

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